Experten sehen vielseitige Anwendungsmöglichkeiten für Antikörper
Die Behandlung von Allergien gestaltet sich bis heute eher schwierig und konzentriert sich meist auf eine Linderung der Symptome. Doch „Antikörper-Präparate, die als Biologika in den letzten Jahren zur Behandlung von Asthma- und Hauterkrankungen eingeführt wurden, könnten in Zukunft auch Menschen, die unter starken Allergien leiden, das Leben erleichtern“, berichtet die Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO KHC).
Auf der 88. Jahresversammlung der DGHNO KHC in Erfurt infomiert der Experte Professor Ludger Klimek vom Allergiezentrum Wiesbaden über die Möglichkeiten der Allergie-Behandlung mit Antikörpern. Fast jeder dritte Deutsche leide unter Allergien, ein Großteil davon unter Heuschnupfen. Zu den Folgen der allergischen Rhinitis gehören chronisch verstopfte Nasennebenhöhlen und Nasenpolypen. Oft werde gegen das Beschwerdebild mit Nasensprays aus der Apotheke vorgegangen, die als Antihistaminika die Wirkung des Botenstoffs Histamin in der Schleimhaut blockieren, berichtet die DGHNO KHC. In Zukunft könnten Arzneimittel auf Basis spezieller Antikörper hier einen Alternative bieten.
Bisherige Behandlungsoptionen bei Allergien sind unzureichend
Nasensprays mit Antihistaminika, kortisonhaltige Nasensprays beziehungsweise Augentropfen und eine sogenannte spezifische Immuntherapie (früher als Hyposensibilisierung bezeichnet) sind die bislang verfügbaren Behandlungsansätze bei Allergien. „Doch nicht alle Patienten erzielen mit den derzeitigen Therapien ein befriedigendes Ergebnis“, betont Professor Klimek. Und insbesondere Patienten mit sehr starken Allergien (allergischer Schock) oder Reaktionen auf viele verschiedene allergieauslösende Stoffe seien bislang unzureichend versorgt.
Neu Gruppe von Medikamenten auf Basis von Antikörpern
Für die genannten Patienten könnte laut Aussage des Experten in den nächsten Jahren eine weitere Gruppe von Medikamenten zur Verfügung stehen, die sich bereits bei anderen entzündlichen Erkrankungen bewährt hat. Dies seien Antikörper, die gezielt in genau die Entzündungsprozesse eingreifen, die zum Anschwellen der Schleimhaut in Nase, Nasennebenhöhlen und in der Bindehaut des Auges führen. „Die allergische Entzündung ist ein Zusammenspiel von unterschiedlichen Zellen, die über Botenstoffe miteinander kommunizieren“, erläutert Professor Klimek weiter.
Bereits mehrere Wirkstoffe zur Behandlung von Asthma zugelassen
Die entscheidenden Botenstoffe bei Allergien können Professor Klimek zufolge mit Hilfe von Antikörpern abgefangen werden. So seien bereits drei Antikörper, die im Abstand von mehreren Wochen unter die Haut gespritzt werden, in den letzten Jahren in Deutschland zur Behandlung von schwerem Asthma eingeführt worden. Der erste war Omalizumab (Anfang 2005). Dieser „Antikörper bindet die allergischen IgE-Antikörper, was viele Asthmapatienten vor Notaufnahmen in eine Klinik bewahrt hat“, berichtet Prof. Klimek. Zudem können Asthmapatienten seit dem letzten Jahr auch mit Mepolizumab behandelt werden, welches den Botenstoff Interleukin 5 bindet. Des Weiteren ist seit Anfang des Jahres Reslizumab als weiterer Interleukin-5-Antikörper auf dem Markt.
Antkörper auch gegen Neurodermitis und Heuschnupfen einsetzbar?
Neben den drei bereits verfügbaren Wirkstoffen steht laut Aussage des Experten bereits ein vierter Antikörper (Dupilumab) vor der Zulassung, der die Interleukine 4 und 13 neutralisiert. Dieser habe bei Kindern mit Neurodermitis gute Ergebnisse erzielt. Angesichts der Tatsache, dass die immunologischen Mechanismen bei unterschiedlichen Allergien vergleichbar sind, geht Prof. Klimek davon aus, dass die Antikörper „früher oder später“ auch für andere Allergien eingesetzt werden. Der Fachmann ist überzeugt, dass neben der Vorbeugung von allergischen Schockreaktionen (Anaphylaxie), Nahrungsmittelallergien, Insektengiftallergien und Neurodermitis auch schwere Verläufe der allergischen Rhinitis, der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung und der Nasenpolypen zu den Anwendungsgebieten gehören werden.
Professor Klimek zufolge hat sich der IgE-Antagonist Omalizumab bereits in einigen Studien bei Patienten mit chronischer Nasennebenhöhlenentzündung, aber auch bei Patienten mit Heuschnupfen bewährt. Antikörper sind in ihrer Wirkweise laut Aussage des Experten mit der natürlichen Biologie vergleichbar, weshalb sie auch als Biopharmazeutika oder Biologika bezeichnet werden. (fp)
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