Wie in den Vorjahren sterben bei Betrachtung der Herzkrankheiten in der Summe mehr Frauen als Männer, wie der neue Deutsche Herzbericht 2016 dokumentiert. 110.915 Frauen gegenüber 97.061 Männern starben 2014 an koronarer Herzkrankheit (KHK)/Herzinfarkt, Herzklappenerkrankungen, Rhythmusstörungen, Herzschwäche (Herzinsuffizienz) und angeborenen Herzfehlern. Der Herzbericht wird von der Deutschen Herzstiftung zusammen mit den ärztlichen Fachgesellschaften für Kardiologie (DGK), Herzchirurgie (DGTHG) und Kinderkardiologie (DGPK) alljährlich herausgegeben und kann kostenfrei unter www.herzstiftung.de/herzbericht angefordert werden.
Besonders auffallend ist die deutlich höhere Sterblichkeit bei Frauen mit Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen und Herzklappenerkrankungen. „Frauen mit diesen Herzkrankheiten haben offensichtlich eine ungünstigere Prognose als männliche Patienten“, unterstreicht der Kardiologe Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. „Diese starken Sterblichkeitsunterschiede bestehen seit Jahren, sie stehen im Kontrast zur stationären Erkrankungshäufigkeit, die bei Männern deutlich höher ist, und sollten Anlass für genauere Untersuchungen sein, um Engpässe in der medizinischen Versorgung von Herzpatientinnen auszuschließen.“ So lag 2014 die Sterbeziffer (Gestorbene pro 100.000 Einwohner/EW) bei Herzschwäche für Frauen um 71,2% über dem Wert der Männer: bei Frauen lautete die Sterbeziffer 68,9 pro 100.000 EW, bei Männern 40,3. In absoluten Zahlen: 28.513 Frauen starben gegenüber 16.038 Männern an Herzschwäche. Bei den Herzrhythmusstörungen lag die Sterbeziffer der Frauen um 48,2% höher (Frauen: 37,8; Männer: 25,5): 15.620 Frauen starben gegenüber 10.154 Männern an Rhythmusstörungen. Bei Herzklappenerkrankungen lag die Sterbeziffer der Frauen um 54% höher als bei den Männern. Eine Ausnahme stellen KHK/Herzinfarkt dar, die generell eine deutlich höhere Zahl an Sterbefällen bei Männern als bei Frauen aufweisen.
Werden Frauen seltener behandelt und weniger gut versorgt als Männer?
Für das Sterblichkeitsgefälle zwischen Frauen und Männern stellt sich die Frage nach Unterschieden in der medizinischen Versorgung (Diagnostik, Therapie). So zeigt sich in der Versorgung von Patienten mit Herzgefäßerkrankungen – auch unter Berücksichtigung der höheren Erkrankungshäufigkeit der KHK bei Männern –, dass deutlich weniger Frauen eine Linksherzkatheter-Untersuchung (LHK) erhalten: 2015 waren 35,4% der LHK-Patienten Frauen gegenüber 64,8% Männern. Niedrig fällt auch der Frauenanteil bei den perkutanen Koronar-Interventionen (PCI) (Ballondilatation, Stent-Einbringung) aus: 2015 waren nur 28,3% der PCI-Patienten Frauen. Ähnlich verhält es sich bei den Bypass-Operationen: von 51.941 Eingriffen (2015) wurden Frauen mit 11.521 (22%) Eingriffen deutlich seltener operiert als Männer (78% mit 40.420 Bypass-Operationen). Ferner zeigen auch die verordneten Arznei-Tagesdosen, dass Männer deutlich mehr Medikamente zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekommen als Frauen: bei Männern sind 45% der verordneten Arzneien Herz-Kreislauf-Medikamente, bei Frauen liegt der Anteil bei 25% (TK Gesundheitsreport 2016).
„Ob ein Zusammenhang zwischen diesen Unterschieden in der medizinischen Versorgung von Herzpatientinnen und der ungünstigeren Prognose für Frauen mit Herzschwäche, Klappenerkrankungen und Rhythmusstörungen besteht, müssen zukünftige Analysen klären. In jedem Fall müssen Frauen ihrer Herzerkrankung entsprechend diagnostisch und therapeutisch so weit versorgt werden, dass ein Ungleichgewicht in der Sterblichkeit nicht auf Versorgungsunterschieden beruht“, betont der Herzspezialist. Allerdings müssten frauenspezifische Besonderheiten wie hormonelle Unterschiede, Wirkungsunterschiede von Medikamenten aufgrund von Stoffwechselprozessen, unterschiedliche Anatomie der kleinen Herzkranzgefäße und die verminderte Wahrnehmung von Herzinfarkt-Symptomen bei Frauen, besonders im hohen Alter, in diese Analyse einfließen. (Gastbeitrag Deutsche Herzstiftung)
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