Genitalverstümmelung: 86 Millionen Mädchen droht Beschneidung
06.02.2015
Anlässlich des internationalen Tags gegen weibliche Genitalverstümmelung fordern Politiker und Menschenrechtsorganisation den sofortigen Stopp der Beschneidung von Frauen und Mädchen. Noch immer wird dieses grausame und barbarische Ritual, unter dem Frauen häufig ihr Leben lang leiden, in vielen Ländern Afrikas, im Mittleren Osten und in Südostasien praktiziert. Allein in Somalia sind Angaben des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen zufolge 98 Prozent der Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren beschnitten. In den kommenden 15 Jahren werden weltweit bis zu 86 Millionen Mädchen an ihren Genitalien verstümmelt. Das ergaben Schätzungen der Vereinten Nationen.
Weibliche Genitalverstümmelung wird trotz Verbot weithin praktiziert
140 Millionen Mädchen müssen derzeit mit den Folgen des Eingriffs leben, der meist ohne Narkose und mit einfachsten Hilfsmitteln wie Glasscherben oder Rasierklingen durchgeführt wird, wie die Stiftung Weltbevölkerung mit Sitz in Hannover informiert. Bei der weiblichen Beschneidung werden die äußeren Geschlechtsorgane teilweise oder vollständig entfernt. Zum Teil wird die Vagina vernäht und nur eine kleine Öffnung belassen. Viele Frauen sterben an dem Eingriff durch Komplikationen wie Blutungen und Infektionen. Selbst Ärzte führen das grausame Ritual in den betroffenen Ländern durch. Dann sind zwar in der Regel die hygienischen Bedingungen während des Eingriffs besser, die Frauen leiden dennoch häufig ein Leben lang unter den psychischen und gesundheitlichen Folgen.
Zwar wurde seit 1997 in 24 afrikanischen Ländern Genitalverstümmelung per Gesetz verboten, jedoch wird die Bescheidung von Frauen und Mädchen weiterhin praktiziert, da die Frauen gesellschaftlich nicht gleichberechtigt sind, meist kein eigenes Einkommen haben und deshalb von ihren Männern abhängig sind. Sie sind nicht in der Lage, sich und ihre Töchter vor dem grausamen Eingriff zu schützen.
Allein in Somalia sind 98 Prozent aller Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren beschnitten, in Guinea 96 Prozent, in Ägypten 91 Prozent, in Mali 89 Prozent, im Sudan 88 Prozent, in Äthiopien 74 Prozent, in Liberia 66 Prozent und Kenia und Nigeria sind es jeweils 27 Prozent, so Angaben des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen.
Barbarische Genitalverstümmelung von Mädchen wird auch in Deutschland praktiziert
Selbst in Europa wird die weibliche Genitalverstümmelung infolge der Migration praktiziert. Nach Schätzungen von Terre des Femmes sollen in Deutschland etwa 25.000 Frauen betroffen und rund 2.500 Mädchen gefährdet sein, obwohl die Beschneidung von Frauen und Mädchen seit September 2013 als Straftat angesehen wird und mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet wird.
„Es wird höchste Zeit, diese grausame Praktik zu beenden und Mädchen und Frauen besser davor zu schützen“, so Renate Bähr, Geschäftsführerin der Stiftung Weltbevölkerung. „Seit 1997 haben zwar 24 afrikanische Länder Genitalverstümmelung per Gesetz verboten, doch die Bestimmungen allein reichen nicht aus, um die tief verwurzelte Tradition zu ändern. Nur wenn Menschen davon überzeugt werden, dass die Genitalverstümmelung Mädchen schadet und durch andere Rituale ersetzt werden kann, lässt sich das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit von Millionen Mädchen schützen. Dazu müssen sich die Regierungen in den betroffenen Ländern deutlich mehr engagieren. Die internationalen Gemeinschaft sollte sie dabei unterstützen.“
Auch der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Christoph Strässer, verurteilt die weibliche Beschneidung auf das Schärfste. Anlässlich des internationalen Tags gegen weibliche Genitalverstümmelung erklärt er: „Keine Tradition und keine Kultur kann diese Praxis rechtfertigen. Und es kann kein Bestandteil einer Kultur sein, ihre Töchter zu misshandeln. Deshalb sage ich denen, die es weiterhin tun: Lasst es sein! Und ich sage den Staaten, die es weiterhin tolerieren: Unterbindet es!“ Seine Anerkennung gelte denen, die sich unermüdlich „für den gesellschaftlichen Wandel gegen die Verstümmelung einsetzen“. (ag)
Bild: Ulla Trampert / pixelio.de
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