Probieren statt studieren: Mehr Spaß am Familienessen
Suppenkasper und Zappelphilipp – das eigenwillige Essverhalten unseres Nachwuchses war bereits im 19. Jahrhundert ein bekanntes Phänomen. Wie Familienessen gelingen kann, diskutierten Expertinnen auf der Stuttgarter Slow Food Messe. Während mäkelige und unruhige Kinder das Familienessen schon immer erschwerten, kommen heutzutage noch besorgte bis überängstliche Eltern hinzu: Isst mein Kind zu viel oder zu wenig; verträgt es dieses oder jenes Lebensmittel überhaupt? Das fragen sich vor allem die modernen Mütter und suchen Rat in einer Flut von Erziehungsratgebern.
Dagegen empfehlen die Fachleute den Eltern weniger zu grübeln und mehr auszuprobieren. »Wir sollten unseren Kindern Lust auf neue Lebensmittel machen: gemeinsam gärtnern, einkaufen und kochen«, rät Sigrid Fellmeth, BeKi-Fachfrau für Kinderernährung in Mannheim (BeKi = Bewusste Kinderernährung, Landesinitiative Baden-Württemberg). Dabei sollten die Kinder ganz viel fühlen, riechen und schmecken dürfen. Essen ist ein sinnliches Erlebnis und keine Kopfsache. »Kinder brauchen einfach Zeit und Ruhe, um ein gesundes Essverhalten zu entwickeln. Sie haben häufig Phasen mit bestimmten Vorlieben wie Spaghetti mit Tomatensauce, die dann auch wieder verschwinden«, erklärt Fellmeth. Deshalb lautet das wichtigste Rezept für verunsicherte Eltern, gelassen zu bleiben. Spannungen und Unsicherheiten übertragen sich auf die Kinder und schlagen allen auf den Magen.
Noch wichtiger ist es jedoch, dass überhaupt alle Familienmitglieder regelmäßig an einen Tisch kommen. Beim Mittagessen können zumindest Grundschulkinder ihren Ballast von der Schule abladen. Seitdem in immer mehr Familien beide Eltern arbeiten, wird weniger gemeinsam gegessen und wenn, dann eher abends. »Aber immerhin noch die Hälfte aller berufstätigen Eltern versammelt sich einmal täglich am Esstisch«, weiß Professorin Lotte Rose von der Frankfurt University of Applied Sciences. Je älter die Kinder sind, desto schwieriger wird das.
Die Jugendlichen haben immer mehr Termine und möchten autonom sein. Zwang auszuüben, wäre jedoch fehl am Platze. »Beim Essen tun wir uns mit der sonst so selbstverständlichen Selbstbestimmung unserer Kinder manchmal schwer. Aber es kann ein wichtiger Ort sein, Demokratie zu lernen. Das heißt: Kindern sollten ihre Vorstellungen zum Essen einbringen dürfen. Eltern sollten ihre Positionen begründen und Kompromisse aushandeln«, empfiehlt Ernährungswissenschaftlerin Rose. Ansonsten gilt: Die Atmosphäre muss stimmen. Sonst schmeckt das beste Essen nicht. Jutta Schneider-Rapp, bzfe
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