Delir bei Demenzpatienten mögliche Folge von Operationen
16.01.2015
Nach einer Operationen zeigen Demenzpatienten nicht selten einen Zustand massiver Verwirrtheit, den sogenannten Delir. Dabei herrsche in der Bevölkerung, aber auch bei Fachleuten bis heute viel zu oft Unklarheit über den Begriff „Delir“, berichtet „Der Tagesspiegel“ unter Berufung auf Albert Diefenbacher, Chefarzt der Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge (KEH).
Das Delir werde meist mit Alkohol und Alkoholentzug gleichgesetzt, obwohl dies lediglich eine Sonderform des Delirs – nämlich das „Delirium tremens“ – bilde, so Albert Diefenbacher gegenüber dem „Tagesspiegel“. Eckehard Schlauß, Gerontologe am Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge (KEH), ergänzt, dass eine Operation und die anschließende Komplexbehandlung im Krankenhaus bei Demenzpatienten nicht selten zu einem Delir führen. Werde dieser fehlgedeutet, könne das schnell in einem Teufelskreis aus Maßnahmen enden und eine starke Verschlechterung des Zustandes der Patienten mit sich bringen. Nach einer Operation erleiden bis zu 30 Prozent der über 70-Jährigen ein postoperatives Delir, berichtet „Der Tagesspiegel“ unter Berufung auf eine Studie am KEH.
Aufklärung des Pflegepersonals
Der akute Verwirrtheitszustand nach einer Operation kann sich laut Aussage der Experten zum Beispiel in einer massiven Orientierungslosigkeit widerspiegeln, die ihrerseits möglicherweise sonderbares Verhalten wie ein Urinieren auf dem Gang bedingt. Die Betroffenen landen infolge der Verhaltensauffälligkeiten nicht selten in der Psychiatrie, „dabei sind diese Patienten nicht psychisch krank“, zitiert „Der Tagesspiegel“ den Chefarzt Albert Diefenbacher. Zur Aufklärung des Personals existiere am KEH seit eineinhalb Jahren ein Demenz-Delir-Management. Hier werden Pflegeexperten ausgebildet und geschult. Auch präsentieren die Experten das Programm auf Tagungen und Kongressen. Für das Projekt „Etablierung eines clinical pathway durch Liaisonpflege im Rahmen der Prävention und Behandlung älterer Patienten mit Delir auf chirurgischen Stationen im Allgemeinkrankenhaus – eine Versorgungsforschungsstudie zur Liaisonpflege“ wurden die Mediziner des KEH mit dem Innovationspreis 2014 der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) ausgezeichnet.
Delir-Risiko deutlich gesenkt
Mit Hilfe des Demenz-Delir-Managements konnten das Delir-Risiko nach einer Operation insgesamt deutlich gesenkt werden, berichtet Eckehard Schlauß. Insgesamt sei die schwierigste Aufgabe dabei die Veränderung des Bewusstseins und der Haltung des Personals gewesen, ergänzt Diefenbacher. Heute würden die Ärzte und das Pflegepersonal im KEH mit einer sogenannten „Delir Pocketcard“ ausgestattet, auf der unter anderem die Symptome eines Delirs beschrieben und Ansatzpunkte zur Überprüfung erläutert werden, berichtet „Der Tagesspiegel“. Zwar sei der Delir reversibel, doch die Demenz, welche darunter rasant fortschreiten kann, sei es nicht, weshalb der Prävention hier besondere Bedeutung zukomme.
Die Matratze kann entscheidend sein
Einen Knackpunkt dabei kann laut Aussage der Experten auch die Matratze bilden. Sogenannten Antidekubitusmatratzen, welche verwendet werden, um Druckgeschwüre zu vermeiden, würden das Gefühl aufheben, auf einer festen Unterlage zu liegen. Infolgedessen wissen die Patienten „dann gar nicht mehr, wo Sie sind im Raum“, zitiert „Der Tagesspiegel“ den Chefarzt Diefenbacher. Aus diesem Grund sollten die Antidekubitusmatratzen bei Demenz-Patienten laut Aussage des Experten nicht zum Einsatz kommen. Um den Patienten eine bessere Orientierung zu ermöglichen, kann es Diefenbacher zufolge auch helfen, das Kopfteil des Bettes hin und wieder zu verstellen. Des Weiteren sollte das Pflegepersonal darauf achten, die Patienten nicht zu oft von einem Zimmer ins andere zu verlegen, weil durch die zunehmende Orientierungslosigkeit das Risiko eines Delirs steige. (fp)
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