Erkrankungsrisiko bei zahlreichen Krebsarten durch Übergewicht erhöht
Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation hat in einer aktuellen Untersuchung zur Aktualisierung des „Handbuchs der Krebsprävention“ festgestellt, dass Übergewicht bei deutlich mehr Krebsformen als bislang angenommen das Erkrankungsrisiko erhöht. Für acht weitere Krebserkrankungen wurde ein Zusammenhang mit dem Übergewicht bestätigt, so die Mitteilung der IARC.
Den aktuellen Ergebnisse einer Arbeitsgruppe des IARC zufolge ist Übergewicht ein Risikofaktor für mehr Krebsarten als bisher angenommen. Bereits bekannt war, dass Übergewicht mit einem erhöhten Risiko für Dickdarm-, Mastdarm-, Speiseröhren- (Adenokarzinom), Nieren-, Brust- und Gebärmutterkrebs einhergeht, berichtet die IARC. Nun konnte für acht weitere Krebsarten ein Zusammenhang zwischen dem Erkrankungsrisiko und bestehendem Übergewicht nachgewiesen werden.
Mehr als 1.000 Studien ausgewertet
Die IARC-Arbeitsgruppe aus 21 unabhängigen internationalen Experten, an der auch Professor Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) beteiligt war, hat eine systematische Überprüfung der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur vorgenommen und die Ergebnisse in dem „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. Mehr als 1.000 Studien, einschließlich Interventionsstudien, Kohorten- und Fall-Kontroll-Studien, Studien an Versuchstieren und Studien zum Mechanismen der Verknüpfung zwischen überschüssigem Körperfett und Krebs, haben die Forscher ausgewertet. Sie konnten in ihrer Untersuchung die bereits bekannten Erhöhungen des Krebsrisikos bei den genanten Krebsarten bestätigen. Zudem stellten sie einen Zusammenhang mit Krebserkrankungen der Cardia (Übergang zwischen Magen und Speiseröhre), der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse und der Schilddrüse fest. Darüber hinaus war auch das Risiko für ein Meningiom (Hirntumore), ein multiples Myelom (Krebs im blutbildenden System) und Eierstockkrebs erhöht.
Normalgewicht halten, um Krebs zu vermeiden
Insgesamt zeigen Normalgewichtige ein deutlich geringeres Krebsrisiko als Übergewichtige und die aktuelle Bewertung spricht eindeutig dafür, möglichst ein normales Körpergewicht zu halten, um das Risiko von verschiedenen Krebsarten zu reduzieren, so Dr. Béatrice Lauby-Secretan, Hauptautorin der aktuellen Bewertung. „Die neuen Beweise zeigen, wie wichtig es ist, effektive Wege auf der individuellen und gesellschaftlichen Ebene zur Verbesserung der Ernährung und körperlicher Aktivitätsmuster zu finden, wenn die Belastung durch Krebs und andere nichtübertragbaren Krankheiten in Angriff genommen werden soll“, ergänzt der IARC-Direktor Dr. Christopher Wild.
Fünf Prozent aller Krebserkrankungen auf Übergewicht zurückzuführen
„Insgesamt weisen die Daten der von uns ausgewerteten Studien auf einen Zusammenhang von Dosis und Wirkung: Je stärker ausgeprägt die Fettleibigkeit ist, desto höher das Krebsrisiko“, berichtet Professor Kaaks in einer Pressemitteilung des DKFZ. Übergewicht habe in den wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern schätzungsweise einen Anteil von fünf Prozent an dem Erkrankungsrisiko aller Krebsarten. Dies wären allein in Deutschland geschätzte 25.000 Fälle. Bei einzelnen Krebserkrankungen wie bei Gebärmutter- und Nierenkrebs oder bei Adenokarzinomen der Speiseröhre seien fast die Hälfte aller Fälle durch Adipositas bedingt. „Und die Zahl der betroffenen Menschen wird weiter steigen, denn weltweit legen die Menschen immer noch an Gewicht zu“, so Kaaks.
Ursachen für den Zusammenhang nicht endgültig geklärt
In Bezug auf mögliche biologische Ursachen für den Zusammenhang zwischen Übergewicht und Krebs erläutert Professor Kaaks, dass die deutlichsten Hinweise für Sexualhormone und für Entzündungsbotenstoffe, die vom Fettgewebe produziert werden, vorliegen. „Dass Entzündungen ein Krebsbeschleuniger sind, weiß man heute sehr gut. Sexualhormone wirken auf viele Zellen als Wachstumsfaktoren, die das Krebswachstum antreiben“, so Kaaks. Bei Übergewichtigen seien darüber hinaus erhöhte Mengen des Wachstumsfaktors IGF („Insulin like growth factor”), feststellbar, der ebenfalls das Zellwachstum antreibt. Abschließend geklärt sind die biologischen Grundlagen des Zusammenhangs bislang allerdings nicht. (fp)
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