Altersmedizin der Zukunft: EKG aus der Matratze, Sturzsensor und Durst-Alarm
11.12.2014
Zukünftig könnten High-Tech-Hilfsmittel in der Altersmedizin wie ein EKG in der Matratze sowie Sturz- und Durstsensoren eine große Entlastung für die Patienten und das Gesundheitssystem mit sich bringen. Denn derzeit müssen bestimmte Kontrollen unter anderem von Herz und Blutdruck im Krankenhaus erfolgen. Das ist für ältere Menschen meist unangenehm und verursacht zudem hohe Kosten. Ziel ist es, die High-Tech-Hilfsmittel in Alltagsgegenstände wie die Kleidung der Senioren zu integrieren, so dass die Aufzeichnung der medizinischen Daten automatisch und ohne Belastung für die Betroffenen erfolgt. Die Nachrichtenagentur „dpa“ sprach mit Experten über die neuen Technologien, die sich derzeit noch in der Testphase befinden.
EKG aus der Matratze und andere High-Tech-Hilfsmittel der Altersmedizin können das Leben von Senioren erleichtern
High-Tech-Hilfsmittel, wie ein EKG aus der Matratze oder ein Sensor, der Senioren ans Trinken erinnert, könnten das Gesundheitssystem zukünftig deutlich entlasten und für die Betroffenen große Vorteile mit sich bringen. Denn wenn ältere Menschen nicht ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, droht die Austrocknung mit schweren Folgen für die Gesundheit. So können Herz-Kreislauf-Probleme, ein erhöhtes Sturzrisiko und Verwirrtheit auftreten. Um einer Dehydrierung bei Senioren vorzubeugen, haben Forscher aus Aachen einen Sensor entwickelt, der auf Austrocknung hinweist. „Vier Elektroden werden auf den Körper geklebt. Die zeigen den Wassergehalt im Muskel an“, erläutert Professor Steffen Leonhardt vom Helmholtz-Institut für Biomedizinische Technik an der RWTH Aachen gegenüber der Nachrichtenagentur. Der Durst-Sensor befindet sich derzeit noch in der Testphase.
Im Rahmen der sogenannten Geronto-Technologie werden immer mehr High-Tech-Hilfsmittel mit Sensoren für die Altersmedizin entwickelt. „Die Geronto-Technologie beschäftigt momentan viele universitäre Einrichtungen“, berichtet Professor Ralf-Joachim Schulz vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie und Chefarzt des St. Marien-Hospitals in Köln im Gespräch mit der Agentur. Dabei stehe der Erhalt der Selbständigkeit der Senioren im Vordergrund. So gehe es bei der Geriatrie um möglichst frühe Rehabilitation und die Verwendung sinnvoller Hilfsmittel, so Schulz.
High-Tech-Hilfmittel wie Durst-Alarm oder Sturzsensor sollen in Altersgegenstände und Kleidung integriert werden
Die zentrale Frage sei, wie man die Sensoren in Alltagsgegenstände integrieren kann, so der Chefarzt. Dabei gebe es viele Ansätze wie beispielsweise ein Sensor in den Schuhen der Senioren. „Dadurch kann man sehen, wie weit ein Mensch mobil ist. Wie ist seine Gewichtsverlagerung. Ist er sturzgefährdet?“, erklärt Schulz. Möglicherweise könne ein EKG in der Kleidung medizinische Daten sammeln. Dann entfalle der Krankenhausaufenthalt für den Betroffenen, der anderenfalls notwendig sei, um die entsprechenden Kontrollen von Herz und Blutdruck durchzuführen. „Bestimmte Zentren werden dann in der Lage sein, Patienten nicht im Krankenhaus halten zu müssen“, so der Experte. Auch im Hinblick auf die demographische Entwicklung seien derartige Technologien zwingend notwendig, da die medizinische Überwachung irgendwann nicht mehr bezahlbar sei. Zudem habe die Sensortechnik einen großen Vorteil für die Patienten, die dann zuhause leben könnten.
Ausmaß der medizinischen Überwachung mit High-Tech-Hilfsmitteln wie dem EKG aus der Matratze muss ethisch überprüft werden
Die Forscher stellen sich bei der Entwicklung der High-Tech-Hilfsmittel nicht nur technischen Problemen, sondern auch der Frage, wie weit die medizinische Überwachung unter ethischen Gesichtspunkten gehen darf. So stellt ein EKG-Sensor im Bett die Aachener Forscher derzeit vor große Herausforderungen. Einerseits soll das EKG in der Matratze Daten sammeln, gleichzeitig könnte es aber auch als Alarm fungieren, wenn häufiger kritische Situationen des Herzens auftreten. Auch ein Gewichtssensor könnte im Bett integriert werden, der die Pflegekräfte benachrichtigt, wenn ein Patient nicht vom Toilettengang zurückgekommen ist, weil möglicherweise eine Notfallsituation entstanden ist. „Man muss erforschen, inwieweit so etwas machbar ist. Wie weit kann man die Privatsphäre des Menschen schützen. Wie weit kann ich gehen?“, so Schulz.
Professorin Ursula Müller-Werdan von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sieht vor allem Vorteile für den Krankenhausalltag im „Klugen Bett“. Patienten empfänden die Kabel, die beim herkömmlichen EKG an den Körper angeschlossen werden, meist als sehr belastend, berichtet sie gegenüber der Nachrichtenagentur. „Wenn man am Kabel hängt, dann ist das einfach nicht angenehm“, so die Geriatrie-Expertin. „Uns geht es darum, die Krankenhausbehandlung humaner zu gestalten.“ (ag)
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