Tierische Therapeuten: Drogenklinik setzt bei Langzeittherapie auf Hunde und Katzen
16.12.2014
Eine Drogenentzugsklinik im mecklenburgischen Tessin geht neuerdings bei der Behandlung der Suchtkranken neue Wege. Die Patienten dürfen ihre Tiere mit zur Therapie bringen. Die helfen dabei, die Therapie durchzuhalten und geben Hoffnung und Zuwendung.
Tiergestützte Therapien bietet die Klinik zwar schon seit 10 Jahren an. Bislang war aber nur eine Zwingerhaltung der Vierbeiner gestattet. Das hat sich nun nach Umbaumaßnahmen geändert. Die Tiere werden in die Behandlung integriert und dürfen von den Patienten in die eigens umgebauten Zimmer mitgenommen werden. So wurden z.B. Hochbetten in die Zimmer der Patienten eingebaut, damit die Hunde nicht in die Betten können. Damit ist Schloss Tessin die erste Suchtklinik deutschlandweit, die die Tiere der Patienten in die Behandlung mit einbezieht.
Psychiater Alf Kroker, Chefarzt im Schloss Tessin, begründet diese Maßnahme mit den großen Vorteilen, die die enge Beziehung seiner Patienten zu ihren Tieren mit sich bringt. "Viele Suchtkranke haben alle sozialen Kontakte abgebrochen", sagt er. Vor dem Hintergrund der Drogenbeschaffung hätten viele Süchtige sämtliche soziale Kontakte verloren. Soziale Bindungen zu Freunden und Familien gingen kaputt. "Die Bindung zum Hund blieb oft als Einzige bestehen, das Tier gibt den letzten Halt im Leben."
Zudem sieht er in der Möglichkeit der Tierhaltung eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Süchtige überhaupt eine Therapie antreten. Denn wenn sich die Patienten für die Behandlung von ihrem Tier trennen müssten, würden viele Suchtkranke eine Therapie gar nicht erst in Anspruch nehmen. "Dem Tier wird bedingungslos vertraut, es ist wie ein eigenes Kind, ein kompetenter Beschützer", sagt Kroker. Zudem würden die Tiere den Therapeuten den Zugang zu den Suchtkranken erleichtern. Außerdem würden die Patienten durch die Tiere lernen, wieder Verantwortung für sich und das Tier zu übernehmen und den Alltag zu bewältigen.
Bei den Suchtkranken kommt die Therapie jedenfalls gut an: "Der Hund begleitet mich, er schenkt mir Vertrauen, ist immer da, wenn man mal Schwierigkeiten hat“, so die 25 jährige Jaqueline, die seit einem halben Jahr in Tessin ist. Und in Einzelfällen ist er auch Zukunftsperspektive: "Mein Hund ist mein Lebensinhalt und mein künftiger Beruf", so Robert, 26. Im Anschluss an die Therapie wolle er eine Ausbildung zum Tierpfleger beginnen.
Vierbeiner strukturieren Tagesablauf der Patienten
Derzeit leben neben den 47 Patienten 25 Hunde und drei Hauskatzen sowie zwei Kaltblutpferde. Diese werden im Rahmen einer Arbeitstherapie gefüttert, gepflegt und geritten.
Damit es keine Probleme mit den Tieren gibt, hätte man strenge Regeln eingeführt, so Klinikleiterin Nierath: Hundehaltung im Patientenzimmer, Maulkorbpflicht im Haus, Leinenzwang im Park und Freilauf nur in abgezäuntem Gelände, dazu Training in kleinen Gruppen.
Zwischenfälle hätte es bisher noch nicht gegeben. So hätte es weder unter den Patienten noch unter den Tieren verletzte gegeben und auch Ausreißer hätte es noch nicht gegeben.
Lob kommt auch von externer Seite. "Das Tier strukturiert den Tagesablauf, der Betroffene kommt in eine positive Versorgerrolle", so Ingrid Stephan, Leiterin des Instituts für soziales Lernen mit Tieren in Lindwedel bei Hannover.
Tiertherapie aus der Behandlung von Depressionen bekannt
Die Nutzung von Hunden zu therapeutischen Zwecken ist nicht neu. Bereits seit Längerem gibt es Versuche mit Demenzkranken und Patienten, die an Depressionen leiden. Besonders bei Letzteren hatten sich deutlich sichtbare Erfolge in der Behandlung eingestellt. „Im Idealfall“, dass „die tiergestützte Therapie bei Depression hilft“, könne bei einigen Patienten ein stationärer Aufenthalt in einer Klinik gänzlich vermieden werden. „Toll, dass unsere Ärzte an der Weiterentwicklung von Behandlungsmethoden“ im Sinne der Patienten arbeiten, erklärte der Geschäftsführer des Klinikum Oberberg Joachim Finklenburg. (jp)
Bild: Gabriele Schmadel / pixelio.de
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