Dem Tod nahe: Studie über Nahtoderfahrungen
09.10.2014
So ziemlich jeder hat schon mal davon gehört oder gelesen. Menschen sterben, sind klinisch tot, werden wiederbelebt und berichten danach von Dingen, die Sie während ihres medizinisch nachweisbaren klinischen Todes bzw. ihrer Wiederbelebung gesehen und gehört haben wollen.
Tatsächlich gibt es Fälle wie den eines 57-jährigen Patienten, der, klinisch tot, reanimiert wurde und Erinnerungen an die tatsächlichen Vorgänge im Behandlungsraum hatte, die er als klinisch Toter gar nicht hätte haben sollen. Insofern wurden die Erinnerungen des Patienten von den behandelnden Medizinern als glaubwürdig angesehen.
Erste systematische Untersuchung des Phänomens
Seit einigen Jahren versuchen Mediziner dieses Phänomen zu erklären. Meist gehen die Erklärungsversuche in dieselbe Richtung, nämlich diese kognitiven Erfahrungen der Patienten mit situationsbedingten Gehirnaktivitäten im Nahtodbereich zu begründen. Eine systematische Untersuchung dieses z.B. bei Wiederbelebungsmaßnahmen auftretenden Phänomens gab es bisher jedoch nicht.
Das haben nun die Forscher um Sam Parnia von der State University of New York at Stony Brook in Angriff genommen. „In dieser Studie wollten wir über den emotional aufgeladenen noch schlecht definierten Begriff der Nahtoderfahrung hinausgehen, um objektiv zu erkunden was passiert, wenn wir sterben“, so Sam Parnia im „News Release der Universität Southampton“.
Dazu haben sie die Daten von 2060 Herzstillstandpatienten aus den USA und Europa untersucht und 140 Überlebende nach Ihren Erfahrungen befragt und die Ergebnisse verifiziert. Dabei habe knapp die Hälfte der Befragten von "hellem Licht, Tieren, Pflanzen, Familie, Angstzuständen oder Gewalt" in ihren Erinnerungen berichtet.
Zwei Prozent gaben sogar an, bei vollem Bewusstsein gewesen zu sein und sich an die Wiederbelebung erinnern zu können, so die Wissenschaftler im Fachblatt "Resuscitation".
"Auch wenn sich nicht alle Menschen später an ihre Erfahrungen erinnern können, könnten viel mehr Menschen solche Erfahrungen gemacht haben", sagt Parnia SPIEGEL ONLINE. "Wir wissen allerdings nicht, was die Themen zu bedeuten haben."
Wissenschaftlich schwer belegbar
Berichte von Außerkörperlichen- oder Nahtoderfahrungen gibt es viele. Wissenschaftlich sind die wenigsten davon, sagt Thomas Metzinger, Leiter der Forschungsstelle Neuroethik/ Neurophilosophie an der Universität Mainz gegenüber Spiegel online. Er selbst sagt, während er seine Doktorarbeit schrieb, sieben derartige Erfahrungen gemacht zu haben, ohne diese jedoch belegen zu können. Deshalb seien die Berichte mit Vorsicht zu genießen. „Menschen interpretieren diese Erfahrungen sehr persönlich, ähnlich wie Träume“ so der Psychologe Dave Wilde von der britischen Nottingham Trent University.
Metzinger dagegen bezweifelt nicht, dass es solche Nahtoderfahrungen gibt: "Wenn es um die Wurst geht, schüttet das Gehirn aus, was geht." (jp)
Bild: Rolf Handke / pixelio.de
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