Ermittlungen gegen Hamburger Klinik: Verdacht auf Manipulationen bei Organspenden
Laut Medienberichten sollen Hamburger Ärzte Daten von Patienten manipuliert haben, damit diese schneller an ein Spenderorgan kommen. In 14 Fällen seien Unregelmäßigkeiten festgestellt worden. Die Klinik weist die Vorwürfe zurück. Mittlerweile hat die Hamburger Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet.
Schwere Vorwürfe gegen Hamburger Klinik
Laut einem Bericht des „NDR“ werden gegen das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) schwere Vorwürfe erhoben. Wie es heißt, besteht der Verdacht, dass Daten von 14 Lungenpatienten falsch angegeben wurden, um den Kranken einen schnelleren Zugang zu einem Spenderorgan zu verschaffen. Den Angaben zufolge arbeitet das UKE in einem Lungentransplantationsprogramm mit der LungenClinic Großhansdorf zusammen. Laut „NDR“ sind umfangreiche Originalakten der Patienten verschwunden.
Ermittlungen wegen Aktenunterdrückung
Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt nach Informationen des NDR-Politikmagazins „Panorama 3“ in den beiden Kliniken wegen „Aktenunterdrückung“.
Die Strafermittlungen wurden offenbar von einem Bericht einer Überwachungskommission ausgelöst, die das Hamburger „Lungentransplantationsprogramm“ im vergangenen Jahr überprüfte.
Das UKE schrieb dazu in einer Pressemitteilung: „Die Prüfungs- und Überwachungskommission, die von Bundesärztekammer, GKV-Spitzenverband und Deutscher Krankenhausgesellschaft zur Kontrolle der Einhaltung des Transplantationsgesetzes getragen wird, hat im Rahmen der routinemäßigen Prüfungen des Lungentransplantationsprogramms des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), an dem die LungenClinic Großhansdorf beteiligt ist, für die Jahre 2010 bis 2012 Auffälligkeiten beanstandet.“
Unregelmäßigkeiten in 14 Fällen
„In 14 von 25 überprüften Fällen beanstandete die Kommission Unregelmäßigkeiten – unter anderem geht es dabei um medizinische Daten und deren Dokumentation“, heißt es dort weiter.
Der Gesundheitszustand der Lungenpatienten sei schlechter dargestellt worden, als er tatsächlich war. Laut dem Bericht gaben die Ärzte in Anträgen bei der Vermittlungsstelle „Eurotransplant“ auf Spenderlungen für ihre Patienten teilweise Werte an, die auf einen lebensbedrohlichen Zustand schließen lassen.
Die Patienten sollten dadurch offenbar auf der Warteliste nach oben rutschen und als “High-Urgency-Fälle” (Fälle mit hoher Dringlichkeit) schneller an eine gespendete Lunge kommen.
Akten seien nicht mehr auffindbar
Zudem bezeichneten die Kontrolleure die Tatsache, dass die Originalakten in großem Umfang „unauffindbar“ seien, als „ganz außergewöhnlich“.
In ihrem Bericht vom 27. September 2016 heißt es beispielsweise: „Zur Unauffindbarkeit der Krankenakten der in Großhansdorf behandelten Patienten gaben die dort verantwortlichen Ärzte an, die Akten seien bei Verlegung ihrer Patienten zur Transplantation im UKE regelhaft mitgegeben worden, dort aber nicht mehr auffindbar und auch nicht wieder zurückgegeben worden. Trotz mehrfacher und eindringlicher Bitten der Kommissionen, intensiv nach dem Verbleib der Akten sowohl in der LungenClinic als auch im UKE zu forschen, konnten die Originaldokumente bis jetzt nicht zur Verfügung gestellt werden.“
Systematisches Fehlverhalten der Ärzte
„Die fehlenden Dokumente (…) begründen den Verdacht, dass auf diese Weise systematisches Fehlverhalten der beteiligten Ärzte vor Entdeckung bewahrt werden sollte,“ heißt es in dem Untersuchungsbericht. „Wir wollten in dem Bericht sehr deutlich zum Ausdruck bringen, wie einmalig der Vorgang ist“, erläuterte Torsten Verrel, Professor für Strafrecht an der Uni Bonn und Mitglied der Überwachungskommission, die scharfe Sprache des Berichts im Interview mit „Panorama 3“.
Das UKE weist die Vorwürfe zurück und schreibt in seiner Stellungnahme vom 13. Oktober: „Das UKE in Kooperation mit der LungenClinic Großhansdorf erkennt berechtigte Kritikpunkte aus dem Prüfungsbericht an, betont aber, dass es keinerlei Anhaltspunkte für Eingriffe in die Rangfolge von Patienten auf der Transplantationsliste gibt.“
Organspende-Zahlen drastisch zurückgegangen
Schon 2012 hatte eine Affäre um manipulierte Patientendaten die Transplantationsmedizin in Deutschland erschüttert. Damals wurde bekannt, dass ein Mediziner am Göttinger Universitätsklinik Krankenakten gefälscht hatte, um ausgewählten Patienten eine schnellere Versorgung mit Spenderorganen zu ermöglichen. Nach und nach wurden weitere Skandale aufgedeckt, unter anderem in München, Regensburg und Leipzig.
Infolge der Organspenden-Skandale waren die Organspender-Zahlen in Deutschland dramatisch eingebrochen. Aus Zahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) geht hervor, dass 2013 nur noch 876 gestorbene Menschen Organe gespendet haben. Dies stellte im Vergleich zu den letzten 23 Jahren einen neuen bundesrepublikanischen Negativrekord dar. (ad)
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