Tollkirschenwirkstoffe in Getreidebrei – Alnatura ruft Ware zurück
18.12.2014
Wie sich jetzt herausgestellt hat, enthält der Hirse-Getreidebrei mit Reis von Alnatura Tropanalkaloide. Dabei handelt es sich um einen Atropin ähnlichen Wirkstoff, der auch in Tollkirschen zu finden ist. Deshalb hat das Unternehmen jetzt eine Rückrufaktion gestartet.
Üblicherweise kann man bei Bio Produkten für Babys davon ausgehen, dass die Ware gesundheitlich unbedenklich ist. In diesem nun bekannt gewordenen Fall verhält sich das jedoch anders. Wie der Hersteller mitteilte, enthalte der Brei Spuren eines Alkaloids. Betroffen seien Produkte mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum bis 30. August 2015. Kunden sollen die Ware zurückbringen, sie erhalten Ersatz. Über Samen und Kerne des Getreides könne das Alkaloid in die Nahrung gelangen. Normalerweise würden diese Stoffe bei der Verarbeitung herausgefiltert, um das zu verhindern.
Wie hoch ist das Risiko?
Tropanalkaloide kommen in der Natur in der als sehr giftig bekannten Tollkirsche vor. „Das sind Atropin-ähnliche Substanzen, wie sie auch in der Tollkirsche vorkommen“, so Josef Kahl, Pressesprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Nordrhein. Über die Gefährlichkeit des Alkaloids sagt er: „Wenn ein Kind zwei bis drei Tollkirschen isst, drohen Vergiftung und Tod.“ Dabei löst das Gift verschiedene Symptome aus: „Es beginnt mit einer Rötung des Gesichts“, so der Kinderarzt weiter. Es folgen Halluzinationen, Tobsucht und Epilepsie ähnliche Krämpfe, die letztendlich zu Ohnmacht und Tod führen können, falls sich die Patienten nicht rechtzeitig in Behandlung begeben.
Eltern, die den betroffenen Babybrei bereits vor einigen Tagen an ihre Kinder verfüttert haben, brauchen sich jedoch keine Sorgen zu machen. Die Rötung des Gesichts wäre spätestens nach einem Tag aufgefallen. Zudem wies der Hersteller darauf hin, dass es sich lediglich um Spuren des Alakaloids handele. Allerdings betont Kahl: „Tatsache ist, dass davon überhaupt nichts im Babybrei zu suchen hat.“
10 Kinder nach Tollkirschenvergiftung in Notaufnahme
Wie ernst Mediziner eine Tollkirschenvergiftung bei Kindern nehmen, hat sich erst vergangenes Jahr gezeigt. Damals hatten mindestens zwei Kinder einer evangelischen Kindertagesstätte in Mönchengladbach Früchte des "schwarzen Nachtschattens" (auch „Giftbeere“) gegessen und im Anschluss über Kopfschmerzen und Bauchschmerzen geklagt. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass weitere Kinder von den giftigen Beeren gegessen hatten, waren daraufhin alle 42 Kinder vorsorglich von einem Notarzt untersucht und zehn Kinder schließlich für weitere Untersuchungen in Kinderkliniken gebracht worden, wie die „Rheinische Post“ berichtete. Wie sich später herausstellte, handelte es sich jedoch um einen Fehlalarm. Die Erzieher hatten eine ungefährliche Pflanze fälschlicherweise für Tollkirschen gehalten. Dennoch haben die Erzieher richtig gehandelt.
Bei Verdacht auf Vergiftungsunfälle immer sofort Notruf 112 wählen
Besonders wichtig ist bei Vergiftungsunfällen, dass der Fall fachlich richtig eingeschätzt und umgehend die entsprechende erste Hilfe geleistet wird. Es sollte deshalb immer sofort der Notruf unter 112 abgesetzt und ein Giftinformationszentrum kontaktiert werden. Eine weitere sinnvolle Unterstützung für Eltern, Erzieherinnen und Erziehern bietet die App „Vergiftungsunfälle bei Kindern“ des Bundesinstituts für Risikobewertung. Diese kann in App-Stores kostenlos heruntergeladen werden.
Vergiftungen bei Kindern zweithäufigste Unfallart
Vergiftungen kommen gerade bei Kindern sehr schnell vor und sind nach Stürzen die zweithäufigste Unfallart. Die häufigsten Vergiftungsunfälle im Kindesalter gibt es im Zusammenhang mit dem Verschlucken von Haushaltsreinigern oder Körperpflegeprodukten – wobei diese Vergiftungen mit meist relativ leichten oder gar keinen Symptomen einhergehen. Sehr viel gefährlicher wird es, wenn sich Kinder durch Kontakt mit Medikamenten, giftigen Pflanzen, ätzenden Substanzen oder Lampenöl vergiften. (jp)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.