Fingerfertigkeiten auf dem Smartphone verändern unser Gehirn
29.12.2014
Wer dabei zusieht staunt mitunter nicht schlecht: Wischen, Tippen, Streichen – und das alles in rasender Geschwindigkeit. Smartphonenutzer haben mitunter flinke Finger. Doch die Technik trainiert nicht nur die Fingerfertigkeiten der User, sie verändert auch das Gehirn. Das hat eine Studie von Forschern der Universitäten Zürich und Fribourg kürzlich ergeben. „Der Cortex passt sich diesen wiederholenden Fingerbewegungen schnell an und beweist damit einmal mehr, wie plastisch unser Gehirn ist“, so Arko Gosh vom Institut für Neuroinformatik der Universität und der ETH Zürich.
Gehirnareale sind flexibel
Im somatosensorischen Cortex, dem Gefühlszentrum unseres Gehirns, haben alle Körperteile von der Zehe bis zum Finger festgelegte Verarbeitungsareale. Diese können sich jedoch verändern. So ist etwa von Geigenspielern bekannt, dass sich das Areal der instrumentenführenden Finger gegenüber anderen Menschen vergrößert.
Arko Gosh wollte nun wissen, wie sich die Nutzung von Smartphones auf diesen Cortex auswirkt. Er hat festgestellt, dass sich die tägliche Plastizität unsers Gehirns anhand unserer Smartphonenutzung untersuchen lässt. „Smartphones bieten uns die Chance zu verstehen, wie das normale Leben die Gehirne von ganz normalen Menschen prägt“, so Arko Ghosh zu den Ergebnissen der Studie. Diese hatte die Aktivierung im sensomotorischen Cortex untersucht, die durch die Fingeraktivitäten ausgelöst wurden. Bei der Studie waren 37 Rechtshänder per EEG auf ihre kortikale Hirnaktivität untersucht worden. Dabei waren 26 Smartphonenutzer und 11 Nutzer älterer Handys in die Studie einbezogen. Es stellte sich heraus, dass die kortikale Repräsentation der beiden Testgruppen unterschiedlich ist.
Kortikale Aktivität steigt durch tägliche Nutzung des Smartphones
Außerdem ergab die Studie, dass die Häufigkeit der Nutzung des Smartphones zudem Einfluss auf die kortikale Aktivität hat. Am deutlichsten ließ sich dieser Zusammenhang für das Areal des Daumens nachweisen. „Auf den ersten Blick scheint dieser Befund vergleichbar zu sein mit dem, was bei Geigenspielern geschieht“, erklärt Ghosh.
Es gibt jedoch zwei Unterschiede: Einerseits spielt es bei Smartphone-Nutzern keine Rolle, wie lange sie ein Gerät schon besitzen und benutzen. Bei Geigenspielern hingegen war die Aktivität im Gehirn abhängig vom Alter, in dem sie zu spielen begannen. Andererseits besteht ein linearer Zusammenhang zwischen der Aktivierung im Hirn und der letzten Nutzung des Smartphones. Dies konnte bei Geigenspielern in früheren Studien nicht nachgewiesen werden. „Die digitale Technik, die wir im Alltag nutzen, formt die Sinnesverarbeitung in unserm Gehirn, und zwar in einem Ausmaß, das uns überrascht hat“, fasst der Neurowissenschaftler Arko Ghosh zusammen. (jp)
Bild: Peter Freitag / pixelio.de
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