12 Millionen Euro Schadensersatz?: Babys vor 20 Jahren vertauscht
09.02.2015
Vor rund 20 Jahren wurden in Südfrankreich zwei Babys in einer Klinik vertauscht. In einem Prozess soll nun über Schadensersatzforderungen der Eltern entschieden werden. Sie fordern zwölf Millionen Euro. Die beiden jungen Frauen wollen den Angaben zufolge jedoch nicht zu ihren jeweiligen leiblichen Eltern zurückkehren.
Babys wurden zusammen in ein Bett gelegt
Zwei neugeborene Mädchen – Manon und Mathilde – verbindet zunächst nur, dass sie beide Tage nach der Geburt Gelbsucht bekommen und aus Platzgründen zusammen in ein Kinderbettchen gelegt werden. Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, wird erst Jahre später klar, dass sie damit auch ein sehr dramatisches Schicksal teilen: Eine Angestellte einer Geburtsstation in Cannes vertauscht die beiden Mädchen nach ihrer UV-Bestrahlung. Als dies Jahre später aufgeklärt wird, klagen die Eltern und verlangen zwölf Millionen Euro Schadensersatz. Darüber soll nun das Landgericht in Grasse nahe der Côte d’Azur entscheiden.
Mütter hatten in der Klinik Zweifel angemeldet
„Wenn es uns da passiert ist, dann kann es auch anderen passieren“, meint Sophie Serrano, eine der beiden Mütter. Während ihre biologische Tochter Mathilde nur 30 Kilometer entfernt aufwuchs, hat Frau Serrano Manon aufgezogen. Wie berichtet wird, hatten die beiden jungen Mütter bereits in der Klinik Zweifel angemeldet, als ihnen ihre angeblichen Kinder ausgehändigt wurden. Dies deshalb, da ein Elternpaar hellhäutig ist, das andere jedoch von der französischen Insel La Réunion im Indischen Ozean stammt. Warum sie das Kind akzeptiere, erklärte Serrano damit, dass sie jung und erschöpft von der Geburt gewesen sei: „Ich habe es am Ende geglaubt.“ Und auch die andere Frau fand sich damit ab.
Tochter mit anderem Teint als der Vater
Das die Vertauschung schließlich doch aufflog, hat mit dem Ehemann von Sophie Serrano zu tun, dem es nach zehn Jahren zu bunt geworden war. Wie es heißt, ließ er einen DNA-Test machen, da er einem süffisanten Spott ausgesetzt war, da seine Tochter doch einen sehr anderen Teint hat als er selbst. Dadurch wurde aufgedeckt, dass beide nicht die Eltern sind. Nach diesem Schock enthüllten Nachforschungen die Vertauschung. Im Laufe der Zeit wurde diese zu einer dicken Gerichtsakte, denn freiwillig will das Krankenhaus keine Entschädigung zahlen. Eine Anwältin der Klinik argumentiert: „Die Vertauschung geht auf eine Angestellte der Klinik zurück, die die Verhaltensregeln nicht eingehalten hat, weil sie an schwerer Depressionlitt und an chronischem Alkoholismus.“ Zudem wirft sie die Frage auf, warum die jungen Mütter das damals so hinnahmen.
Töchter wollen nicht zu leiblichen Eltern zurück
Beide Elternpaare – eines davon will anonym bleiben – leben in der Umgebung von Grasse. Wie es heißt, haben sie sich und ihre biologischen Töchter getroffen, jedoch ohne das ein „Rücktausch“ vereinbart worden sei. Die beiden jungen Frauen wollen ohnehin jeweils nicht zu ihren leiblichen Eltern zurück. Sie feiern im Juli ihren 21. Geburtstag und blicken offenbar lieber nach vorn als zurück. „Nach dem Prozess werde ich besser vorankommen“, so eine der beiden. Ihrer Aussage nach sei die Wiederbegegnung mit der leiblichen Mutter sehr verwirrend und seltsam gewesen: „Man trifft auf eine Frau, die einem unbekannt ist.“
Neugeborene erhalten Armband mit ihrem Namen
Der Fall klingt nach einem guten Drehbuchstoff. Doch den Film über vertauschte Babys gibt es bereits. „Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss“, heißt das Werk von Étienne Chatiliez von 1988, der eine 50 Jahre zurückliegende Vertauschung thematisiert. Auch in Russland passierte 2011 ein ähnlicher Fall. Eine Geburtsklinik wurde dort zur Zahlung von 140.000 Euro Schadensersatz verurteilt, da sie zwölf Jahre zuvor versehentlich zwei Babys verwechselt hatte. Allerdings muss bei solchen Fällen von Einzelfällen ausgegangen werden. In zahlreichen Ländern der Welt erhalten alle Kinder nach ihrer Geburt in der Klinik ein kleines Armband mit ihrem Namen um das Handgelenk, so dass Verwechselungen ausgeschlossen sein sollten. (ad)
Bild: mamiundpapi.de / pixelio.de
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