Verspäteter Schuleintritt führt zu schlechteren schulischen Leistungen
19.02.2015
Eine verspätete Einschulung kann negative Effekte auf die späteren schulischen Leistungen entfalten, so das Ergebnis der aktuellen Studie eines deutsch-britischen Forscherteams. Wie die Wissenschaftler um die Entwicklungspsychologin Julia Jäkel von der Ruhr-Universität Bochum in dem Fachmagazin „Journal of Developmental Medicine and Child Neurology“ (DMCN) berichten, waren entgegen bisheriger Annahmen keine Vorteile mit einer Rückstellung von der Einschulung verbunden. Tatsächlich zeigten die Betroffenen schlechtere schulische Leistungen im Vergleich zu altersgemäß eingeschulten Kindern.
Verschiedenen Untersuchungen haben Hinweise auf Vorteile durch einen späteren Schuleintritt von Kindern mit Entwicklungsverzögerungen ergeben, doch waren diese Studien nicht schlüssig, berichten die Wissenschaftler im DMCN. In der aktuellen Studie seien daher die Auswirkungen des verspäteten Schuleintritts auf die akademischen Leistungen und die Aufmerksamkeit der Kinder untersucht worden. Das Ergebnis ist als Warnsignal an Eltern und Lehrer zu verstehen, denn die schulischen Leistungen fielen bei verspäteter Einschulung deutlich schlechter aus.
Rückstellung von der Einschulung bei Entwicklungsverzögerungen
Werden in der verpflichtenden Einschulungsuntersuchung Entwicklungsverzögerungen festgestellt, dürfen die Kinder häufig erst ein Jahr später mit der Schule anfangen.Nicht zuletzt, weil hierdurch eine Verbesserung der schulischen Leistungsfähigkeit erwartet wird. Doch die neue Studie legt nun nahe, dass daraus keine besseren Schulleistungen resultieren, so die Mitteilung der Ruhr-Universität Bochum. Gemeinsam mit Professor Dieter Wolke von der University of Warwick und weiteren britischen Kollegen hat Julia Jäkel die Leistungen von verspätet und altersgemäß eingeschulten Kindern untersucht.
Auswirkungen einer verspäteten Einschulung auf die Schulleistungen
Für ihre Untersuchung nutzten die Forscher die Daten von 999 Kindern (darunter 472 Frühgeborene) aus der Bayerischen Längsschnittstudie. In Bayern mussten Kinder "drei bis zwölf Monate vor dem altersgemäßen Schuleintrittsdatum durch einen Kinderarzt testen lassen, ob sie schultauglich sind", berichtet die Ruhr-Universität Bochum. Der Kinderarzt habe anschließend eine Empfehlung ausgesprochen, ob die Einschulung im aktuellen oder nächsten Jahr erfolgen sollte. Die Wissenschaftler überprüften nun, welche Auswirkungen die Rückstellung von der Einschulung auf die Schulleistungen hat. Sie verglichen die Leistungen von verspätet und altersgemäß eingeschulten Kindern. Zwar bewerteten die Lehrer die Leistungen der Kinder in beiden Gruppen am Ende des ersten Schuljahres noch gleich, doch bei den „Leistungen der beiden Gruppen im Alter von acht Jahren, standen die altersgemäß eingeschulten Kinder im Durchschnitt besser dar“, so die Mitteilung der Ruhr-Universität Bochum. Ermittelt wurde die Leistung anhand standardisierter Tests in Lesen, Schreiben, Mathe und Aufmerksamkeit.
Weitere Aspekte zu berücksichtigen
Das fehlende Jahr Lernerfahrung bringt "durchschnittlich schlechteren Leistungen in standardisierten Tests im Alter von acht Jahren mit sich", betont die Entwicklungspsychologin Julia Jäkel. Nun seien "weitere Studien zur Untersuchung der Langzeiteffekte verspäteter Einschulungen" erforderlich. „Unsere Ergebnisse sollten Eltern und Lehrern zu denken geben“, so Jäkel. Oftmals würden sich Eltern relativ junger Kinder bewusst für eine spätere Einschulung entscheiden, berichtet in diesem Zusammenhang die Nachrichtenagentur „dpa“. Vor allem frühgeborene Kinder, die noch nicht so robust erscheinen, würden daher häufig verspätet eingeschult. Dabei sind die schulischen Leistungen jedoch oft nur von zweitrangiger Bedeutung. Hier hätte die aktuelle Studie daher auch soziale und emotionale Komponenten erfassen müssen, erläuterte der Düsseldorfer Bildungsforscher Professor Heiner Barz gegenüber der „dpa“. Der Test sei demnach zu eng gefasst. Ebenfalls wichtig sei die Frage, ob sich die Kinder in der Schule wohlfühlen oder ob die Eltern Druck ausüben. „Vielleicht ist es für die Kinder auch noch wichtig, ein Jahr spielen zu können“, zitiert die „dpa“ den Düsseldorfer Bildungsforscher. (fp)
Bild: Günter Havlena / pixelio.de
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