Vorgeburtliches Lernen: Säuglinge erinnern sich an Musik im Mutterleib
Wenn werdende Mütter ihrem Nachwuchs schon vor der Geburt vorsingen oder Musik vorspielen, kann das positive Einflüsse auf die Entwicklung des Kindes haben. Denn Säuglinge erinnern sich laut neuesten Studienerkenntnissen an im Mutterleib Gehörtes. Dies hat Auswirkungen auf das Sprachverstehen.
Vorsingen beruhigt Babys
Viele Mütter singen ihrem Baby gerne vor, um es zu beruhigen. Dass dies wirkt, konnte auch schon wissenschaftlich belegt werden. So stellten Forscher von der Universität Montreal (Kanada) fest, dass Singen schreiende Babys deutlich besser beruhigt als Sprechen. Frauen sollten mit dem Vorsingen am besten schon vor der Geburt beginnen. Denn wie österreichische Wissenschaftler nun in einer Studie feststellten, erinnern sich Säuglinge an im Mutterleib Gehörtes. Und das hat Auswirkungen auf das Sprachverstehen.
Ungeborene im Mutterleib hören mit
„Etwa ab dem siebten Schwangerschaftsmonat fangen Babys im Mutterleib an zu hören. Als Neugeborene erkennen sie in den ersten Wochen die Stimme der Mutter und Geräusche wieder, die sie im Mutterleib häufig gehört haben – auch Musikstücke“, schreibt die Techniker Krankenkasse (TK) auf ihrer Webseite.
Dies zeigte nun auch eine aktuellen Studie in Österreich. Demnach erinnern sich Säuglinge an Kinderlieder, die ihnen die Mutter während der Schwangerschaft vorgesungen hat.
Intensive Reaktionen auf mütterlichen Gesang
Wie die Nachrichtenagentur APA berichtet, belegte die Studie mit 30 Neugeborenen am Zentrum für Kognitive Neurowissenschaft der Uni Salzburg, dass die Säuglinge intensiv auf den mütterlichen Gesang reagieren. Die Forscher nehmen an, dass dies das Sprachverstehen erleichtert oder verbessert.
Den Angaben zufolge haben die Forscher 30 Schwangere zwei Kinderlieder („Bi-Ba-Butzemann“ und „Schlafe, mein Kindchen“) singen lassen und diese auf CD aufgenommen. Die werdenden Mütter haben diese Lieder dann ab der 34. Schwangerschaftswoche zwei Mal täglich auf der hauseigenen Musikanlage in einer bestimmten Lautstärke abgespielt.
In der zweiten und fünften Woche nach der Geburt wurde den Kindern die Lieder – von der Mutter und einer anderen Frau gesungen – erneut vorgespielt und ihre Gehirnreaktion mittels eines speziellen EEG gemessen.
Verbesserung des Sprachverstehens
Die Experten stellten fest, dass es zu einem Einschwingen der Gehirnwellen in die Schwingungen der Sprache kommt.
Manuel Schabus, Leiter des Labors für Schlaf-, Kognitions- und Bewusstseinsforschung der Uni Salzburg, erklärte gegenüber der APA: „Die Täler und Berge der beiden Schwingungen überlappen sich, das Gehirn versucht offensichtlich, in einer ähnlichen Weise wie die Sprache zu schwingen und damit die Silben unterteilen zu können.“
Vermutlich erleichtere oder verbessere diese Koppelung des Gehirns an die Sprache das Sprachverstehen. Laut Schabus könnten die Säuglinge natürlich nicht die Semantik der Liedtexte verstehen, „aber sehr wohl die Wörter so zerlegen, wie wir Silben zerlegen“.
Wie es heißt, war diese Koppelung sogar noch intensiver, wenn die Lieder von der Mutter und nicht von einer anderen Frau gesungen wurden.
Studien zu vorgeburtlichem Lernen
Schabus zufolge wurden die bisherigen Studien zum vorgeburtlichen Lernen mit sehr wenigen Babys durchgeführt. Außerdem sei die Reaktion der Kinder nur mittels Herzrate, Nuckelfrequenz oder Bewegungsmuster registriert. Hirnstudien in diesem frühen Lebensalter habe es noch keine gegeben.
Die Wissenschaftler wollen die – noch nicht publizierten – Ergebnisse zur Bestätigung eine Kontrollgruppe von Säuglingen untersuchen, die nicht schon im Mutterleib die Lieder gehört haben. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
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