Seelische Erkrankungen weiterhin der zweithäufigste Grund für lange Krankschreibungen
11.12.2014
Wer an einer psychischen Erkrankung leidet, kann dadurch unter Umständen über Wochen hinweg arbeitsunfähig bleiben. Wie der „Gesundheitsreport 2014“ der Barmer GEK aufzeigt, sind seelische Störungen wie Depressionen nach wie vor der zweithäufigste Grund für lange Fehlzeiten im Job. Allein in Nordrhein-Westfalen würde demnach jährlich fast ein Drittel der Erwerbspersonen über längere Zeit ausfallen.
Knapp 3 Millionen Betroffene allein in NRW
Demnach sei es zwar 2013 in NRW zu insgesamt weniger Krankschreibungen aufgrund psychischer Störungen gekommen, doch seien diese meist langwierig und daher nach wie vor der zweithäufigste Grund für Fehltage im Job. „Die Zahlen sind alarmierend: Jedes Jahr erkrankt fast ein Drittel der Erwerbspersonen in NRW – dies sind rund 2,9 Millionen Menschen – an psychischen Störungen", so Heiner Beckmann, der Landesgeschäftsführer der Barmer GEK in NRW. In vielen Fällen geht es dabei um Depressionen, eine Erkrankung, deren Behandlung oft sehr schwierig ist und lange Zeit beansprucht.
Betroffene fehlen im Schnitt rund 50 Tage
Unternehmen spüren die Auswirkungen seelischer Not vor allem dadurch, „dass bei psychischen Störungen die Arbeitsunfähigkeit im Vergleich zu anderen Erkrankungen mit Abstand am längsten dauert.“ Demnach hätten Betroffene im letzten Jahr im Schnitt rund 50 Tage gefehlt, auch hätten die psychischen Belastungen in den letzten Jahren zugenommen, erklärt der Dipl.-Psychologe. Dr. phil. Andreas Šoljan. „Im persönlichen und beruflichen Umfeld offen über eine psychische Belastung zu sprechen, fällt jedoch vielen Patienten schwer“, so der Experte aus Düsseldorf weiter. Nach Angaben der Barmer GE gibt die Formel „30-6-1“ Aufschluss über die Häufigkeit, Dauer und Therapie der psychischen Störungen. Denn obwohl bei knapp 30 Prozent der arbeitenden Bevölkerung eine psychische Störung diagnostiziert worden sei, hätten sich nur rund sechs Prozent aufgrund dessen arbeitsunfähig gemeldet und lediglich ein Prozent habe sich in einem Krankenhaus behandeln lassen. Für den Psychologen Andreas Šoljan eine positive Nachricht, denn neben der Familie sei die Arbeit ein wichtiger Faktor für die Stabilisierung bei einer seelischen Erkrankung, so der Experte.
In Mönchengladbach deutlich mehr Fälle als in Paderborn
Doch bei den Fehltagen gibt es laut der Barmer GEK zum Teil große regionale Unterschiede innerhalb von NRW: Während in Mönchengladbach, Heinsberg und Herne die längsten Fehlzeiten auftraten, fiel die Dauer der Krankschreibungen aufgrund psychischer Störungen in Paderborn, Olpe und Köln unterdurchschnittlich gering aus. Eine Erklärung für die regionalen Unterschiede haben Gesundheitsexperten hier jedoch noch nicht. Mancherorts habe sich laut Šoljan mittlerweile eine Art „grauer Markt“ entwickelt, indem vielerorts Psychiater private Praxen betreiben würden, da die Anzahl der Therapeuten, die ihre Leistungen mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen können, begrenzt sei. Aufgrund des hohen Bedarfs würden die gesetzlichen Kassen dann aber doch in einigen Fällen die privatärztliche Rechnung übernehmen, was zu immensen Mehrkosten führt: „Das fing 2008 mit zwei Millionen Euro an, mittlerweile werden da 40 bis 50 Millionen Euro ausgeben“, so Šoljan.
Betriebliche Maßnahmen zur Stärkung der psychischen Gesundheit
Auch immer mehr Arbeitgeber erkennen laut Barmer GEK die Gesundheitsförderung „als Instrument der Personalpolitik“ an und lassen der psychische Gesundheit der Mitarbeiter mehr und mehr Bedeutung zukommen. „Wohlbefinden und Gesundheit reduzieren die Arbeitsbelastungen und steigern so die Zufriedenheit und Motivation unserer Mitarbeiter“, erklärt Friedrich Dehos, der als Personalleiter bei der Sparkasse Vest Recklinghausen ein eigenes Team gebildet hat, das für die betriebliche Gesundheitsförderung zuständig ist. Ein wichtiger Schritt, denn durch ein internes Gesundheitsmanagement könne die Gesundheit der Angestellten durch gezielte Aktionen und Maßnahmen sinnvoll gefördert werden, zudem trage es zu einer offenen Kommunikation bei. „Dies ist unerlässlich, damit psychische Erkrankungen kein Tabuthema sind“, so Beckmann. „Wir unterstützen unsere Versicherten auf Wunsch dabei, zeitnah eine Lösung für eine Psychotherapie zu finden“, betonte der Landesgeschäftsführer. (nr)
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