LSG Stuttgart: Lichtbild ist grundsätzlich Pflicht
Stuttgart (jur). Krankenversicherte können aus religiösen Gründen keine elektronische Gesundheitskarte ohne Lichtbild verlangen. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem am Samstag, 1. April 2017, veröffentlichten Urteil (Az.: L 11 KR 3562/16).
Die elektronische Gesundheitskarte wird seit 2013 von den Krankenkassen ausgegeben. Ab 2015 gilt sie als allein gültiger Nachweis für eine gesetzliche Krankenversicherung. Auf dem Chip sind bislang nur dieselben „Stammdaten“ gespeichert, die früher auf der Karte aufgedruckt waren, darunter Name, Geburtsdatum, Anschrift und Geschlecht. Künftig sollen diese Daten in den Arztpraxen über das Internet abgeglichen und gegebenenfalls aktualisiert werden. Um Missbrauch der Gesundheitskarte vorzubeugen, ist auch ein Foto des Versicherten auf der Karte grundsätzlich Pflicht.
Im jetzt entschiedenen Fall hatte eine heute 51-jährige evangelische Frau aus dem Raum Stuttgart sich geweigert, ein Foto für ihre neue elektronische Gesundheitskarte zur Verfügung zu stellen. Sie berief sich auf persönliche religiöse Gründe, ohne diese jedoch weiter auszuführen. Die Krankenkasse müsse ihr daher eine Gesundheitskarte ohne Lichtbild zur Verfügung stellen.
Im Laufe des Verfahrens argumentierte sie weniger religiös und brachte zudem auch Bedenken gegen die Speichermöglichkeiten des Chips vor. Die elektronische Gesundheitskarte führe zu einer unverhältnismäßigen Datenerhebung. Der Versicherte müsse es selbst in der Hand haben, wem er seine Gesundheitsdaten gebe. Auch könnten Hacker an die Krankendaten von Patienten herankommen, so ihre Befürchtung.
Doch sowohl vor dem Sozialgericht Stuttgart als auch vor dem LSG hatte die heute 51-Jährige mit ihrer Klage keinen Erfolg. Aus dem Grundrecht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit ergebe sich kein Anspruch auf eine elektronische Gesundheitskarte ohne Lichtbild, so die Stuttgarter Richter in ihrem Urteil vom 24. Januar 2017. Nach den gesetzlichen Bestimmungen seien lediglich Versicherte bis zum 15. Lebensjahr und Personen, die bei der Erstellung des Lichtbildes nicht mitwirken können – wie beispielsweise bettlägerige Menschen – von der Fotopflicht befreit.
Aus religiösen Gründen könnten allenfalls bestimmte Modifikationen zugelassen werden, wie eine Ausnahme vom Verbot der Kopfbedeckung, so das LSG. Der pauschale Verweis auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit reiche aber nicht. Die Klägerin habe ja noch nicht einmal ihre religiösen Gründe näher ausgeführt.
Auch die anderen Gründe wie Bedenken gegen die Datenspeicherung ließ das LSG mit Verweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) nicht durchgehen. Die Kasseler Richter hatten am 18. November 2014 entschieden, dass die elektronische Gesundheitskarte nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstößt (Az.: B 1 KR 35/13; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag).
So sei das Foto „geeignet und erforderlich, um missbräuchlichen Nutzungen zu begegnen“. Auch der geplante Abgleich der Stammdaten helfe, ungültige Karten zu erkennen und Missbrauch zu verhindern, etwa bei der Zuzahlungsbefreiung für Kinder. Dass die Datensicherheit unzulänglich sei, sei bislang ebenfalls nicht festzustellen, urteilte das BSG. fle/mwo
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