Pragmatische Lösung zum Umgang mit Cannabis
26.09.2014
Die Frankfurter Gesundheitsdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) sucht nach einer pragmatischen Lösung für den rechtlichen Umgang mit Cannabis. In einem stadtweiten Diskurs möchte Heilig neue Lösungsansätze erarbeiten. Die Dezernentin appellierte „an alle Akteure in der Stadt, das Thema Cannabis so anzugehen, wie es für die Frankfurter Drogenpolitik, den so genannten Frankfurter Weg, seit Jahrzehnten charakteristisch und überaus erfolgreich sei“, so die Mitteilung der Stadt Frankfurt. Nämlich „pragmatisch und problemorientiert, parteiübergreifend und interdisziplinär, gemeinsam und offen.“
Seit Jahren läuft die Diskussion über die rechtliche Bewertung von Cannabis, wobei die Position der rigorosen Strafverfolgung und der vollständigen Entkriminalisierung sich scheinbar unversöhnlich gegenüberstehen. „Statt festgefahrener Grundsatzdebatten brauchen wir endlich pragmatische Lösungen, die auf die spezifische Situation in den Ländern und Städten reagieren“, betonte nun die Frankfurter Gesundheitsdezernentin. Zur Versachlichung der Debatte soll hier die erste Frankfurter Fachtagung Cannabis beitragen. Am 17. November hat die Gesundheitsdezernentin gemeinsam mit dem Drogenreferat der Stadt sowie einem Beirat aus Polizei, Wissenschaft, Medizin und Drogenhilfe zur der Fachtagung in die Frankfurter University of Applied Sciences eingeladen.
Unbefriedigende Rechtssituation in Deutschland
Die bisherige Rechtssituation ist sowohl für die zahlreichen Cannabis-Konsumenten deutschlandweit, als auch für die Strafverfolgungsbehörden äußerst unbefriedigend. Seit Jahrzehnten wird über das Pro und Contra einer Legalisierung diskutiert, doch lediglich bei der medizinischen Anwendung von Cannabis konnten Fortschritte erzielt werden. Angesichts der eindeutigen Vorteile, die die Wirkstoffe des Cannabis bei bestimmten Erkrankungen mit sich bringen, ist der Einsatz zu medizinischen Zwecken kaum noch umstritten. Hiervon profitieren die gewöhnlichen Konsumenten jedoch nicht. Sie sind in manchen Bundesländern selbst bei Besitz relativ geringer Mengen weiterhin der Strafverfolgung ausgesetzt. In den meisten Bundesländern gilt eine Grenze von maximal sechs Gramm, bei der die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen Geringfügigkeit einstellen kann.
Cannabis-Fachtagung in Frankfurt
Die Frankfurter Gesundheitsdezernentin strebt hier nun neue Lösungen für das altbekannte Problem an. Dabei sei ihr der Austausch zwischen den verschiedenen Experten und beteiligten Institutionen besonders wichtig. Denn „nur wer sich austauscht und sich umfassend informiert, wird handlungsfähig und kann am Ende auch den richtigen Weg für unsere Stadt einschlagen“, betonte Rosemarie Heilig. Zum Auftakt der Cannabis-Fachtagung sollen laut Mitteilung der Gesundheitsdezernentin zunächst „nationale und internationale Experten über den aktuellen Stand der Cannabis-Forschung informieren und die Debatte in Deutschland aus unterschiedlichen fachlichen Blickwinkeln beleuchten.“ Hier wird zum Beispiel Volker Auwärter vom Universitätsklinikum Freiburg über die medizinischen und pharmakologischen Perspektive des Cannabis berichten. Dirk Peglow vom hessischen Landesverband des Bundes Deutscher Kriminalbeamter soll die Bewertung durch die Polizei erläutern und Lorenz Böllinger von der Universität Bremen wird „der Frage nachgehen, ob das Strafrecht ein geeignetes Mittel in Sachen Cannabis ist“, so die Mitteilung der Stadt Frankfurt. Die Sicht aus der Suchthilfepraxis wird durch Gabriele Bartsch von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen erörtert.
Möglichkeiten der Entkriminalisierung und kontrollierten Abgabe
Auf der Fachtagung soll der Blick zudem über den Tellerrand hinaus gerichtet werden. So wird Martin Jelsma vom Transnational Institut (TNI) in Amsterdam einen weltweiten Überblick zu den verschiedenen Modellen der Entkriminalisierung, der kontrollierten Abgabe und der Regulierung von Cannabis geben. Anschließend sollen Referenten aus Belgien, den Niederlanden und der Schweiz in Diskussionsforen ihre jeweiligen Wege zur Entkriminalisierung und die Erfahrungen damit im Alltag vorstellen. Hier wird Jens Kalke vom Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg auch über das schleswig-holsteinische Modellprojekt zur Abgabe von Cannabis in Apotheken berichten. Das zuletzt mit viel öffentlichem Interesse verfolgte Modell der Cannabis-Legalisierung in Colorado, wo in Fachgeschäft ein normaler Verkauf möglich ist, stellt Professor Heino Stöver von der Frankfurt University of Applied Sciences auf der Fachtagung vor. Durch das breite Spektrum der Referenten, die das Thema aus jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln bewerten, scheint die Fachtagung insgesamt durchaus geeignet, zu einer Versachlichung der Diskussion und möglicherweise sogar zur Entwicklung neuer Lösungsansätze beizutragen. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.