Krebsexperten kritisieren unzureichende Eindämmung des Tabakkonsums
Zwar mögen manche Raucher das Gefühl haben, dass sie in ihren Freiheiten durch die Gesetzgebung der letzten zehn Jahre schon deutlich eingeschränkt wurden, doch hinkt Deutschland im europäischen Vergleich hinterher bei der Eindämmung des Rauchens. „Deutschland hat in dieser Hinsicht in den letzten Jahren wenig geleistet und bietet daher der Tabakindustrie im europäischen Vergleich geradezu paradiesische Verhältnisse“, berichtet das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ).
In Deutschland werde viel zu wenig unternommen, um das Rauchen einzudämmen und das Nichtrauchen zu fördern, so die aktuelle Mitteilung des DKFZ. Im europäischen Vergleich der Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums sei Deutschland nun schon zum zweiten Mal in Folge auf dem vorletzten Platz gelandet. Lediglich in Österreich wurde noch weniger gegen den Tabakkonsum unternommen. Dies zeige die sogenannte „Tabakkontrollskala 2016“, eine Befragung in 35 europäischen Staaten, die bei der siebten Europäischen Tabakkontrollkonferenz in Porto vorgestellt wurde.
Deutschland einziges Land ohne Außenwerbeverbot
Das Ergebnis der aktuellen Erhebung ist ernüchternd. Demnach bildet Deutschland für die Tabakindustrie im europäischen Vergleich ein regelrechtes Paradies. So ist die Bundesrepublik beispielsweise „das einzige Land in der EU, das noch uneingeschränkt Außenwerbung für Tabakprodukte erlaubt“, berichtet das DKFZ. Auch habe Deutschland seit 2010 keinerlei Maßnahmen ergriffen, um das Rauchen zu verringern. Lediglich die europäische Tabakproduktrichtlinie sei im vergangenen Jahr in nationales Recht umgesetzt worden. Dies war jedoch für alle EU-Mitgliedstaaten Pflicht, so der Hinweis des DKFZ.
Maßnahmen zur Verringerung des Tabakkonsums bewertet
Anhand der Tabakkontrollskala wurde für die einzelnen EU-Länder die Einführung von Maßnahmen zur Verringerung des Rauchens in der Bevölkerung quantifiziert und bewertet. Sechs verschiedene Maßnahmen seien hier von der Weltbank als wirksam eingestuft worden und sollten daher im Rahmen einer umfassenden Tabakpräventionsstrategie eingeführt werden, berichtet das Deutsche Krebsforschungszentrum. Zu den Maßnahmen gehören Tabaksteuererhöhungen, rauchfreie öffentliche Räume, Aufklärungskampagnen, ein umfassendes Tabakwerbeverbot, Warnhinweise auf Tabakverpackungen und die Unterstützung beim Rauchstopp.
Gesetze schneller voranbringen
Das Ranking zeigt überdeutlich den großen Handlungsbedarf, der in Deutschland in der Tabakkontrolle besteht, betont die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention und des WHO-Kollaborationszentrums für Tabakkontrolle am DKFZ, Dr. Ute Mons. „Ein besonders frappierendes Beispiel ist das längst überfällige Außenwerbeverbot“, so Mons bei der siebten Europäischen Tabakkontrollkonferenz (European Conference on Tobacco or Health) in Porto. Es sei allerhöchste Zeit, den seit nunmehr fast einem Jahr vorliegenden und immer wieder verzögerten Gesetzentwurf für ein Verbot der Tabakaußenwerbung umzusetzen, betont die Expertin. Deutschland erreiche lediglich für Rauchverbote im öffentlichen Raum sowie für die Einführung der neuen Warnhinweise gerade einmal die Hälfte der möglichen Punkte, bei allen anderen Kriterien liege die Bundesrepublik darunter.
Andere EU-Staaten handeln entschieden
In anderen europäischen Staaten war hingegen ein weitreichenderes Vorgehen gegen den Tabakkonsum festzustellen. Allen voran haben insbesondere Großbritannien und Nordirland in den letzten Jahren immer wieder neue Regelungen eingeführt, berichtet das DKFZ. Als Beispiele nennen die Experten unter anderem die Einführung einer standardisierten Verpackung für Tabakerzeugnisse und ein Rauchverbot im Auto, wenn Kinder mitfahren. Im Ranking aufsteigen könne ein Land nur, wenn es seit der letzten Erfassung neue Maßnahmen ergriffen hat, erläutert das DKFZ. Deutschland habe in dieser Hinsicht in den letzten Jahren wenig geleistet und biete daher der Tabakindustrie geradezu paradiesische Verhältnisse. Die Folgen seien dramatisch. So würden jedes Jahr rund 121.000 Menschen an den Gesundheitsschäden versterben, die das Rauchen verursacht. (fp)
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