Kunden können auch ohne „wichtigen Grund“ aussteigen
Karlsruhe (jur). Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat Verbrauchern die Kündigung von Abnehm-Kuren erleichtert. Nach einem am Freitag, 9. Dezember 2016, veröffentlichten Urteil ist eine Kündigung ohne besondere Gründe möglich, wenn bei der Therapie spezielle Mittel eingesetzt werden, die Auswirkungen auf den Körper haben sollen (Az.: III ZR 193/16).
Im entschiedenen Fall geht es um die „Original Easylife Therapie“. Diese wird bundesweit angeboten, hier von einem Franchisenehmer in Solingen. Die Therapie besteht aus einer Ernährungsberatung und Umstellung der Ernährung sowie werktäglichen Spritzen mit individuell abgestimmten homöopathischen Mitteln. Diese sollen die Fettverbrennung ankurbeln, die Nahrungsverwertung optimieren und die Straffung der Haut unterstützen. Im Vorfeld füllen die Kunden einen Fragebogen über gesundheitliche Beschwerden sowie eingenommene Medikamente aus. Die Werbung versprach zudem die begleitende Betreuung durch einen Arzt.
Die beklagte Kundin hatte eine vierwöchige Therapie für 1.290 Euro vereinbart. Bereits am zweiten Tag klagte sie jedoch über Beschwerden und erklärte, sie wolle die Therapie abbrechen. Elf Tage später legte sie ein Attest ihres Hausarztes vor. Darin riet er aus medizinischen Gründen von einer Spezialdiät ab. Im selben Umschlag befand sich ihr Vertrag mit der Notiz: „Bitte um Aufhebung. Attest anbei.“
Das Therapiezentrum beharrte auf dem Vertrag und forderte die 1.290 Euro in voller Höhe ein. Es war der Ansicht, die Kundin habe nicht wirklich gekündigt. Zudem belege das Attest nicht, dass die „Easylife Therapie“ wirklich gesundheitsschädlich gewesen wäre. Es fehle daher an einem „wichtigen Grund“ für die Kündigung.
Doch nach dem Karlsruher Urteil ist dies nicht erforderlich. Denn es handele sich hier um einen „Dienst höherer Art“. Laut Gesetz sind dies Dienstleistungen, die ein besonderes Vertrauensverhältnis voraussetzen, etwa eine ärztliche Behandlung. Eine Kündigung durch den Kunden ist dann auch ohne „wichtigen Grund“ zulässig.
Für einen „Dienst höherer Art“ sah der BGH verschiedene Indizien, etwa den Gesundheitsfragebogen und die versprochene ärztliche Betreuung. Vor allem aber stellten die Karlsruher Richter auf die gespritzten Mittel ab.
Die Gabe eines Mittels, das Körper und Körperfunktionen beeinflussen soll, setze immer ein besonderes Vertrauen voraus, argumentierte der BGH. Dieses Vertrauen gelte sowohl dem hier bundeseinheitlichen Therapiekonzept als auch den Personen, die dies vor Ort umsetzen.
Entgegen der vom Therapiezentrum vorgebrachten Ansicht erfordere die angebotene Therapie auch „besonders qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten“. Wörtlich heißt es hierzu: „Die Verabreichung eines speziellen Mittels, das Auswirkungen auf den Körper des Therapieteilnehmers haben soll, betrifft den persönlichen Lebensbereich. Die Therapie stellt zwar keine ärztliche Behandlung dar, steht aber aus diesen Gründen (…) einer solchen gleich.“
Mit seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 10. November 2016 bestätigte der BGH schließlich auch die Wertung des Landgerichts Wuppertal, dass die „Bitte um Aufhebung“ des Vertrags als Kündigung anzusehen ist.
Insgesamt hat damit das Wuppertaler Urteil Bestand. Danach muss die Kundin anteilig knapp 600 Euro bezahlen. mwo
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