Forschung: Wie Geschlechtshormone „glücklich“ machen
27.01.2015
Dass Geschlechtshormone eine wichtige Rolle für die menschliche Stimmung spielen, ist seit langem bekannt. So kann zu wenig Testosteron bei Männern oder zu wenig Östrogen bei Frauen Depressionen fördern. Forscher aus Österreich haben diesen Zusammenhang nun genauer untersucht.
Depressionen durch zu wenig Geschlechtshormone
Für die menschliche Stimmung spielen Geschlechtshormone eine bedeutende Rolle. Bei Männern können durch zu wenig Testosteron und bei Frauen durch zu wenig Östrogen Depressionen gefördert werden. Diesen Zusammenhang haben nun Wiener Forscher anhand von Transsexuellen genauer unter die Lupe genommen, berichtet „science.ORF.at“. Demnach ist das als „Glücksbotenstoff“ bekannte Serotonin, das im Gehirn unseren Gefühlshaushalt mitbestimmt, für diesen Zusammenhang wichtig.
Proteine sind Zielort von Antidepressiva
Ein Forscherteam um Rupert Lanzenberger von der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien) zeigte in einer aktuellen Studie, dass Testosteron die Anzahl von Serotonintransportern (SERT) im menschlichen Gehirn erhöht. Diese Proteine regeln den Angaben zufolge die Konzentration von Serotonin und sind auch der Zielort von Antidepressiva. Die Wissenschaftler veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Untersuchungen kürzlich in der Fachzeitschrift „Biological Psychiatry“.
Hormontherapie von Transsexuellen
Die Forscher wählten die Hormontherapie von Transsexuellen als Modell für die Untersuchung der Testosteronwirkung. „Transsexuelle sind Menschen, die das Gefühl haben, im falschen Körper zu leben und deshalb eine hoch dosierte gegengeschlechtliche Hormontherapie wünschen, um ihr Erscheinungsbild an das jeweils andere Geschlecht anzupassen“, meint Erstautor Georg Kranz in einer Mitteilung sehr konservativ. „Genetische Frauen erhalten Testosteron, genetische Männer Östradiol sowie Medikamente zur Unterdrückung von Testosteron.“
„Mehr Serotonin und damit mehr Glücksgefühle“
Die Wissenschaftler konnten mit Hilfe eines bildgebenden Verfahrens (PET) nachweisen, dass sich die Anzahl der SERTS bei „genetischen Frauen“, die Männer werden wollen, bereits nach vier Wochen Testosterontherapie deutlich erhöht. Ferner wurde ein enger Zusammenhang zwischen Testosteron im Blut und der Serotonintransporterdichte nachgewiesen. Bei „genetischen Männern“, die Frauen werden wollen, war es genau umgekehrt, wie „ science.ORF.at“ schreibt: Bei ihnen reduzierten sich die SERTS nach der Östradioltherapie. Die Wissenschaftler haben zwar in der Studie nicht direkt den Gehalt von Serotonin gemessen, doch der Schluss „mehr SERT, mehr Serotonin und damit mehr Glücksgefühle“, ist zulässig, wie Siegfried Kasper, Leiter der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien, gegenüber „science.ORF.at“ erklärte.
Testosteron als „Antidepressivum“
Somit sei klar, dass „genetische Männer“, die zu Frauen werden wollen, eine „biologisch ungünstigere Ausgangsposition“ haben. „Wenn sie im Zuge der Umwandlung depressive Episoden haben, sollten sie sich nicht scheuen, psychiatrische Hilfe in Anspruch zu nehmen“, sagt Kaspar. Entscheidend an der neuen Studie sei, dass weltweit erstmals bei Menschen gezeigt wurde, wie SERTs und Geschlechtshormone zusammenhängen. Dies könnte in der Praxis dazu führen, dass depressiven Männer Testosteron als „Antidepressivum“ empfohlen wird. „Die Studie hat gezeigt, dass Testosteron die möglichen Bindungsstellen für häufig verschriebene Antidepressiva im Gehirn erhöht, und erlaubt damit wesentliche Einblicke in die Wirkung von Geschlechtshormonen auf das menschliche Gehirn“, so Kaspar.
Viele Forscher interessieren sich für das männliche Sexualhormon
Für das männliche Sexualhormon haben sich schon zahlreiche Wissenschaftler interessiert. Testosteron wurde bereits in rund 85.000 Studien untersucht. So wurde beispielsweise in mehreren Untersuchungen gezeigt, dass ein niedriger Testosteronspiegel im Alter zu verschiedenen Symptomen wie unter anderem Erektionsstörungen, Müdigkeit, Depressionen und einer Abnahme der Knochendichte (Osteoporose) führen kann. Zudem gehen manche Mediziner davon aus, dass eine Therapie mit Testosteron möglicherweise das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöhen kann. (ad)
Bild: Jörg Brinckheger / pixelio.de
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