Vorzeitiges Aus für weltweit größte Studie zu Prostatakrebs
Vor rund dreieinhalb Jahren startete in Deutschland die weltweit größte Studie zum Prostata-Karzinom. Nun ist die Untersuchung vorzeitig beendet worden. Die Zahl der eingeschriebenen Patienten sei weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Initiatoren der Studie machen auch Mediziner für das Scheitern verantwortlich.
Häufigste Krebserkrankung bei deutschen Männern
Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei deutschen Männern und die dritthäufigste Krebstodesursache. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) erkranken hierzulande jährlich weit mehr als 60.000 Männer an einem bösartigen Tumor der Vorsteherdrüse. Über 12.000 sterben jedes Jahr an einem Prostatakarzinom. Nun ist die weltweit größte Studie zu dieser Krebsform gescheitert. Es haben sich nicht genügend Patienten für die Untersuchung gefunden.
Weltweit größte Untersuchung vorzeitig abgebrochen
Die Forschung hat im Bereich Prostatakrebs in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht. So haben etwa britische Forscher herausgefunden, dass bestimmte Gene eine große Rolle bei der Entstehung von Prostatakrebs spielen. Andere Wissenschaftler berichteten vor wenigen Monaten über ein neues Medikament, das eine bessere Behandlung von aggressivem Prostatakrebs ermöglicht.
Doch die weltweit größte Studie zum Prostata-Karzinom ist nun abgebrochen worden. „Die Deutsche Krebshilfe, die gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen werden die PREFERE-Studie zur Bewertung der gängigen Behandlungsoptionen bei Frühformen von Prostatakrebs nicht fortführen und die Studienförderung zum 31. Dezember 2016 beenden, weil die Zahl der eingeschriebenen Patienten weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist“, heißt es in einer Mitteilung.
Große Erwartungen
In die vor dreieinhalb Jahren gestartete und bis ursprünglich 2030 geplante Langzeituntersuchung waren zu Beginn große Erwartungen gesetzt worden. In der Großstudie sollten erstmals die vier gängigen Therapien bei Prostatakrebs hinsichtlich ihrer Effektivität, der Nebenwirkungen und ihrer Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen verglichen und bewertet werden:
Das operative Entfernen der Prostata (Radikaloperation), die Bestrahlung von außen, die aktive Überwachung mit regelmäßigen Kontrollen und die Behandlung des Tumors durch dauerhaft in der Prostata platzierte Strahlenquellen, die sogenannte Brachytherapie.
Dadurch sollte die individuell beste Therapie für die Betroffenen gefunden werden. Insgesamt waren für die Studie 25 Millionen Euro eingeplant.
Statt 7.000 nur 343 Studienteilnehmer
An der Untersuchung sollten weit über 7.000 Patienten teilnehmen, doch nur 343 Probanden haben sich gemeldet. Das „Studienprojekt hat die Erwartungen zur Durchführbarkeit, insbesondere der Rekrutierungsrate, die der Entscheidung, die Studie zu fördern, zugrunde lagen, nicht erfüllt“, erklärte die Deutsche Krebshilfe.
„Hinzu kommt, dass kürzlich veröffentlichte Daten einer englischen Studie (ProtecT-Studie) nach eigenen Aussagen der Studienleiter grundlegende Änderungen im Studiendesign notwendig gemacht hätten“, so die Experten. Es bleibe also weiter unklar, durch welche der vier Möglichkeiten, „Patienten mit einem Prostatakarzinom im frühen Stadium am meisten profitieren“.
Urologen werden für das Scheitern mitverantwortlich gemacht
Von den Initiatoren der Studie wurden auch die Urologen mitverantwortlich für die Beendigung der Untersuchung gemacht. Wie es in der Mitteilung heißt, habe es Hinweise darauf gegeben, dass ein Viertel der niedergelassenen Urologen, die in der Regel die erste Anlaufstelle für den Patienten sind, nicht bereit ist, an der „Prefere-Studie“ mitzuwirken.
„Den Patienten konnte anscheinend nicht ausreichend vermittelt werden, dass die Frage der besten Therapie wissenschaftlich unbeantwortet ist, dass also die Empfehlung der einen gegenüber der anderen Therapie unfundiert ist. Denn anderenfalls wären die Patienten der Logik gefolgt, dass die Randomisierung jedenfalls keinen Nachteil bedeutet, aber Erkenntnisgewinn“, erläuterte Prof. Dr. Jürgen Fritze vom Verband der Privaten Krankenversicherung.
Eingeschriebene Patienten haben profitiert
Die Studienförderer zeigten sich enttäuscht vom Abbruch der Studie. „Damit bleibt bedauerlicherweise die Frage nach der besten Therapie des Niedrig-Risiko-Prostatakarzinoms ungeklärt“, sagte der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Prof. Josef Hecken.
Doch trotz des vorzeitigen Studienabbruchs resultieren aus der Studie auch wichtige Erkenntnisse. So hat etwa die Zweitbegutachtung der Gewebeproben das Risiko einer Über- oder Untertherapie für die Betroffenen deutlich verringert. Die in den letzten dreieinhalb Jahren eingeschriebenen Patienten haben laut der Krebshilfe von diesem Vorteil profitiert. (ad)
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