Vergiftungsgefahr in der Pilzsaison: Nicht alle Pilze sind genießbar
Zwar gelten September und Oktober in Deutschland als Hauptsaison für Pilze, doch manche Arten sind schon deutlich früher zu finden. Viele Bundesbürger zieht es daher auf Wiesen und in Wälder, um dort schmackhafte Pilze zu sammeln. Experten mahnen hier zur Vorsicht: Verwechslungen führen immer wieder zu Pilzvergiftungen. Teilweise mit tödlichem Ausgang.
Viele Pilzarten können der Gesundheit schaden
Aufgrund der Witterung könnten Deutschlands Wälder dieses Jahr ein regelrechtes Paradies für Pilzsammler werden. Viele Bundesbürger lieben es, durch Wiesen und Wälder zu streifen und leckere Pilze mit nach Hause zu bringen. Mindestens 2.000 verschiedene Arten können unterschieden werden. Allein in Bayern gibt es rund 100 Arten, die der Gesundheit schaden können, warnte Gesundheitsministerin Melanie Huml im vergangenen Jahr.
Das Universitätsklinikum Freiburg berichtet nun in einer Pressemitteilung, dass keiner genau weiß, wie viele der über 600 Arten, die im Schwarzwald um Freiburg vertreten sind, tatsächlich essbar sind. Das vorhandene Wissen rührt vor allem von Vergiftungsfällen her.
Verwechslungsgefahr mit Giftpilzen
Zahlreiche Giftpilze sehen essbaren Pilzen zum Verwechseln ähnlich. Die meisten Pilzarten sind für den Laien nicht zu unterscheiden. „Daher reicht es nicht aus, mit dem Pilzbuch in den Wald zu gehen“, meinte Dr. Uwe Stedtler, stellvertretender Leiter der Vergiftungs-Informations-Zentrale am Universitätsklinikum Freiburg, „weil das Aussehen der Pilze sehr unterschiedlich sein kann, wenn man nicht genau weiß, auf welche Kennzeichen man achten muss.“
Jedes Jahr mehrere Tote
Allein in Baden-Württemberg sterben pro Jahr zwei bis drei Menschen an Pilzvergiftungen. Sammler sollten sich in Zweifelsfällen bei Pilzausbildern oder Sachverständigen erkundigen und die Finger von den unbekannten Pilzen lassen. Um ganz sicher zu gehen, kann man auch auf selbst gezüchtete Pilze aus dem eigenen Garten zurückgreifen. Zwar ist dies hierzulande noch nicht besonders verbreitet, doch verschiedene Speisepilze lassen sich durchaus im heimischen Garten kultivieren.
Tödliche Vergiftungen durch Knollenblätterpilze
Wie es in der Mitteilung heißt, ist der Knollenblätterpilz, der von August bis Oktober wächst, einer der giftigsten Pilze Europas. Fast 95 Prozent aller tödlich endenden Pilzvergiftungen gehen demnach auf diesen Pilz zurück. Schon kleine Mengen sind lebensgefährlich. „Besonders gefährdet sind Mitbürgerinnen und Mitbürger, die aus anderen Ländern, insbesondere aus dem östlichen Europa, nach Deutschland gezogen sind, da Pilze aus der alten Heimat dem hiesigen Knollenblätterpilz zu ähneln scheinen“, erläuterte Dr. Stedtler.
Dies zeigt auch ein Fall aus Münster. Im vergangenen Herbst starb dort ein 16-jähriger Flüchtling aus Syrien, der versehentlich Knollenblätterpilze verzehrt hatte.
Schuld an einer Vergiftung ist meistens Amatoxin, ein giftiger Eiweißstoff, der in manchen Pilzen vorhanden ist. Dieser lässt sich weder durch Kochen noch durch Trocknen unwirksam machen.
Vergiftungsanzeichen können auch noch nach Tagen auftreten
Pilzvergiftungen können unter anderem Magen-Darm-Beschwerden auslösen, aber auch zu Leber- und Nierenversagen führen. Bei Kindern verläuft eine Pilzvergiftung häufig schwerer als bei Erwachsenen. Allerdings gibt es kaum eindeutige Vergiftungssymptome. Laut den Experten können leichte Pilzvergiftungen, die nicht lebensgefährlich sind, schon zwischen 15 Minuten und vier Stunden nach dem Pilzessen auftreten und mehrere Tage anhalten.
Bei einer schweren und lebensbedrohenden Vergiftung können die ersten Anzeichen jedoch Tage auf sich warten lassen. „Oft werden die Beschwerden wie Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen oder Halluzinationen und Harnbluten dann gar nicht mehr mit dem Pilzkonsum in Verbindung gebracht“, so Dr. Stedtler.
Bei Anzeichen einer Vergiftung schnell zum Arzt
Sind erste Anzeichen einer Vergiftung zu erkennen, sollte man schnellst möglich zum Arzt oder ins Krankenhaus fahren. Falls noch Reste der Pilze übrig sind, sollte man diese zur Identifizeirung mitnehmen. „Die Bestimmung ist wichtig, um die Giftigkeit einzuschätzen. Und je präziser der Pilz beschrieben werden kann, desto genauer kann die erforderliche Behandlung dann sein“, sagte Dr. Uwe Stedtler. Wenn eine Vergiftung rechtzeitig behandelt wird, können die meisten Fälle ohne bleibende Schäden ausheilen.
Tipps für den Notfall
Besteht der Verdacht auf eine Pilzvergiftung, kann man sich auch an den Giftnotruf des betreffenden Bundeslandes wenden. In der Mitteilung der Hochschule werden allgemeine Tipps für den Notfall gegeben: Es gilt, Ruhe zu bewahren und keine übereilten Maßnahmen durchzuführen. So sollte Betroffenen beispielsweise kein Salzwasser und keine Milch gegeben und kein Erbrechen bei ihnen ausgelöst werden.
Bei schweren Symptomen wie Bewusstlosigkeit und Atemnot sind ABC-Maßnahmen anzuwenden. Notarzt unter 112 oder 110 verständigen. Anruf bei einer Gift-Informations-Zentrale. Dafür hat man am besten alle benötigten Informationen über den Betroffenen parat. Dem Vergiftungsopfer einige Schlucke zu trinken geben (Wasser, Tee oder Saft, aber keine Milch). (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.