Blut-Hirn Schranke wird von Darmbakterien beeinflusst
24.11.2014
Wissenschaftler haben bei Tierversuchen entdeckt, dass Darmbakterien der Mutter die Durchlässigkeit für bestimmte Antikörper ins Gehirn beeinflussen können. Dabei hat die Darmflora anscheinend Einfluss auf die Entwicklung der Blut-Hirn-Schranke, denn ohne die mütterlichen Darmbakterien wird diese Schutzbarriere für Krankheitserreger und Giftstoffe passierbar, so ein internationales Forscherteam um Viorica Braniste vom Stockholmer Karolinska-Institut in der Fachzeitschrift "Science Translational Medicine". Demnach halte diese Beeinträchtigung ein Leben lang an. Allerdings lasse sie sich die Barriere im Nachhinein durch das Verpflanzen von Darmbakterien abdichten.
Wie wichtig die Bedeutung der Darmflora für die Gesundheit ist, haben diverse Studien in der jüngeren Vergangenheit bereits gezeigt. Mit der neuen Studie von Braniste und ihren Kollegen ist es nun erstmals gelungen, den Einfluss der Darmbakterien auf die Bildung der Blut-Hirn-Schranke bei ungeborenen Säugetieren nachzuweisen.
Blut-Hirn-Schranke wird durchlässiger
Diese Barriere sorgt dafür, dass das Gehirn vor Krankheitserregern und Giftstoffen geschützt wird. Sie besteht aus eng angeordneten Endothelzellen, die durch sogenannte Tight Junctions, enge Nähte aus Membranproteinen verbunden werden.
Konkret untersuchten die Forscher die Schranke an zwei Gruppen von Mäusen, wobei die eine Gruppe aus Tieren bestand, die in einer sterilen Umgebung gehalten wurden und die andere, aus solchen, die in einer ganz normalen Umgebung mit den üblichen Bakterien lebten. Mit Hilfe von markierten Antikörpern wurde getestet, ob diese über das Blut der Mutter in das Gehirn des Nachwuchses gelangten. "Wir zeigten, dass die Präsenz mütterlicher Darmmikroorganismen während der späten Schwangerschaft den Durchlass markierter Antikörper aus dem Kreislauf in das Hirngewebe des wachsenden Fötus blockierte", wird Braniste in einer Mitteilung ihres Instituts zitiert. "Bei gleichaltrigen Föten von keimfreien Müttern kreuzten diese markierten Antikörper die Blut-Hirn-Schranke leicht und wurden im Hirngewebe festgestellt."
Weitere Untersuchungen zeigten, "dass der Nachwuchs dieser keimfreien Tiere weniger der für den Zusammenhalt der Barriere wichtigen Membranproteine produzierte und die erhöhte Durchlässigkeit bis zum Erwachsenenalter anhielt."
Ernährung von Schwangeren steht in Zusammenhang mit Entwicklung des Kindes
Bekamen die Tiere nachträglich normale Darmbakterien eingepflanzt, entwickelte sich die Barriere wie bei den nicht keimfrei lebenden Tieren und die Durchlässigkeit nahm ab. Daraus wiederum schlussfolgern die Forscher, dass der Zustand Darmflora in engem Zusammenhang mit den Funktionsschwankungen der Blut-Hirn-Schranke stehen. "Angesichts dessen, dass sich die Zusammensetzung und Vielfalt des Mikrobioms mit der Zeit ändert, könnte man spekulieren, dass die Intaktheit der Blut-Hirn-Schranke je nach Mikrobiom schwanken kann", sagt Studienleiter Sven Pettersson. Dieses Wissen kann verwendet werden, um die Wirksamkeit von Gehirnkrebsmedikamenten zu erhöhen und um die Gestaltung von Behandlungsmethoden, die die Integrität der Blut-Hirn-Schranke " verstärken, zu entwickeln. Allerdings wären "noch weitere Studien nötig, um die Ergebnisse zu bestätigen". Dennoch wiesen Nga Bien-Ly und Ryan Watts vom Biotechnologieunternehmen Genentech in San Francisco in einem Kommentar im "Science Translational Medicine" darauf hin, "dass die vorliegende Studie nahelege, wie wichtig die Darmflora für die Entwicklung der Blut-Hirn-Schranke bei Säugetieren sei."
"Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der mütterlichen Mikroben im frühen Leben und das Darmbakterien ein integrierter Bestandteil unserer Körperphysiologie (sind)", sagt Professor Sven Pettersson, der Hauptforscher am Institut für Mikrobiologie, Tumor und Zellbiologie. Demnach sei anzunehmen, dass die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft nicht nur die Entstehung der Darmbakterien beeinflusse, sondern sich auch auf die Bildung der Blut-Hirn-Schranke auswirke, so die Forscher.
In diesem Zusammenhang sei es auch wichtig, zu untersuchen, wie sich der Einsatz von Darmbakterien abtötenden Breitbandantibiotika während der Schwangerschaft auf die Entwicklung der Blut-Hirn-Schranke beim Nachwuchs auswirkt. (sb)
Bild: Sigrid Rossmann / pixelio.de
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