Gel könnte die Behandlung von Mittelohr-Entzündungen erheblich erleichtern
Eine bakterielle Infektion im Ohr ist äußerst unangenehm und schmerzhaft. Gerade Kinder sind häufig von diesem Problem betroffen. Forscher fanden jetzt heraus, dass bereits eine einzige Anwendung eines Antibiotika-Gels zur Behandlung der Erkrankung ausreicht. Dies könnte die Behandlung von Mittelohr-Infektionen und ähnlichen Erkrankungen revolutionieren.
Die Wissenschaftler des Boston Children’s Hospital stellten jetzt bei einer Untersuchung fest, dass ein Gel mit Antibiotikum einen einfachen Weg zur Behandlung von bakteriellen Infektionen der Ohren darstellt. Die neue experimentelle Therapie wurde bisher zwar nur bei Chinchillas getestet, zeigte bei den Tieren aber eine 100-prozentige Wahrscheinlichkeit, die Infektion zu heilen. Die Mediziner veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in der Fachzeitschrift „Science Translational Medicine“.
Mittelohr-Entzündung bei Kindern weit verbreitet
Die neue Therapie wirkt bei Chinchillas absolut zuverlässig. Wie effektiv die Behandlung bei Kindern funktioniert, ist bisher aber noch nicht bekannt, erläutern die Autoren. Eine Mittelohrentzündung (Otitis media) ist bei Kindern ein extrem weitverbreitetes Problem. Eltern haben zudem oft Schwierigkeiten, ihre Kinder dazu zu motivieren, Medizin gegen die Infektion einzunehmen.
Antibiotika-Kur bei Kindern mit Mittelohr-Entzündung ist problematisch
Neben der medikamentösen Behandlung gibt es natürlich auch einige Hausmittel gegen eine Mittelohrentzündung. Die normale Behandlung der Otitis media ist allerdings bis heute eine zehntägige Antibiotika-Kur, erklären die Experten. Während dieser Zeit müssen erkrankte Kinder dreimal am Tag Antibiotika einnehmen. Eltern haben häufig Probleme, ihre Kinder zur regelmäßigen Einnahme der Medizin zu bringen, erläutert der leitende Forscher Dr. Daniel Kohane vom Boston Children’s Hospital.
Antibiotika-Kur muss dringend bis zum Ende fortgeführt werden
Wenn bei Kindern keine vollständige orale Antibiotika-Therapie durchgeführt wird, erhöht sich dadurch das Risiko einer bakteriellen Resistenz. Aus diesem Grund ist es wichtig, alle Bakterien bei der Therapie abzutöten, sagt Dr. Kohane.
In die Ohren eingeführte Tropfen werden meist durch das Trommelfell blockiert
Eine Behandlung der Otitis media durch Ohrentropfen zu ermöglichen, ist ein langersehntes Ziel der Forschung, erklären die Mediziner. Aber in der Regel werden in die Ohren eingeführte Medikamente durch das Trommelfell blockiert. Aus diesem Grund erreicht die Medizin nie die Bakterien im Mittelohr.
Fette helfen dem Antibiotikum das Trommelfell zu durchdringen
Das neue Gel enthält spezielle Fette, welche dem Antibiotikum helfen das Trommelfell zu passieren. Dabei wird das Antibiotikum langsam über den Zeitraum einer Woche freigesetzt, erklären die Wissenschaftler. Das neue Gel enthält das Antibiotikum Ciprofloxacin.
Antibiotika-Gel heilt alle Testtiere schnell und zuverlässig
Die getesteten Chinchillas hatten oft eine Infektion durch sogenannte Haemophilus influenzae-Bakterien. Diese Infektion ist eine häufige Ursache für die Entstehung der Otitis media, erklärt Dr. Kohane. Durch das neue Gel konnte die Infektion bei allen zehn Chinchillas geheilt werden. Eine Standard-Behandlung durch Antibiotika-Ohrentropfen konnte nur fünf von acht Chinchillas innerhalb von sieben Tagen heilen.
Medikament ist nicht im Blutkreislauf festzustellen
Das neue Gel liefert das Medikament direkt in das Mittelohr. Das Arzneimittel war nicht im Blutkreislauf der Tiere festzustellen, sagen die Forscher. Das deutet darauf hin, dass die Behandlung nicht den gesamten Körper betrifft. Dadurch könnten den Kindern die negativen Nebenwirkungen von Antibiotika erspart bleiben. Zu diesen gehören beispielsweise Durchfall und Ausschläge, erklärt Dr. Kohane. Die systemische Ganzkörper-Exposition gegenüber Ciprofloxacin sollte bei Kindern vermieden werden. Die Anwendung bei Kindern kann ansonsten zu möglichen Schäden an Knochen und Muskeln führen, erläutern die Experten.
Nach drei Wochen ist das Gel nicht mehr im Körper festzustellen
Innerhalb von drei Wochen war das Gel wieder aus dem Körper der Tiere verschwunden. Die Trommelfelle der Chinchillas erschienen wieder ganz normal. Weil das Ohr von Chinchillas wie ein menschliches Ohr aufgebaut ist, lässt sich durchaus erwarten, dass das Medikament auch bei Menschen funktioniert, erläutert Dr. Kohane.
Weitere Forschung ist nötig
Allerdings ist es noch ein langer Weg, bevor die Behandlung bei Säuglingen und Kindern eingesetzt werden kann. Eine Reihe von Tests muss jetzt zunächst überprüfen, ob das Medikament sicher und wirksam ist. Es ist wichtig, ernsthafte Nebenwirkungen auszuschließen. Hoffentlich wird das Gel die Art und Weise der Behandlung einer Otitis media verändern, so Dr. Kohane. Mittelohrentzündungen bei Kindern seien eine sehr häufige Ursache für Arztbesuche und die Behandlung in der Notaufnahme. (as)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.