Darf man vor dem Schwimmen wirklich nichts essen?
Für viele Menschen gibt es bei sommerlichen Temperaturen nichts schöneres, als ihre freie Zeit im Freibad oder am See zu verbringen. Vor allem Kinder lieben die Abkühlung im kalten Nass. Eltern lassen sie dann aber oft erstmal nicht ins Wasser. Denn wenn man etwas gegessen hat, kann Schwimmen gefährlich werden, heißt es. Stimmt das aber wirklich?
Darf man nach dem Essen nicht gleich ins Wasser?
Kinder, die im Sommer oft nichts lieber tun, als in den Pool oder den See zu springen, bekommen von ihren Eltern oft zu hören: „Warte, du hast doch gerade erst etwas gegessen.“ Auch in den Baderegeln der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) heißt es: „Gehe niemals mit vollem oder ganz leerem Magen ins Wasser.“ Müssen die Kleinen aber wirklich warten, wenn sie sich gerade Pommes oder ein Eis gegönnt haben?
Nur wenig wissenschaftliche Untersuchungen
Zwar gab es vor einigen Jahrzehnten Untersuchungen, die sich mit der Frage der möglichen Gefahren des Schwimmens nach dem Essen beschäftigten, doch teilweise waren dabei nur ein Dutzend Probanden beteiligt, so dass die Schlussfolgerungen wissenschaftlichen Standards nicht genügen dürften. Das Amerikanische Rote Kreuz konnte in einer umfassenden wissenschaftlichen Überprüfung keinen einzigen Fall finden, bei dem jemand wegen seiner Mahlzeit vor dem Schwimmen ertrank.
Verschlechterte Durchblutung
Warum wird dann aber davor gewarnt, vor dem Baden etwas zu essen? „Früher hieß es, dass Schwimmen nach dem Essen zu Magenkrämpfen führen kann. Dies ist jedoch nicht richtig. Dennoch sollten Kinder nicht mit vollem Magen ins Wasser, denn ein großer Teil des Blutes befindet sich dann im Verdauungstrakt, so dass sich die Durchblutung des Gehirns und des restlichen Körpers verschlechtert“, schreibt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in einer älteren Meldung auf seiner Webseite „kinderaerzte-im-netz.de“.
Magen fühlt sich voller an
Doch das sehen nicht alle Experten so. Wie „Spiegel Online“ berichtet, erklärte Martin Halle, Leitender Ärztlicher Direktor des Zentrums für Prävention und Sportmedizin der TU München: „Der Körper hat genug Blut, um alles zu versorgen.“ Er meinte: „Das einzige Problem ist, dass Schwimmen nach dem Essen weniger Spaß macht.“ Aufgrund des Wasserdrucks fühle es sich so an, als ob der Magen noch voller sei als ohnehin schon. „Erst wenn die Speisen in den Darm gerutscht sind, ist das kein Problem mehr.“
Nicht unbedingt gesundheitsschädlich
Bernd Wolfarth, Leiter der Abteilung für Sportmedizin der Charité Berlin, äußerte sich im vergangenen Jahr in einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa ähnlich. „Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Magenkrämpfen und Schwimmen“, so der Experte. Wer nach einer Portion Pommes ins Wasser geht, muss demnach „keine medizinischen Konsequenzen fürchten“.
Wolfarth gab aber zu bedenken, dass „der Körper nach einer Mahlzeit doppelt belastet wird“. Er ist mit der Verdauung der Nahrung beschäftigt und muss sich gleichzeitig über Wasser halten. „Dann kann es natürlich sein, dass man sich müde und träge fühlt.“ Doch das unangenehme Gefühl ist nicht unbedingt gesundheitsschädlich.
Eis ist besser als Gemüse
Der Essensbrei braucht normalerweise zwischen einer halben Stunde und einer Stunde, bis er den Magen passiert hat. „Wie schnell das geht, hängt aber sehr von den Speisen ab“, erläuterte Halle. Zum Beispiel dauert es bei Ballaststoffen etwas länger. „Je höher ihr Anteil in einem Lebensmittel ist, desto länger braucht die Magensäure, um das Essen zu zersetzen“, so der Mediziner.
Halle gibt daher den eher ungewöhnlichen Rat: „Lieber kein Fleisch und kein Gemüse“. Früchte oder Eiscreme seien besser. „Auch Pommes haben wenig Struktur, sind aber fettig. Das bremst die Verdauung.“
Bei leerem Magen droht Unterzuckerung
Obwohl aktuellere Informationen also darauf hindeuten, dass Essen vor dem Schwimmen keine wirklich Gesundheitsgefahr darstellt, hält die DLRG in ihren Baderegeln an der Essenswarnung fest. Warum?
„Medizinisch und wissenschaftlich gibt es dafür keine Begründung“, sagte Achim Wiese, Pressesprecher der DLRG, laut „Spiegel Online“. „Wir wissen aber, dass gerade Kinder beim Spielen häufig Wasser schlucken.“ In Kombination mit einem vollen Magen könne dies dazu führen, dass ihnen übel werde und sie sich übergeben. „Dann kann es vielleicht etwas gefährlich werden“, so Wiese. „Das ist aber der einzige Grund, warum wir das in unseren Regeln gelassen haben“.
Der Pressesprecher betonte allerdings, dass Kinder nie mit ganz leerem Magen ins Wasser gehen sollten. „Sonst droht eine Unterzuckerung.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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