Alkoholkonsum von Frauen hat sich dem von Männern angeglichen
Bislang waren es meist Männer, die mit einem hohen Alkoholkonsum in Verbindung gebracht wurden. Eine neue Studie zeigt nun jedoch, dass Frauen mittlerweile ähnlich viel trinken wie gleichaltrige Männer. Gesundheitsexperten betrachten die Entwicklung mit Sorge.
Hoher Alkoholkonsum schadet der Gesundheit
Ein hoher Alkoholkonsum zählt zu den Hauptrisiken für die Gesundheit. Dauerhaft zu viel zu trinken, kann Experten zufolge alle Organe des Körpers schädigen. Alkoholismus erhöht das Risiko für zahlreiche Krankheiten wie Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche, Fettleber und Nervenschäden. Zudem kann Alkohol laut Wissenschaftlern Auslöser von sieben Krebsleiden sein, unter anderem von Darmkrebs. Trotzdem ist ein geselliger Abend mit Freunden oder ein Kneipenbesuch ohne alkoholische Getränke für viele Menschen fast nicht vorstellbar. Dies trifft auch auf Frauen zu; einer neuen Studie zufolge trinken sie mittlerweile ähnlich viel wie Männer.
Frauen vertragen meist weniger
Frauen gelten eigentlich immer als zurückhaltender, wenn es um alkoholische Getränke geht. Sie vertragen meist auch weniger als Männer. Zudem wirkt sich Alkohol bei ihnen mitunter gesundheitlich noch negativer aus. So stellten Forscher fest, dass Alkohol den Herzen von Frauen besonders stark schadet und dass sie anfälliger für alkoholbedingte Leberschäden sind. Umso bedenklicher ist daher, was australische Wissenschaftler nun berichten: Frauen trinken inzwischen im internationalen Vergleich ähnlich häufig Alkohol wie Männer.
Alkoholkonsum der Geschlechter glich sich an
Vor allem nach dem Geburtsjahrgang 1966 glich sich der Alkoholkonsum der Geschlechter einander an. Das berichten die Wissenschaftler der „University of New South Wales“ nach der Analyse von fast 70 Studien im Fachblatt „BMJ Open“. Das Team um Tim Slade hatte für die Untersuchung 68 Arbeiten mit insgesamt über 4,4 Millionen Teilnehmern ausgewählt, die zwischen 1980 und 2014 veröffentlicht wurden. Den Angaben zufolge stammten über 75 Prozent der Studien aus Europa und Nordamerika, manche davon deckten Zeiträume über mehrere Jahrzehnte ab.
Früher haben Männer doppelt so viel getrunken
Es zeigte sich, dass bei der Generation, die zwischen 1891 und 1910 geboren wurde, die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt Alkohol getrunken wurde, bei Männern gut doppelt so hoch war wie bei Frauen. Bei den zwischen 1991 und 2000 Geborenen war der Gebrauch solcher Getränke jedoch annähernd identisch. Vor allem seit dem Geburtsjahr 1966 näherten sich die Geschlechter an. Laut Kalkulationen der Forscher sank die Diskrepanz zwischen den Geschlechtern beim Alkoholgebrauch im gesamten Untersuchungszeitraum alle fünf Jahre um 4,2 Prozent.
Zudem wurde festgestellt, dass problematischer Alkoholkonsum bei Männern im frühen 20. Jahrhundert drei Mal häufiger war als bei Frauen, am Ende des Jahrhunderts aber nur noch 1,3 Mal. Bei durch Alkohol bedingten Gesundheitsproblemen verringerte sich die Kluft zwischen Männern und Frauen demnach vom Faktor 3,6 auf den Faktor 1,3.
Keine Untersuchung der absolut konsumierten Menge
Anzumerken ist jedoch, dass in der Studie nur der Alkoholgebrauch von Frauen im Verhältnis zu Männern untersucht wurde, nicht aber die absolut konsumierte Menge. Es ist also nicht klar, ob die Angleichung auf einen steigenden Konsum bei Frauen, auf einen fallenden Konsum bei Männern oder auf beides zurückgeht. Laut den Autoren gibt es allerdings Hinweise darauf, dass Frauen heute mehr trinken als früher.
Zwar gilt es als unbedenklich, wenn Frauen pro Tag maximal 0,25 Liter Bier oder 0,1 Liter Wein trinken (Männer maximal 0,5 Liter Bier oder 0,2 Liter Wein), doch ob moderater Alkoholkonsum wirklich gesund ist, bleibt umstritten. Zudem werden die Grenzwerte ohnehin oft nicht eingehalten. In Deutschland trinken die Menschen überdurchschnittlich viel Alkohol.
Präventionsprogramme für Männer und Frauen
„Alkoholgebrauch und problematischer Alkoholgebrauch galten historisch eher als ein Phänomen bei Männern“, schreiben die australischen Wissenschaftler in einer Mitteilung der Hochschule. Durch die Studie wurden jedoch neue Erkenntnisse gewonnen. „Wir müssen bei Aufklärungskampagnen sicherstellen, dass wir sowohl Männer als auch Frauen erreichen und ihnen die Gefahren durch Alkohol aufzeigen“, so die Forscher. „Wir müssen Jugendliche im Visier haben, bevor sie sich Trinkmuster angeeignet haben“, und universelle Präventionsprogramme entwickeln.
Frauen mit höherem Einkommen trinken mehr
Auch hierzulande erhielt die Studie Anerkennung. Gabriele Bartsch von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm, sagte laut einer Meldung von „Spiegel Online“: „Die Resultate der Forscher kann ich für Deutschland nur bestätigen.“ Sie erläuterte: „Wir beobachten schon länger, dass sich der Alkoholkonsum von Männern und Frauen samt der damit verbundenen Probleme immer mehr annähert.“
Das hänge insbesondere mit der gesellschaftlichen Entwicklung zusammen. So stünden Frauen im Vergleich zu früher eher im Erwerbsleben, hätten eher eigenes Geld und seien selbstbewusster. Außerdem sei auffällig, dass Alkoholkonsum in Deutschland bei Frauen mit höherem Einkommen besonders weit verbreitet sei. Nicht zuletzt bringen auch die Getränkehersteller immer mehr Produkte auf den Markt, die Frauen ansprechen.
Riskanter Alkoholkonsum bei beiden Geschlechtern
Laut Sebastian Müller vom Zentrum für Alkoholforschung (CAR) der Uniklinik Heidelberg ist das Resultat grundsätzlich plausibel. Dies gelte allerdings eher für moderaten Alkoholkonsum. Hierzulande seien Frauen im Vergleich zu Männern noch immer häufiger Abstinenzlerinnen und auch deutlich seltener starke Trinkerinnen.
Im vergangenen Jahr veröffentlichte das Robert Koch-Institut (RKI) den Bundesgesundheits-Survey, der zu dem Schluss kam, dass riskanter Alkoholkonsum in Deutschland bei Frauen mit rund 13 Prozent ähnlich weit verbreitet ist wie bei Männern mit knapp 16 Prozent. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
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