Urteil: Ohne Rezept keine verschreibungspflichtigen Arzneien
09.11.2015
Liegt kein Rezept vor, dürfen Apotheker verschreibungspflichtige Medikamente nicht an Patientinnen und Patienten aushändigen. Zwar reicht es in dringenden Fällen aus, wenn der Apotheker über die Verschreibung telefonisch unterrichtet wird, doch der Rahmen hierfür ist einem aktuellen Urteilsspruch des Bundesgerichtshofs (BGH) zufolge sehr eng gesteckt. Besteht die Möglichkeit, einen Arzt aufzusuchen, um eine entsprechende Verschreibung zu erhalten, bleibt die Abgabe ohne Rezept untersagt.
In dem Verfahren am BGH standen sich ein Apotheker und eine Apothekerin gegenüber, weil letztere einer Patientin ohne Vorlage eines ärztlichen Rezepts ein verschreibungspflichtiges Medikament ausgehändigt hatte. Der Kläger sah hierin ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) beziehungsweise die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV). Die Beschuldigte führte an, sie habe aufgrund der telefonisch eingeholten Auskunft einer ihr bekannten Ärztin davon ausgehen dürfen, dass sie zur Abgabe des Medikaments ohne Vorlage eines Rezepts berechtigt gewesen sei, so die Mitteilung des BGH.
Klage über alle Instanzen
Während das Landgericht der Klage zunächst im Wesentlichen stattgegeben hatte, konnte sich die Beklagte in der Berufung am Oberlandesgericht durchsetzen. Dies war der Auffassung, dass die Apothekerin zwar nicht zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept berechtigt gewesen sei, weil kein dringender Fall im Sinne von § 4 der AMVV vorgelegen habe. Doch durch den einmaligen Gesetzesverstoß seien insbesondere angesichts des geringen Verschuldens der Beklagten keine Verbraucherinteressen spürbar beeinträchtigt worden.
Patientin hätte den ärztlichen Notdienst aufsuchen müssen
In der erneuten Revision hat der BGH nun die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten wiederhergestellt, denn die „durch Verstöße gegen das Marktverhalten regelnde Vorschriften, die den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bezwecken, werden die Verbraucherinteressen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stets spürbar beeinträchtigt.“ Die Verschreibungspflicht gemäß § 48 AMG diene dem Schutz der Patienten vor gefährlichen Fehlmedikationen und damit gesundheitlichen Zwecken. Da zum Zeitpunkt des Apothekenbesuchs für die Patientin keine akute Gesundheitsgefährdung bestanden habe, wäre ein Besuch beim ärztlichen Notdienst im Nachbarort durchaus zumutbar gewesen, so die Mitteilung des BGH. (fp)
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