Bewegung kann oftmals mehr bewirken als eine Tablette. Besonders gilt dies für Patienten mit der Rheuma-Krankheit Morbus Bechterew, die sich im Alltag durch quälende Rückenschmerzen zeigt. Bei der Erkrankung kommt es zu chronischen Entzündungen in den Wirbelgelenken, die nach und nach zu einer knöchernen Versteifung führen. Da die Entstehungsmechanismen weitestgehend im Dunkeln liegen, gibt es heute keine Heilungschancen der Erkrankung, die Betroffene im späteren Verlauf typischerweise mit einem Buckel straft. Gerade bei Morbus Bechterew hilft Sport, die Schmerzen und Langzeitfolgen der Krankheit einzudämmen. PD Dr. Bertram Hölzl, Bechterew-Experte und wissenschaftlicher Leiter des Gasteiner Heilstollen, hat die fünf besten Reha-Tipps für Betroffene zusammengestellt.
Nordic Walking – gut für empfindliche Gelenke
Einer der wichtigsten Therapieratschläge von Experten lautet: Bewegung, Bewegung und nochmals Bewegung. Grundsätzlich eignen sich bei Morbus Bechterew Sportarten, die Gelenke nicht zu stark beanspruchen. Belegt ist, dass sich Nordic Walking für Morbus-Bechterew-Patienten besonders eignet. Dank der Stöcke schont es besonders Gelenke. „Bechterew-Patienten sollten auf längenverstellbare Stöcke achten“, empfiehlt Dr. Hölzl. „Sie können mit der Zeit höher und damit aufrechter eingestellt werden.“ Bei Bedarf sind auch stabilisierende Schienen oder puffernde Einlegesohlen sinnvoll. Am besten die richtige Technik in einem Kurs erlernen, damit sich keine Fehlbelastungen einschleichen.
Übung mit dem Gymnastik-Ball hält Körper geschmeidig
Mit Gymnastik lässt sich der Körper geschmeidig halten. Das wirkt gerade zu Beginn der Erkrankung der Versteifung entgegen. Außerdem leiden Betroffene weniger unter Schmerzen. Gute Gymnastikübungen, die die Beweglichkeit erhalten sowie die Rücken- und Bauchmuskulatur stärken, lassen sich mit Gummibändern und dem Gymnastikball durchführen. Die Kräftigung der Brustkorbmuskulatur erleichtert zum Beispiel die Atmung. Dazu auf dem Ball sitzen, die Füße parallel auf ein langes Gummiband stellen und überkreuzt in die Hände nehmen. Dann regelmäßig ziehen und dabei Körperhaltung beibehalten. „Wichtig ist, dass die Übung nur bis an die Schmerzgrenze ausgeübt wird, nicht darüber hinaus“, mahnt Dr. Hölzl.
Richtig Atmen will gelernt sein
Die Versteifung kann bei Morbus Bechterew-Patienten auch die Gelenke zwischen Wirbelsäule und Rippen erfassen. Dadurch wird die Beweglichkeit des Brustkorbs eingeschränkt. Das kann zum Muskelschwund der Atemmuskulatur und zu mangelnder Kondition führen. Dem können Betroffene entgegensteuern, wenn sie die Zwerchfellatmung erlernen. Die Bauchatmung erlernt man am leichtesten im Liegen. Der aktive Teil der Atmung ist dabei die Ausatmung. Kurz und zügig einatmen und sofort langsam und entspannt ausatmen. Anschließend Atempause machen. Es sollten etwa sieben bis acht Atemzüge pro Minute gemacht werden. Eine Atemtrainingseinheit dauert drei Minuten.
Rollenlagerung verbessert Aufrichtung
Die Lagerungstherapie auf Holzrollen, die Wirbelsäule und Brustkorb dehnt, zeigt sehr gute Erfolge hinsichtlich der aufrechten Haltung. Liegt eine Rolle unter der Brustwirbelsäule und eine zwischen Kreuzbein und Steißbein, verspüren Morbus Bechterew-Patienten ein angenehmes Dehnungsgefühl. „Diese Lagerung tut nicht weh, vielmehr darf sie gar nicht wehtun, sonst ist irgendetwas nicht richtig“, mahnt Hölzl. Dokumentiert sind Vorher-Nachher-Effekte bis zu einer um 5 cm verbesserten Aufrichtung. Wer die Lagerungstherapie sechs bis acht Mal unter Aufsicht durchgeführt hat, kann sie in der Regel auch selbstständig zu Hause durchführen.
Eine Kur machen
Während eines Kuraufenthaltes lassen sich diese und weitere Übungen für zu Hause erlernen. „Bei Morbus Bechterew sind Kuren besonders wirksam, wenn sie aus Bewegungstherapie, muskelentspannenden und krankengymnastischen Programmen bestehen“, erklärt Dr. Hölzl. Das Besondere an einer Kur sind darüber hinaus die natürlichen Heilmittel. Beispielsweise das Radon im Gasteiner Heilstollen, der als größtes Therapiezentrum für Morbus Bechterew gilt. Kurgäste fahren zur therapeutischen Nutzung mehrmals mit dem Zug in den Heilstollen ein und verbringen etwa eine Stunde auf den Therapiestationen. Neben Radon wirken Wärme und hohe Luftfeuchtigkeit. Sie bewirken eine Lockerung und Mehrdurchblutung von Muskeln. Vor allem aber sprechen Experten der Radonwärmetherapie schmerzlindernde Wirkungen zu. Sowohl auf Schmerzen der Muskel-, Sehnen- und Bandansätze als auch auf die entzündlichen Vorgänge im Gelenk selbst, hat Radon positive Wirkungen. Diese Schmerzlinderung hält im Mittel etwa 9 Monate an. Reduzieren sich Schmerzen, erleichtert dies für Betroffene, Bewegung wieder in den Alltag zu integrieren.
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.