Fröhlich oder traurig? Mona Lisas Lächeln eindeutiger als gedacht
Die „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci ist das vielleicht berühmteste Gemälde der Welt. Erschaffen wurde es vor über 500 Jahren. Und fast so lange währt auch die Diskussion darüber, was das Lächeln der Frau auf dem Ölgemälde zu bedeuten hat: Ist sie traurig oder fröhlich? Deutsche Forscher meinen, ihre Mimik sei eindeutiger als gedacht.
Das vermutlich berühmteste Gemälde der Welt
Das Ölgemälde „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci ist vermutlich das berühmteste Bild der Welt. Um kein anderes Meisterwerk ranken sich so viele Mythen, wie um die Schönheit des italienischen Malers. Besonders viel wird über das Lächeln der Frau diskutiert: Ist es ein Ausdruck von Traurigkeit oder von Fröhlichkeit? Forscher aus Deutschland berichten nun, die Mimik der gemalten Frau ist eindeutiger als gedacht.
Mehrdeutiger Gesichtsausdruck
Der vermeintlich mehrdeutige Gesichtsausdruck der Mona Lisa galt lange Zeit als ein wesentlicher Grund für die enorme Anziehungskraft des Gemäldes des italienischen Künstlers. Ist die Gemalte fröhlich oder traurig?
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Freiburg, des Instituts für Psychologie der Universität Freiburg und des Freiburger Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP) haben nun in einer Studie herausgefunden, dass Versuchspersonen die Mona Lisa in fast 100 Prozent der Fälle als fröhlich wahrnehmen.
Wie es in einer Mitteilung der Uniklinik heißt, stellten sie zudem fest, dass die emotionale Einschätzung der Bilder davon abhängt, welche weiteren Bild-Varianten bisher gezeigt wurden.
Mona Lisa wird fast immer als fröhlich wahrgenommen
Um zu den Ergebnissen zu gelangen, präsentierten die Forscher den Probanden das Original-Gemälde und acht Bild-Varianten, auf denen die Mundwinkel der Mona Lisa nach unten oder nach oben verschoben wurden und dadurch ein traurigerer oder fröhlicherer Gesichtsausdruck entstand.
„Es war für uns eine große Überraschung, dass die Original-Mona Lisa fast immer als fröhlich wahrgenommen wird. Das widerspricht der gängigen Meinung der Kunstgeschichte“, sagte PD Dr. Jürgen Kornmeier, Leiter der Forschungsgruppe Wahrnehmung und Kognition im Freiburger IGPP und Wissenschaftler an der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg.
Die Studienergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Fröhliche Gesichter werden schneller erkannt
Die Wissenschaftler erzeugten für die Studie zunächst acht Mona Lisa-Varianten, die sich nur in einer schrittweisen Veränderung der Mund-Krümmung unterschieden.
Dann wurden den zwölf Probanden das Original sowie je vier Bilder mit traurigerem und fröhlicherem Gesichtsausdruck in zufälliger Reihenfolge präsentiert. Per Tastendruck gaben die Testpersonen für jedes Bild an, ob sie es als fröhlich oder traurig wahrnahmen, und anschließend, wie sicher sie sich bei ihrer Antwort waren.
In der Summe der Antworten ergab sich so ein prozentualer Wert auf einer Skala von traurig bis fröhlich und ein Wert für die Sicherheit ihrer Entscheidung.
Wie es in der Mitteilung heißt, wurden in nahezu 100 Prozent der Fälle das Original sowie alle positiveren Varianten als fröhlich wahrgenommen. Dabei erkannten die Probanden fröhliche Gesichtsausdrücke schneller als traurige. „Es scheint, als hätten wir einen Filter für positive Gesichtsausdrücke in unserem Gehirn“, so Dr. Kornmeier.
Wahrnehmung passt sich an die Umwelt an
In einem weiteren Experiment behielten die Forscher die Variante mit der geringsten Mund-Krümmung als traurigste Variante bei.
Als sie dann das Mona Lisa-Original als fröhlichste Variante sowie sieben Zwischenvarianten präsentierten – wobei drei davon schon im ersten Experiment gezeigt worden waren – stellten sie mit Erstaunen fest, dass die Probanden nun jene Bildvarianten, die schon im ersten Experiment gezeigt worden waren, tendenziell als trauriger wahrnahmen.
„Die Daten zeigen, dass unsere Wahrnehmung, etwa ob ein Gesicht traurig oder fröhlich ist, nicht absolut ist, sondern sich erstaunlich schnell an die Umwelt anpasst“, erklärte Dr. Kornmeier.
Gehirn muss sich ein Bild der Welt konstruieren
Den Angaben zufolge ist die Studie Teil eines größeren Projekts von Dr. Kornmeier und Prof. Tebartz van Elst am Universitätsklinikum Freiburg, in dem Wahrnehmungsprozesse erforscht werden.
„Mit unseren Sinnen können wir nur einen sehr eingeschränkten Teil der Information aus unserer Umwelt aufnehmen, beispielsweise weil ein Objekt teilweise verdeckt oder schlecht beleuchtet ist“, erläuterte Dr. Kornmeier.
„Das Gehirn muss dann aus den unvollständigen und oft mehrdeutigen Informationen ein Bild der Welt konstruieren, das der Realität am nächsten kommt“.
Wie diese Konstruktionsprozesse bei Gesunden ablaufen und ob sie bei Menschen mit psychischen Erkrankungen, etwa mit Wahnvorstellungen, verändert sind, untersuchen die Freiburger Forscher. (ad)
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