Wechselt ein iranischer Asylbewerber in Deutschland vom muslimischen zum christlichen Glauben über, kann dies einen Asylanspruch begründen. Voraussetzung hierfür ist, dass der neue Glauben des Flüchtlings tatsächlich Teil seiner religiösen Identität geworden ist, entschied das Verwaltungsgericht Augsburg in einem am 6. Oktober 2016 veröffentlichten Urteil (Az.: Au 5 K 16.30957). Bei einer Rückkehr in den Iran drohe ihm religiöse Verfolgung.
Damit muss das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen zum christlichen Glauben konvertierten Iraner als Flüchtling anerkennen. Dieser hatte 2012 in Deutschland Asyl beantragt. In Deutschland wechselte er vom muslimischen hin zum christlichen Glauben.
Er gab an, dass er den muslimischen Glauben nie wirklich praktiziert habe. Nach seiner Ausreise habe er sich taufen lassen und sich einer Freien evangelischen Gemeinde angeschlossen. Er besuche regelmäßig den Gottesdienst und helfe bei der Übersetzung in einem Bibelkreis.
Der Asylantrag wurde abgelehnt. Der Kläger habe seine Verfolgungsgefahr im Iran wegen eines „ernsthaften und dauerhaften Übertritts zum christlichen Glauben“ nicht glaubhaft gemacht.
Das Verwaltungsgericht verpflichtete die Behörde in seinem Urteil vom 19. September 2016, den Iraner als Flüchtling anzuerkennen. Der Kläger habe sich nach seiner Einreise in die Bundesrepublik „aus innerer Überzeugung dem christlichen Glauben zugewandt“. Er habe ihn auch aus innerer Überzeugung praktiziert, so dass ihm eine Rückkehr in den Iran nicht zuzumuten sei.
Für die Asylanerkennung müsse dem Ausländer wegen der Ausübung seiner Religion „mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr an Leib, Leben oder Freiheit drohen“. Im Iran könne der „Abfall vom Glauben“, die sogenannte Apostasie, mit der Todesstrafe geahndet werden.
Dabei seien nicht nur zum Christentum konvertierte ehemalige Muslime gefährdet, die eine missionarische Tätigkeit entfalten, so das Verwaltungsgericht. „Eine Verfolgungsgefahr besteht gerade auch für die Angehörigen evangelikaler oder freikirchlicher Gruppierungen, die ihre Abkehr vom Islam dadurch nach außen sichtbar werden lassen, dass sie in Ausübung ihres Glaubens an öffentlichen Riten wie etwa Gottesdiensten teilnehmen wollen“, heißt es in dem Urteil.
Selbst eine religiöse Betätigung im häuslichen Bereich sei im Iran für Konvertiten nicht gefahrlos möglich. Zwar würden Konvertiten nicht „systematisch verfolgt“. Würden jedoch hauskirchliche Tätigkeiten gemeldet – beispielsweise von Nachbarn – würden die Versammlungen stichprobenartig überprüft.
Hier habe der Kläger zudem nachgewiesen, dass er sich aktiv in der Kirchengemeinde in Deutschland engagiert und seinen Glauben dort lebt. Er habe daher Anspruch auf Asylanerkennung. fle/mwo
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