Untersuchung der Barmer GEK: In Berlin und Brandenburg leiden weitaus mehr Menschen an psychischen Problem als im Bundesdurchschnitt
10.10.2014
Etwa jeder Dritte Erwerbstätige in Berlin und Brandenburg ist von einem psychischen Leiden betroffen. Das geht aus einer Untersuchung der Krankenkasse Barmer GEK hervor, die auf Daten aus dem Jahr 2012 basiert. Der Kasse zufolge werden psychische Erkrankungen zunehmend zur finanziellen Belastung, da die Betroffen häufig lange krankgeschrieben sind und die Krankenkassen neben den Behandlungskosten auch verpflichtet sind, Krankengeld zu zahlen, wenn die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers nach sechs Wochen endet.
Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Leiden ist in Berlin und Brandenburg deutlich erhöht
In Berlin waren mehr als 34 Prozent und in Brandenburg knapp 29 Prozent der erwerbstätigen Versicherten im Jahr 2012 von einer psychischen Erkrankung betroffen. Auch die Zahl der Krankschreibungen wegen Depressionen und anderer psychischer Leiden war in Berlin weitaus höher als im Bundesdurchschnitt: 7,4 Prozent der Barmer-Versicherten wurden krankgeschrieben, knapp jeder Hundertste wurde stationär in einer Klinik behandelt. In Brandenburg waren 7,2 Prozent der Versicherten wegen psychischer Probleme arbeitsunfähig. Bundesweit lag die Quote bei sechs Prozent.
Wie die Online-Ausgabe des „Tagesspiegel“ berichtet, sieht die Berliner Barmer-Chefin Claudia Korf die hohe Zahl der von psychischen Problemen Betroffenen als massive finanzielle Belastung für die Krankenkassen an. „Arbeitsunfähigkeiten aufgrund psychischer Erkrankungen dauern häufig deutlich länger als bei anderen Krankheiten. Im Durchschnitt fallen betroffene Arbeitnehmer aufgrund dieser Diagnose 45 Tage im Jahr aus. Es ist deshalb im Sinne der Unternehmen, die seelische Gesundheit ihrer Mitarbeiter im Auge zu behalten", bestätigt auch Andrea Jakob-Pannier, Psychologin bei der Barmer GEK, in einer Mitteilung der Kasse. Die Krankenkassen sind nicht nur verpflichtet die Behandlungskosten der Betroffenen zu tragen, sondern auch Krankengeld zu zahlen, wenn die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers nach sechs Wochen endet.
Die Barmer GEK sieht insbesondere in den Unternehmen Handlungsbedarf. So sollten Führungskräfte Verhaltensauffälligkeiten ihrer Mitarbeiter möglichst frühzeitig erkennen. Dabei helfe eine offene und wertschätzende Kommunikation. „Chefs müssen hohen Termindruck und ein zunehmendes Arbeitspensum im Auge behalten, damit die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter nicht aus dem Gleichgewicht gerät", so Jakob-Pannier in der Mitteilung.
In Berlin gibt es besonders viele Psychologen
Auch die Techniker Krankenkasse (TK) kam in diesen Tagen zu einem ähnlichen Ergebnis. Demnach ist fast jeder fünfte Fehltag in Berlin auf eine psychische Erkrankung zurückzuführen. „In Berlin verzeichnen wir seit jeher deutlich längere Fehlzeiten wegen psychischer Krankheiten als im Bundesdurchschnitt“, erklärte die Berliner TK-Chefin Susanne Hertzer gegenüber der Zeitung. AOK und DAK ermittelten einen ähnlichen Trend.
Warum es ausgerechnet in Berlin so viele Menschen mit psychischen Leiden gibt, erklärt Korf im Gespräch mit dem Blatt anhand einer bundesweiten Fehlentwicklung. Denn psychische Erkrankungen würden dort diagnostiziert, wo sich auch viele Psychologen niederließen. Diese eröffneten ihre Praxen gerne in den Stadtstaaten und im reicheren Süddeutschland. „Wo mehr Ärzte sitzen, wird mehr diagnostiziert, was zur Folge hat, dass mehr behandelt wird“, fasst Korf zusammen. (ag)
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