Resilienz: Warum manche Menschen Stress besser wegstecken als andere
Dauerhafter Stress am Arbeitsplatz kann krank machen. Die dauerhafte Belastung im Job führt zu immer mehr Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankungen. Doch warum werden manche Mitarbeiter krank, während andere Kollegen die Belastungen offenbar viel besser wegstecken? Das versucht das Deutsche Resilienz-Zentrum (DRZ) in Mainz herauszufinden.
Warum macht Stress manche krank, andere nicht?
Die Zahl der Fehltage wegen Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen steigt von Jahr zu Jahr. Die Ursache dafür wird unter anderem in der zunehmenden Arbeitsbelastung gesehen. Doch der Stress, dem Mitarbeiter ausgesetzt sind, ist für die einzelnen Kollegen häufig gleich. Trotzdem erkrankt der eine, der andere jedoch nicht. Warum ist das so?
Ressourcen um mit Belastungen umzugehen
Dieser Frage geht man am Deutschen Resilienz-Zentrum (DRZ) in Mainz nach, dem – nach eigenen Angaben – einzigen Forschungszentrum in Deutschland zur seelischen Widerstandskraft gegen Stress. „Wir gehen davon aus, dass Menschen und Gemeinschaften über vielfache Ressourcen verfügen, mit Stress und Belastungen umzugehen. Die Wirkung solcher Schutz- und Selbstheilungskräfte äußert sich im besten Fall in dem Phänomen der Resilienz“, schreiben die Experten auf ihrer Webseite.
Faktoren zur Förderung von Resilienz
„Resilienz besteht, wenn Individuen trotz großer mentaler oder körperlicher Belastungen nicht oder nur vorübergehend erkranken. Eine Fokussierung auf Mechanismen, die der Resilienz zugrunde liegen, sowie deren gezielte Förderung verspricht wichtige Impulse für die psychiatrische Forschung und eröffnet neue Chancen für Betroffene.“ Es wurden bereits etliche Faktoren zur Förderung von Resilienz identifiziert. Zu nennen sind hier unter anderem Charaktereigenschaften, kognitive Fähigkeiten oder auch soziale Unterstützung.
Wie der Körper Stress verarbeitet
Der Biochemiker Professor Beat Lutz vom Institut für Physiologische Chemie an der Universitätsmedizin Mainz, war an der Gründung des DRZ beteiligt. Der Wissenschaftler beschäftigt sich schon seit Jahren mit den inhärenten Abläufen im Gehirn, etwa dem Funktionieren des Gedächtnisses und der Frage wie der Körper Stress verarbeitet.
Positiv denken
In einer Mitteilung der Nachrichtenagentur dpa erklärte Lutz: „Wir wollen ein Framework entwickeln, welches nicht eine Liste von Resilienzfaktoren beschreibt, sondern ein System in die Forschung bringt, in dem generell wirksame Resilienzmechanismen beschrieben werden sollen.“ Seiner Meinung nach ist Positiv zu denken wahrscheinlich einer der Faktoren, der verhindert, dass Menschen bei Stress vulnerabel, also verletzlich reagieren. So lautet der Gegenbegriff zu resilient, wo psychische und neurologische Schutzmechanismen gegen Stress aktiv werden.
Botenstoffe die wie Haschisch wirken
Der 55-jährige Experte forscht seit Jahren über Endocannabinoide, körpereigene Botenstoffe, die ähnlich wie Haschisch wirken und im Gehirn Schutzmechanismen aktivieren können – etwa indem sie Reaktionen dämpfen und so eine Balance zwischen unterschiedlichen Erregungszuständen herbeiführen. Auf diese Weise können sie auch ein Faktor für die Resilienz sein. „Prävention statt Therapie ist unser Anliegen“, so Lutz. „Wir wollen Probleme erkennen, bevor sie zum Ausbruch kommen.“
Es wäre angesichts der hohen Kosten von stressbedingten Erkrankungen wie Burnout-Syndrom, Angstzuständen und Depressionen auch volkswirtschaftlich sinnvoll, rechtzeitig vorzubeugen. „Resilienz ist nicht in die Wiege gelegt“, erläuterte Lutz. „Das ist ein dynamischer Prozess, das kann man lernen.“
Kann man Resilienz erlernen?
Das meint auch der Sozialwissenschaftler Andreas Marschel von der Unternehmer Akademie. In einem Gespräch mit „Heilpraxisnet.de“ über das Thema Krisenbewältigung am Arbeitsplatz, sagte er auf die Frage, ob man Resilienz erlernen kann: „Ja, in der Tat ist es möglich, menschliches Verhalten, Grundlagen der Kommunikation, eine innere Haltung und systemisches Denken zu erlernen.“
Stresserfahrungen im realen Leben
Forscher nähern sich dem Geheimnis der Resilienz auf ganz verschiedenen Wegen. So werden in einer jetzt beginnenden Langzeitstudie rund 1.200 Menschen über mindestens vier Jahre hinweg begleitet, um ihre Stresserfahrungen im realen Leben zu erfassen und zusammen mit psychologischen und neurologischen Faktoren zu analysieren. „Das ist weltweit ein Novum“, meinte Lutz zu diesem Forschungsprojekt.
„Den Blick für die eigenen Stärken schärfen“
Laut dpa gehören auch Tierversuche zum Instrumentarium der Forscher – etwa mit einem Zebrafisch, der simulierten Vogelangriffen ausgesetzt wird, oder einer Maus, die mit Angriffen einer stärkeren Maus gestresst wird. Es kann dabei untersucht werden, ob einzelne Gene, neuronale Netzwerke oder bestimmte Neurotransmittersysteme als Überträger von Informationen Resilienz unterstützen.
Im neuen Schuljahr wird die Erforschung von Resilienz auch Thema für zwei Gymnasien in Bad Dürkheim und Nieder-Olm sein. Wie Sandra Volz, Lehrerin am Werner-Heisenberg-Gymnasium in Bad Dürkheim, erklärte, könnten die Schülerinnen und Schüler so mit wissenschaftlichem Arbeiten vertraut werden. Es sei aber kein erklärtes Ziel des Projekts, die eigene Resilienz zu stärken. „Sehr wohl kann aber ein Einblick in diese Thematik zu einer Beschäftigung mit der eigenen Person führen und den Blick für die eigenen Stärken schärfen.“
Entspannungsübungen zum Stressabbau
Resilienz muss sich etwa im Arbeitsleben bewähren, „wenn ein Chef die Untergebenen sehr traktiert und großen Stress macht“, erläuterte Lutz. „Dann haben wir dieselbe Situation wie bei den Mäusen – es ist klar, dass man dann einen solchen Chef meidet und nichts mit ihm zu tun haben will.“ Häufig kann auch gezielte Entspannung helfen, um mit dem Stress im Job
(„https://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/selbst-aktiv-werden-so-laesst-sich-stress-im-job-beheben-2016061769288“) besser zurecht zu kommen. Gesundheitsexperten raten in diesem Zusammenhang häufig zu Methoden wie Yoga oder progressiver Muskelentspannung, die zum Stressabbau beitragen können. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.