Die Krätze ist zurück in Deutschland: Immer mehr Krankheitsfälle
Offenbar ist die Krätze zurück in Deutschland. Viele Menschen hatten die ansteckende Hautkrankheit bereits vergessen, doch ganz verschwunden war sie nie. Immer wieder gibt es Epidemien. Aktuell häufen sich die Fälle in Nordrhein-Westfalen. Gesundheitsexperten sind besorgt.
Nie völlig von der Bildfläche verschwunden
Krätze: Allein wenn das Wort fällt, fassen sich manche Menschen schon an den Arm und beginnen zu kratzen. Viele meinen zwar, die ansteckende Hautkrankheit wäre ausgestorben, doch dem ist nicht so. „Es gibt immer wieder mal Phasen, in denen sich Krätzefälle häufen, dann nimmt ihre Häufigkeit wieder ab, doch völlig von der Bildfläche verschwunden ist die Krankheit nie“, erklärte der Dermatologe Helmut Schöfer von der Hautklinik der Frankfurter Universitätsklinik laut einem Bericht der „Südwest Presse“. Aktuell häufen sich die Fälle von Krätze in Nordrhein-Westfalen.
Intensiverer Körperkontakt im Winter
Im Epidemiologischen Bulletin (27/2016) des Robert-Koch-Instituts (RKI) wird erklärt, warum es gerade während der kalten Monate zu einer Häufung der Erkrankungen kommen kann: „Dies könnte mit intensiverem Körperkontakt im Winter zusammenhängen, aber auch eine verlängerte Überlebenszeit der Milben auf Textilien bei niedrigen Umgebungstemperaturen widerspiegeln“, so die Experten.
Diagnose und Behandlung zunehmend ein Thema
Laut einem Bericht der „Rheinischen Post“ (RP) teilte der Berufsverband der deutschen Dermatologen mit, dass die Krätze-Fälle zunähmen. Zwar gebe es keine konkreten Zahlen, doch die Rückmeldungen von Hautärzten wiesen auf eine Zunahme der Erkrankungen hin.
In der Städteregion Aachen waren die aus Schulen und Kitas gemeldeten Fälle von elf (2013) auf 316 (November 2016) gestiegen. „Es gibt keine Erklärung für diesen Anstieg“, so der Sprecher der Städteregion Detlef Funken. Zuerst hatten die „Aachener Zeitung“ und „Aachener Nachrichten“ über die Situation in der Städteregion berichtet.
Laut der RP war in den vergangenen Monaten auch in Krefeld, Euskirchen, Köln und Düsseldorf eine auffallende Häufigkeit von Krätze registriert worden.
Hautkrankheit wird durch Krätzmilben verursacht
Krätze (Skabies) ist eine parasitäre Hautkrankheit, die mit roten Pusteln, juckendem Hautausschlag und Schmerzen einhergeht. Verursacht werden die unangenehmen Beschwerden durch Krätzmilben, die Kotballen und Eier in der Haut der Betroffenen ablegen, wo sie allergische Reaktionen auslösen.
Dies löst dann den starken Juckreiz aus, welcher der Krankheit den Namen gab. Die Ursache für Krätze in mangelnder Hygiene zu sehen, ist Experten zufolge ein Vorurteil.
Meist suchen die Milben Körperstellen mit dünner Hornschicht und einer höheren Körpertemperatur auf, so dass insbesondere Fingerzwischenräume, Handgelenke, Ellbogen, Genitalbereich, Gesäß, Bauchnabel, Achseln, der Bereich hinter den Ohren, Knie, Gelenkbeugen, Fußgelenke und Füße befallen werden.
Bei Kleinkindern sind häufig auch Nacken und Kopf betroffen. Zunächst verläuft die Infektion ohne Symptome. Erst nach etwa zwei bis fünf Wochen kommt es zu einer Immunreaktion mit den typischen Symptomen.
Klinisches Erscheinungsbild hat sich verändert
Der Dermatologe und Lehrbeauftragte der Uni Köln, Bernhard Korge, erklärte laut RP, dass Menschen mit trockener Haut stärker betroffen sind als Leute mit fettiger Haut. Dem Mediziner zufolge ist die Diagnose schwieriger geworden, da sich das klinische Erscheinungsbild verändert hat und einem Ekzem gleichen kann.
Nach der richtigen Diagnose und dem passenden Medikament gehe von dem Patienten schon nach einem Tag keine Ansteckungsgefahr mehr aus.
Übertragung durch direkten Haut-zu-Haut-Kontakt
In der Regel wird Krätze durch direkten Haut-zu-Haut-Kontakt übertragen. Besonders hoch ist das Infektionsrisiko, wenn viele Menschen auf engem Raum zusammen sind. Laut Korge können neben Kindergärten und Schulen auch Hotelbetten, Altenheime und Krankenhäuser Brutstätten sein.
Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums sind Erkrankungen in Kitas und Schulen den kommunalen Gesundheitsämtern zu melden. Das Ministerium schätzt die Fallzahl in der Städteregion jedoch als sehr niedrig ein. Demnach sind lediglich 0,06 Prozent der Bevölkerung betroffen.
Milben bei höheren Temperaturen abtöten
Laut dem RKI sind Krätzmilben bei der in Deutschland üblichen Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit (21 Grad und 40–80 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit) mit großer Wahrscheinlichkeit nicht länger als 48 Stunden infektiös.
„Bei 34°C Umgebungstemperatur überleben Milben bereits weniger als 24 Stunden, bei 50°C (z.B. Waschmaschine, Trockner) nicht länger als 10 Minuten. Niedrigere Temperaturen und eine höhere relative Luftfeuchtigkeit verlängern dagegen die Überlebenszeit“, so die Experten.
Daher gilt: Kleider, Bettwäsche, Handtücher und weitere Gegenstände mit längerem Körperkontakt sollten bei mindestens 50 Grad für wenigstens zehn Minuten gewaschen werden. „Wenn dies nicht möglich ist, können die Gegenstände und Textilien in Plastiksäcke eingepackt oder in Folie eingeschweißt werden und für 72 Stunden bei mindestens 21°C gelagert werden“, schreibt das RKI.
Polstermöbel, Sofakissen oder textile Fußbodenbeläge können mit einem starken Staubsauger abgesaugt (Filter und Beutel danach entsorgen) oder für mindestens 48 Stunden nicht benutzt werden. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.