Studie: Persönlichkeitsentwicklung findet im hohen Alter ähnlich stark wie während der Jugend statt
30.09.2014
Im hohen Alter findet noch immer Persönlichkeitsentwicklung statt. Das belegt eine deutsch-amerikanische Studie, in der Angaben von mehr als 23.000 Studienteilnehmern aus Deutschland und Australien analysiert wurden, die im Zeitraum von 2005 bis 2009 befragt wurden. Den Studienergebnissen zufolge ändert sich die Persönlichkeit der Menschen im jungen Erwachsenenalter bis 30 Jahre ähnlich stark wie im Alter ab etwa 70 Jahren. In keiner anderen Lebensphase sind diese Veränderungen demnach so deutlich.
Persönlichkeitsentwicklung bei jungen Erwachsenen und älteren Menschen am stärksten
Persönlichkeitsentwicklung findet während des gesamtes Lebens statt und ist im hohen Alter sogar ähnlich intensiv wie während des jungen Erwachsenenalters bis 30 Jahre. Zu diesem Ergebnis kommen Jule Specht von der Freien Universität Berlin, Maike Luhmann von der Universität zu Köln und Christian Geiser von der US-amerikanischen Utah State University im Rahmen ihrer Untersuchung. Die Forscher werteten Daten auf Grundlage der Lanzeitstudien „Sozio-oekonomisches Panel" (SOEP) und „Household Income and Labour Dynamics in Australia" Survey (HILDA Survey) aus.
„Unsere Studie widerlegt die unter Psychologen vorherrschende Ansicht, dass sich die Persönlichkeit im Laufe des Lebens immer stärker stabilisiert", erläutert Specht. Die Psychologin und ihre Kollegen werteten die Angaben von mehr als 23.000 Menschen aus, die im Rahmen der deutschen und der australischen Langzeitstudie befragt wurden. Wie sich zeigte, finden die stärksten Veränderungen in der Persönlichkeit im jungen Erwachsenenalter bis 30 Jahre und ab etwa 70 Jahren statt. In keiner anderen Lebensphase seien diese Veränderungen so stark.
„Zusammengenommen zeigen diese Ergebnisse, dass in den beiden hier untersuchten Nationen, die Persönlichkeitstypen sehr konsistent hinsichtlich Geschlecht, Alter und Zeit waren“, schreiben die Forscher im Fachmagazin „Journal of Personality and Social Psychology", in dem die Untersuchung veröffentlicht wurde.
Unterkontrollierter Persönlichkeitstyp entwickelt sich häufig zu resilienten Persönlichkeiten
Als junge Erwachsene machen vor allem Menschen mit dem sogenannten unterkontrollierten Persönlichkeitstyp eine starke Veränderung durch, was sich durch eine geringe Gewissenhaftigkeit und geringe Verträglichkeit bemerkbar macht. „Etwa 40 Prozent der jungen Erwachsenen in Deutschland haben eine unterkontrollierte Persönlichkeit", berichtet Specht. „Ab einem Alter von etwa 30 Jahren reifen aber viele dieser jungen Rebellen zu resilienten Persönlichkeiten heran." Resilienz bedeutet in der Psychologie die psychische Widerstandsfähigkeit, also die Fähigkeit Krisen zu bewältigen und diese für Entwicklungen zu nutzen. Resiliente Persönlichkeiten sind Specht zufolge leistungsfähiger, verfügen über ein hohes Selbstwertgefühl und leiden seltener unter psychischen Krankheiten. „Ihre Persönlichkeit ist im Allgemeinen stabiler als die von unter- oder überkontrollierten Männern und Frauen." Mit 30 Jahren sind nur noch etwa 20 Prozent der Menschen in Deutschland dem unterkontrollierten Persönlichkeitstyp zuzuordnen. Rund 50 Prozent zählen in diesem Alter zum resilienten Persönlichkeitstyp.
Ab dem 70. Lebensjahr beginnt erneut eine starke Persönlichkeitsentwicklung
Als eines der überraschendsten Ergebnisse der Untersuchung nennen die Forscher die Erkenntnis, dass sich die Persönlichkeit ab 70 Jahre noch einmal deutlich verändert. So machen bis zu 25 Prozent der Menschen eines Persönlichkeitstyps in diesem Alter eine wesentliche Veränderung durch. „Anders als bei den jungen Erwachsenen folgen die Persönlichkeitsveränderungen bei den Senioren jedoch keinem typischen Reifungsmuster", berichtet die Psychologin. Vielmehr zeigten sich eine ganze Reihe unterschiedlicher Persönlichkeitsveränderungen. Eine Erklärung dafür haben die Forscher bisher noch nicht gefunden. Einige Faktoren konnten sie aber bereits als Ursache ausschließen. „Gesundheitsveränderungen, Großelternschaft und Renteneintritt scheinen eine überraschend kleine Rolle dabei zu spielen", so Sprecht, die derzeit den Einfluss von Veränderungen im Alltag und veränderten Einstellungen zum Leben untersucht. (ag)
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