Chronische Depressionen sind mit spezifischer Psychotherapie besser behandelbar
Fast zehn Prozent der Menschen weltweit leiden an Depressionen und Angstzuständen. In manchen Fällen gestaltet sich die Behandlung der psychischen Erkrankung besonders schwierig. Eine Studie zeigte nun, dass chronische Depressionen mit einer spezifischen Psychotherapie besser behandelbar sind.
Jeder zehnte Mensch leidet an Depressionen
Fast jeder zehnte Mensch weltweit leidet an Depressionen oder Angstzuständen. Allein in Deutschland sind laut Experten innerhalb eines Jahres über sechs Millionen Personen betroffen. Die Behandlung der psychischen Krankheit erfolgt traditionell mit Medikamenten (Antidepressiva) und Psychotherapie. Untersuchungen haben nun gezeigt, dass eine spezifische Psychotherapie zur Behandlung chronischer Depression, bei der belastende Beziehungserfahrungen berücksichtigt werden, einer unspezifischen unterstützenden Psychotherapie überlegen ist.
Chronische Depressionen gelten als schwer behandelbar
Herausgefunden haben dies Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Freiburg in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) sowie weiteren sechs deutschen Universitäten.
Die Ergebnisse der Studie wurden nun im Fachjournal „JAMA Psychiatry“ veröffentlicht.
Wie es in einer Mitteilung der Uniklinik Freiburg heißt, gelten chronische Depressionen als schwer behandelbar. Demnach spricht die Mehrzahl der Patienten auf vielfache psychotherapeutische und medikamentöse Therapieversuche nicht an.
„Daher führen chronische Depressionen zu einer erheblichen Krankheitslast, welche vor allem durch eine lang anhaltende Einschränkung der Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität gekennzeichnet ist“, erklärte Prof. Dr. Elisabeth Schramm vom Universitätsklinikum Freiburg, die die Untersuchung zusammen mit Prof. Dr. Dr. Martin Härter, PD Dr. Levente Kriston und Ramona Meister von UKE-Seite durchgeführt hat.
Spezifische und strukturierte Psychotherapie entwickelt
Laut der Mitteilung wurde in den letzten Jahren erstmals eine spezifische und strukturierte Psychotherapie zur Behandlung chronischer Depression entwickelt, das „Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy“ (CBASP).
In dieser in den USA entwickelten Behandlung fokussieren die Therapeuten intensiv auf belastende Beziehungserfahrungen, über die viele chronisch depressive Patienten berichten.
„Die Patienten lernen während der Therapie, den Zusammenhang der aktuellen Probleme mit früheren verletzenden Erfahrungen zu erkennen und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen im Alltag erfolgreicher zu gestalten“, erläuterte UKE-Professor Härter.
Verbesserte Leistungsfähigkeit und Lebensqualität
In der aktuellen Studie verglichen die Wissenschaftler die Wirksamkeit von CBASP mit einer unterstützenden Psychotherapie, einer sogenannten supportiven Therapie.
Um zu ihren Ergebnissen zu gelangen, behandelten sie an acht universitären Zentren (Lübeck, Hamburg, Heidelberg, Tübingen, Bonn, Marburg, Mannheim, Freiburg) insgesamt 268 Patienten mit früh begonnener chronischer Depression.
Die Patienten erhielten per Zufall zugeteilt eine der beiden Behandlungen. Die ambulante Einzeltherapie dauerte ein Jahr, umfasste 32 Sitzungen und wurde ohne begleitende Medikation durchgeführt.
Laut den Forschern führten beide Behandlungen zu einer deutlichen Besserung für die Patienten, die sich sowohl in der Verminderung der depressiven Symptome als auch in einer verbesserten allgemeinen Leistungsfähigkeit und Lebensqualität zeigte.
Allerdings sprachen zu Behandlungsende mehr Patienten auf die spezifische Therapie mit CBASP an. Auch eine vollständige Besserung der depressiven Symptome wurde unter CBASP deutlich häufiger erreicht.
Behandlungserfolg könnte sich steigern lassen
Nach Einschätzung der Wissenschaftler ist das angesichts der Schwere und Hartnäckigkeit der Erkrankung ein beachtlicher Erfolg.
„Das wichtigste Ergebnis dieser Studie ist aus unserer Sicht, dass auch schwer behandelbare chronisch depressive Patienten mit einer alleinigen störungsspezifischen Psychotherapie geholfen werden kann, wenn diese Psychotherapie über einen längeren Zeitraum angeboten wird“, so Prof. Schramm.
Die Studie sei die erste, in der die Wirksamkeit der neu entwickelten Methode im Vergleich zu einer unspezifischen Psychotherapie geprüft wurde.
„Möglicherweise lässt sich der Behandlungserfolg durch eine Kombination aus Psychotherapie und antidepressiver Medikation in der Zukunft noch steigern, dies müsste in Folgestudien untersucht werden“, ergänzte Prof. Härter. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.