„Das Sterben unterbrechen“: Forscher will sich nach dem Tod einfrieren lassen
Gibt es ein Leben nach dem Tod? Für religiöse Menschen ist die Antwort klar. Naturwissenschaftler hingegen verneinen die Frage in der Regel. Doch längst nicht alle. Ein deutscher Forscher hat nun angekündigt, sich nach dem Tod einfrieren lassen zu wollen, um sich später wieder auftauen zu lassen – dann, wenn tödliche Krankheiten heilbar sind.
Leichnam mit Frostschutzmittel und Stickstoff einfrieren
Vor wenigen Wochen war über eine 14-jährige Krebspatientin aus Großbritannien berichtet worden, die vor Gericht erstritten hatte, sich nach dem Tod einfrieren zu lassen. Kurz vor ihrem Tod schrieb die Teenagerin: „Ich bin nur 14 Jahre alt und ich will nicht sterben, aber ich werde sterben. Ich glaube, eingefroren zu werden, gibt mir die Chance, geheilt und aufgeweckt zu werden – auch wenn es in Hunderten von Jahren ist.“ Für die Jugendliche war die Frage, ob es ein Leben danach gibt, auch mit dem künftigen medizinischen Fortschritt verbunden. Bei einem deutschen Forscher sieht das ähnlich aus. Er will sich nach dem Tod mit Frostschutzmittel und Stickstoff einfrieren lassen.
Plan wirkt wie aus einem grotesken Science-Fiction-Film
Der Ulmer Altersforscher Klaus Sames gilt in Deutschland als Pionier der Kryonik. Bei dieser Methode werden Organismen oder einzelne Organe in flüssigem Stickstoff eingefroren, um sie später „wiederzubeleben“.
Möglichkeiten dazu gibt es bislang nur in Russland und den USA, weshalb der Leichnam der Jugendlichen aus England auch in Amerika aufbewahrt wird.
Auch wenn unklar ist, ob die Schäden an Zellen und Organen, die durch das Einfrieren entstehen, reversibel sind, nimmt Sames offenbar an, dass die Methode auch für den ganzen menschlichen Körper anwendbar ist.
Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, will sich der Ulmer Altersforscher nach seinem Tod tiefkühlen und in ein paar Hundert Jahren wieder auftauen lassen – dann eben, wenn tödliche Krankheiten heilbar sind.
Glaube an das Leben nach dem Tod
Doch auch wenn er an ein Leben nach dem Tod glaubt, will er das vorher lieber erstmal an einem Schweineherz probieren. Im Einbalsamierungsinstitut in Ulm, wo er eines Tages liegen wird, erklärt er, während er sich eine scharfe Säge an den Hals hält: „In der Drosselgrube machen wir einen kleinen Schnitt.“
Seinen Angaben zufolge konnten sie vor zwei Jahren an einer Leiche üben. „Da haben wir alles gelernt, was man an Handgriffen wissen muss“, so Sames.
Der Brustkorb soll geöffnet und über eine Herz-Lungen-Maschine Frostschutzmittel in seine Blutbahn gepumpt werden. Erst dann soll die Leiche unter Null Grad gekühlt werden, ohne dass sich zerstörerische Kristalle bilden.
Verwesungsprozess wird weitergeführt
Frank-Michael Weigner vom Verband Deutscher Präparatoren meint jedoch: „Das ist ein Hirngespinst.“ In der dpa-Meldung erklärt er, dass die Körperzellen mit Flüssigkeit gefüllt seien. „Wenn man das ‘runterkühlt, dehnt sich die Flüssigkeit aus, dann platzen alle Zellen.“
Und selbst wenn es möglich wäre, Menschen ohne größere Schäden einzufrieren: „Wenn man auftaut, wird der ganz normale Verwesungsprozess weitergeführt.“
Es sei gut, dass Menschen auch mal sterben. „Irgendwann muss auch Schluss sein“, so Weigner.
„Das Sterben unterbrechen“
Sames hingegen meint: „Man kann jeden aufheben.“ Er behauptet: „Man kann das Sterben unterbrechen.“ Allerdings ist ihm auch bekannt, dass sich ein Mensch kaum ohne Schäden einfrieren lassen dürfte.
Trotzdem hält der Forscher die Konservierung kompletter menschlicher Organe prinzipiell für möglich, weshalb er bald ein Schweineherz auf minus 130 Grad tiefkühlen und dann wiederbeleben will.
Wie es in der Agenturmeldung heißt, wurmt es ihn, dass seine Wissenschaft nicht ernst genommen wird. Er outete sich erst nach seiner Zeit als Mediziner als Kryonik-Anhänger. Nun träumt er vom „Durchbruch zur medizinischen Seriosität“.
Naturwissenschaftlicher Projektcharakter soll betont werden
Den Angaben zufolge hat Sames einen Verein rund um sein „Kompetenzteam“ gegründet, wie er es nennt. Beteiligt ist auch Karen Conrad. „Es ist doch komisch“ meint die 46-jährige Krankenschwester für Intensivmedizin: „Alle wollen länger leben. Aber kaum einer will die Chance wahrnehmen, länger zu leben.“
Sames erläutert: „Ich habe die Endlichkeit des Seins zuerst religiös bewältigen wollen.“ Der ehemalige Theologiestudent sagt weiter: „Ich dachte ich wäre gläubig, doch dann hat das aufgehört.“
„Ich habe Angst vorm Sterben, aber Grauen vor dem Tod“, so der Kryoniker, der nicht als solcher bezeichnet werden will. „Das hat so einen Sektenklang.“ Er versuche, den naturwissenschaftlichen Projektcharakter zu betonen.
Körper soll bei minus 196 Grad aufbewahrt werden
Laut dpa berichtet er von Kindern, die nach einer Stunde aus eisigem Wasser geborgen und wiederbelebt wurden. Und in den USA sei einem Kaninchen eine aufgetaute Niere erfolgreich eingepflanzt worden.
Kommendes Jahr will er dann das Projekt in Angriff nehmen. Sollte der Versuch mit dem Schweineherz klappen, träumt er schon weiter: „Und was ist ein Mensch außer einer Ansammlung von großen Organen?“
Seiner Aussage nach will er sich eines Tages in einem Kunststoffsack mit Trockeneis „gemütlich nach Amerika schippern“ lassen. Dem Cryonics Institute habe er demnach bereits 28.000 US-Dollar gezahlt, damit sie ihn bei minus 196 Grad kopfüber hängend aufbewahren.
„Das ist mindestens so seriös wie das Marsprojekt“, meint Sames. Er denkt schon an die Zukunft: „Da wird jemand sein, der darauf programmiert ist, mich in die neue Realität einzuführen“, sagt der Forscher. Dann wolle er Champagner trinken. (ad)
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