Immunabwehr: Warum Eiter grün ist
Eiter sieht zwar wegen seiner grünlichen Färbung ziemlich eklig aus, er erfüllt aber eine sehr wichtige Funktion für den Körper. Das Sekret produziert eine aggressive Säure gegen Bakterien. Diese neuen Studienerkenntnisse geben Ansatzpunkte für Therapien zur Stärkung der Immunabwehr.
Bestimmtes Enzym ist für grüne Farbe von Eiter verantwortlich
Bei einer Nasennebenhöhlenentzündung, durch einen Abszess am Po oder aufgrund einer entzündeten Wunde am Bein: Egal was die Ursache ist oder an welcher Stell des Körpers Eiter austritt, das Sekret schaut meist ziemlich eklig aus. Manchmal ist die Absonderung eher gelblich, in anderen Fällen auch grün. Die Farbe gibt Aufschluss über die Vorgänge im Körper. So ist etwa das Enzym Myeloperoxidase, kurz MPO, für eine grüne Farbe verantwortlich. Wissenschaftler aus der Schweiz haben dieses Enzym nun genauer untersucht und Erstaunliches herausgefunden.
Äußerst aggressive Säure
Wie die Universität Basel in einer Mitteilung berichtet, ist es Forschern der Hochschule gelungen, die Rolle des Enzyms MPO zu klären.
Das Enzym, das dem Eiter eine grünliche Farbe gibt, stellt demnach im Kampf gegen Infektionen eine äußerst aggressive Säure her, mit der es Krankheitserreger abtöten kann, ohne das umgebende Gewebe zu schädigen.
Laut den Experten geben die Ergebnisse der Studie, die jetzt im Fachmagazin „Nature Microbiology“ veröffentlicht wurden, Ansatzpunkte für Therapien zur Stärkung der Immunabwehr.
Weiße Blutkörperchen gegen bakterielle Krankheitserreger
Weiße Blutkörperchen spielen eine maßgebliche Rolle beim Kampf gegen bakterielle Krankheitserreger. Sie identifizieren Eindringlinge, fressen sie und machen die Bakterien anschließend mit hochgiftigen Stoffen unschädlich.
Wichtig ist dabei, dass diese Stoffe nur die Bakterien treffen und möglichst wenige Kollateralschäden im umliegenden Gewebe anrichten.
Die Schweizer Wissenschaftler haben nun entdeckt, wie weiße Blutkörperchen diese schwierige Aufgabe lösen. Demnach setzt sich das Enzym MPO dazu direkt auf die Oberfläche von Bakterien und stellt dort eine äußerst aggressive Säure her, die sofort mit der Umgebung reagiert, ein Loch in die Zellhülle des Bakteriums frisst und es so tötet.
MPO kämpft sehr präzise und punktgenau gegen bakterielle Infektionen ohne Kollateralschäden in der Umgebung anzurichten.
„Machtlos gegen diese Säurebombe“
Weiße Blutkörperchen bekämpfen bakterielle Eindringlinge mithilfe von Wasserstoffperoxid. Das Enzym MPO bildet daraus Hypochlorsäure, einen Stoff, der laut den Forschern noch um ein Vielfaches wirksamer und aggressiver ist als Wasserstoffperoxid. Die Säure setzt sich direkt auf die Oberfläche der Bakterien, reagiert dort unmittelbar und tötet den Eindringling.
„Bakterien sind praktisch machtlos gegen diese Säurebombe“, erklärte Studienautor Prof. Dirk Bumann. „Dadurch, dass Hypochlorsäure so hochreaktiv ist, reagiert die Bombe sofort mit den nächsten Biomolekülen. In das weitere Umfeld gelangt sie gar nicht, sondern wird lokal gezündet. Die Bakterien sterben und das umliegende Gewebe bleibt verschont.“
Bei manchen Menschen sammelt sich Wasserstoffperoxid an
Den Angaben zufolge wurden in der Studie auch Zellen von Menschen untersucht, denen durch einen genetischen Defekt das Enzym MPO fehlt. Dieser Defekt betrifft laut den Experten rund eine von 5.000 Personen, ist also sehr selten.
Bei diesen Menschen wird das Wasserstoffperoxid nicht in Hypochlorsäure umgewandelt, sondern sammelt sich an, bis es schließlich in die Blutzelle und nach außen strömt.
„Auch ohne MPO werden die Bakterien unschädlich gemacht. Allerdings wird dabei nicht nur das Bakterium, sondern auch das Blutkörperchen selbst und die Umgebung geschädigt“, erklärte Bumann.
Co-Autorin PD Dr. Nina Khanna fügte an: „Wie stark Entzündungsreaktionen ohne MPO und das damit verbundene Sterben der Blutzellen von Nachteil sind oder ob sie gar zu Langzeitschäden führen, ist bislang jedoch nicht erforscht.“
Neue Therapieformen im Kampf gegen bakterielle Infektionen
Laut Khanna spielen die zellulären Kollateralschäden hierzulande derzeit keine so große Rolle, „da wir in unseren Breiten im Vergleich zu früher viel seltener mit Infektionen zu kämpfen haben“. Es wäre jedoch vorstellbar, neue Therapieformen im Kampf gegen bakterielle Infektionen zu entwickeln, die durch eine gezielte Stärkung des MPO-Mechanismus die Immunreaktion unterstützen könnten.
„Dieser Ansatz ist insofern interessant, als es bisher lediglich Medikamente gibt, die das Gegenteil tun und MPO hemmen. Der Grund ist, dass MPO bei Herzerkrankungen auch negative Auswirkungen auf den Körper haben kann“, so Bumann.
Wenn solche MPO-Hemmer jedoch breit eingesetzt würden, könnten die Nachteile bei Infektionskrankheiten deutlicher zum Tragen kommen. (ad)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.