Versicherte fürchten sich vor Beitragsanstieg und Minderung der Leistungen – Gute Bewertungen für Ärzte und Krankenkassen – Aber: Neun von zehn Befragten sehen Reformbedarf
11.10.2014
Einer von der Techniker Kasse (TK) beim Meinungsforschungsinstitut FORSA in Auftrag gegebenen Studie zufolge ist die Kritik der Versicherten am deutschen Gesundheitssystem deutlich zurückgegangen. Demnach sind drei Viertel der Versicherten mit dem Gesundheitssystem zufrieden, zwei Drittel glauben, dass es auch in Zukunft ihren Erwartungen gerecht wird, deutlich mehr als 2006.
Dazu dürfte auch der derzeitige Milliardenüberschuss der Krankenkassen beitragen, der die einstigen Reformen, wie etwa die Kopfpauschale, den einheitlichen Beitragssatz oder den Gesundheitsfonds die der damaligen Kritik zugrunde lagen, teilweise überflüssig gemacht hat. So werden der einheitliche Beitragssatz und der Gesundheitsfonds 2015 abgeschafft.
Der Umfrage zufolge rechnen die meisten Versicherten mit Beitragserhöhungen, immerhin etwas mehr als die Hälfte befürchtet eine Einschränkung des Leistungsniveaus, knapp die Hälfte mit einer sinkenden medizinischen Versorgungsqualität und nur ein Drittel glaubt, das auch in Zukunft alle Patienten in den Genuss einer Behandlung entsprechend der aktuellsten medizinischen Erkenntnisse kommen. Dabei sei gerade dies besonders wichtig, meinte TK-Chef Baas gegenüber der Berliner Morgenpost. Zwei Drittel der Versicherten wären demnach bereit auch höhere Beitragssätze zu bezahlen. Außerdem wäre ein Drittel bereit per Video mit dem Arzt zu kommunizieren und die große Mehrheit würde weitere Wege sowie eine längere Wartezeit für eine bessere Behandlung in Kauf nehmen.
Grundsätzlich sind die gesetzlich Versicherten mit dem Gesundheitssystem zufriedener als die privat Versicherten. Letztere finden das System, vermutlich wegen der hohen Prämien im Alter ungerechter und stellen auch die Mehrheit derjenigen, die Reformbedarf sehen. "Am pessimistischsten sind die Menschen in der ‘Rushhour des Lebens’ zwischen Mitte 20 und Mitte 50. Außerdem nehmen die Zweifel zu, je höher der Bildungsgrad und je schlechter der Gesundheitszustand sind", so Forsa-Geschäftsführer Professor Manfred Güllner in einer Pressemitteilung der TK.
Versicherte fordern mehr Freiheit bei der Kassenwahl
Gute Noten bekommen die Ärzte von ihren Patienten attestiert, rund 70 Prozent waren sehr zufrieden mit der ärztlichen Leistung. Bei den Versicherten mit schlechtem Gesundheitszustand waren es immerhin noch 60 Prozent.
"Unterm Strich klappt die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten", sagte Forsa-Chef Manfred Güllner. "Die meiste Kritik äußerten die Patienten an der Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen von Medikamenten."
Eine deutliche Abfuhr erteilten die Versicherten allerdings dem „Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung“ der derzeitigen Koalitionsregierung in Berlin. Dieses sieht vor, Patienten innerhalb von vier Wochen einen Facharzttermin zu garantieren (Wir berichteten). Dabei bezweifeln Experten, ob die Regierung dieses selbst gesteckte Ziel überhaupt in die Tat umsetzen kann. Den Versicherten reichen jedoch schon die vier Wochen bei Weitem nicht aus. So möchte die Hälfte nicht länger als eine Woche auf einen solchen Termin warten, ein weiteres Drittel nicht länger als zwei Wochen. (jp)
Bild: Tim Reckmann / pixelio.de
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