Mediziner nutzen Reovirus zur Behandlung von Leberkrebs
Das sogenannte Reovirus verursacht normalerweise leichte Fälle von Atemwegsinfektionen, vor allem bei Kindern. Forscher fanden jetzt aber heraus, dass das Virus als eine Immuntherapie verwendet werden könnte, um Leberkrebs und Hepatitis C zu bekämpfen. Diese Form der Therapie könnte bei vielen Erkrankten auf der Welt zu einer verbesserten Behandlung führen.
Ein internationales Team aus Wissenschaftlern stellte fest, dass ein weitverbreitetes Virus als Therapie gegen Leberkrebs und Hepatitis C eingesetzt werden könnte. Die Experten veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in der anerkannten medizinischen Fachzeitschrift „BMJ“.
Drei Viertel der Leberkrebs-Erkrankungen entstehen durch HCV oder HBV
Viren verursachen etwa zwanzig Prozent aller Krebsarten. Ein besonderes Problem sind dabei Viren bei Erkrankungen durch Leberkrebs, etwa drei Viertel der Fälle werden entweder durch den Hepatitis C-Virus (HCV) oder den Hepatitis B-Virus (HBV) verursacht.
Forscher zwingen das Immunsystem, Tumore und HCV-Infektion zu bekämpfen
Diese Viren verursachen eine langlebige Infektion innerhalb der Leber. Bei einigen Menschen führen die Infektionen dann zur Entstehung von Tumoren, erklären die Experten. Die Ergebnisse der neusten Studie zeigen jetzt aber, dass unser Immunsystem gezwungen werden kann sowohl den Tumor als auch die für das Wachstum zugrunde liegende HCV-Infektion zu bekämpfen.
Art der Behandlung könnte auch bei anderen virusgetriebenen Malignomen wirken
“Wir haben sozusagen das Immunsystem durch die Verabreichung eines gutartigen Reovirus davon überzeugt, dass sowohl der Tumor als auch die zugrunde liegende HCV-Infektion bekämpft werden muss”, erklären die Mediziner. Bei Mäusen mit durch Hepatitis C verursachtem Leberkrebs konnte beobachtet werden, dass die Tiere sehr gut auf diese Art der Therapie reagieren. Diese Art der Behandlung könnte auch auf andere virusgetriebene Malignome angewendet werden, einschließlich durch das sogenannte Epstein-Barr-Virus verursachten Blutkrebs, sagen die Wissenschaftler.
Leberkrebs im fortgeschritten Stadium ist sehr schwer zu behandeln
Leberkrebs ist weltweit die dritthöchste Ursache für einen mit Krebs assoziierten Tod. Die Erkrankung tötete alleine im Jahr 2012 etwa 745.000 Menschen, erläutern die Autoren. Trotzdem ist Leberkrebs nur die zehnt häufigste Form von Krebs. Dies spiegelt die Schwierigkeiten wieder, welche die Behandlung dieses Tumors in fortgeschrittenen Stadien macht.
Viele Behandlungen verlängern nur das Leben des Patienten
In etwa 90 Prozent der Fälle bei denen Chirurgie keine Option ist, neigen die angewendeten Behandlungen eher dazu, das Leben der Patienten zu verlängern, anstatt den Tumor zu bekämpfen, erklären die Mediziner. HCV und HBV verursachen etwa 30 bzw. 50 Prozent dieser Tumore. HCV ist die führende Ursache für Lebertransplantations-Chirurgie in entwickelten Ländern, berichten die Forscher.
Menschliche Immunantwort ist eine starke Waffe zur Bekämpfung von Krebs
Die Ergebnisse zeigen, dass eine der stärksten Waffen zur Bekämpfung von Krebs unsere eigene Immunantwort ist. Dieser Ansatz kann verschiedene Formen annehmen, einschließlich der Deaktivierung sogenannter immuner Kontrollpunkte. Alternativ können wir Strategien dazu verwenden, dass die Immunität „hyper-stimuliert“ wird, erläutern die Experten. So erkennt und reagiert das Immunsystem auch auf Ziele, welche normalerweise ignoriert werden.
Onkolytische Viren ermöglichen die Behandlung von Krebs
Eine solche Strategie umfasst die Verwendung von Viren. Aber nur Viren, die nicht dazu führen, dass menschliche Krankheiten entstehen, erklären die Autoren. Diese Krebs bekämpfenden Viren (onkolytische Viren) werden zunehmend mehr in klinischen Studien eingesetzt. Vor kurzer Zeit wurde beispielsweise ein Medikament zur Behandlung von Hautkrebs lizenziert.
Reovirus verstärkt die Immunantwort
Die aktuelle Studie konzentrierte sich jetzt auf ein bestimmtes onkolytisches Virus. “Vom Reovirus wussten wir bereits, dass es Tumore in der Leber nach einer Injektion in den Blutkreislauf erreichen könnte”, sagen die Wissenschaftler. Das Virus verstärkt sowohl die Immunantwort der Leber, als auch innerhalb der Krebsarten. Dieser Effekt ist besonders wichtig, weil die zugrundeliegende HCV-Infektion das gesamte Organ betrifft, nur den Tumor selber.
Interferon löst eine beschleunigte Immunreaktion aus
Der Auslöser der beschleunigten Immunreaktion war eine Substanz mit der Bezeichnung Interferon. Diese wird durch den Körper freigegeben, wenn eine aggressive Reaktion auf Infektionen und Krebs stattfindet.
Durch Reovirus stimuliertes Interferon ist äußerst wirksam
Unter der Verwendung von primärem menschlichen Lebergewebe und Mäusen konnten wir zeigen, dass durch das Reovirus stimuliertes Interferon auf zwei Arten wirkt, erklären die Experten. Erstens eliminiert es direkt HCV in Leber- oder Tumorzellen. Zweitens aktiviert es spezifische Immunzellen, welche umgangssprachlich auch als sogenannte Killer-Zellen bekannt sind. Diese Zellen vernichten Virus-infizierte Zellen und Krebszellen, fügen die Forscher hinzu.
Reovirus-Therapie wirkt auch bei HBV-Leberkrebs und Epstein Barr-Virus-Blutkrebs
Das Ergebnis der sogenannten Reovirus-Therapie war die gleichzeitige Eliminierung von HCV und die direkte Zerstörung von Leberkrebszellen. Dies gipfelte in einem reduziertem Tumorwachstum innerhalb von Mausmodellen, erläutern die Wissenschaftler. Der gleiche Ansatz funktionierte auch in Modellen von HBV-Leberkrebs und Epstein Barr-Virus-Blutkrebs.
Weitere klinische Studien zur Wirkung ähnlicher Strategien sind notwendig
Da der Reovirus bereits in einer klinisch verwendbaren Form vorliegt, ist es unser nächster Schritt, die frühzeitige Beurteilung von klinischen Studien zur Wirkung dieser oder ähnlicher Strategien für die Behandlung von mehreren Tumoren, erläutern die Autoren. Hoffentlich können die Ergebnisse die zukünftige Behandlung für Krebspatienten erheblich verbessern, so die Wissenschaftler weiter. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.