Gestörter Fettabbau im Gehirn lässt Mäuse verdummen
Ein beeinträchtigter Fettabbau im Gehirn hat eine extrem nachteilige Wirkung auf die Lern- und Gedächtnisleistung, so das Ergebnis einer aktuellen Studie unter Leitung von Wissenschaftlern der Universität Bonn. Die Studienergebnisse werfen auch einen neuen Blick auf die Entstehung von Demenzerkrankungen, berichtet Universität.
Durch den gestörten Abbau bestimmter Fettmoleküle im Gehirn wird laut Aussage der Forscher die Lern- und Gedächtnisleistung deutlich beeinträchtigt – zumindest bei Mäusen. In Modellversuchen zeigten die Tiere bei einer bei beeinträchtigtem Fettabbau erheblich schlechtere Lern- und Gedächtnisleistungen. Zudem sei in ihrem Gehirn die Menge Alzheimer-spezifischer Proteine stark angestiegen, berichten die Wissenschaftler. Ihre Ergebnisse haben die Forscher in dem Fachmagazin „Autophagy“ veröffentlicht.
Gehirnschmalz gibt es wirklich
In den Versuchen unterbanden die Wissenschaftler im Gehirn von Mäusen den Abbau eines bestimmten Fettmoleküls. Denn das sprichwörtliche „Gehirnschmalz“ gibt es laut Aussage der Forscher tatsächlich. So bestehe das Gehirn abgesehen von Wasser hauptsächlich aus Lipiden, also vereinfacht gesagt: Fett. Diese Lipide dienen zum Beispiel „als Isolierschicht um die Nervenfasern und verhindern so Kurzschlüsse“, erläutern die Experten. Außerdem seien sie ein Hauptbestandteil der dünnen Membranhäutchen, welche die Gehirnzellen umgeben.
Mäuse lernen und erinnern sich schlechter
Eines der häufigsten Lipide in unserem Gehirn ist das sogenannte Sphingolipid, dessen Abbauprodukt S1P möglicherweise eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen spielt, erklären die Forscher. Für ihre Versuche züchteten sie Mäuse, „die in weiten Teilen ihres Gehirns S1P nicht weiter abbauen können“, so die Dr. Gerhild van Echten-Deckert von LIMES-Institut an der Universität Bonn. Daraufhin lernten „die Tiere deutlich schlechter und konnten sich nicht mehr so gut erinnern“, berichtet die Universität weiter.
Mechanismus der Autophagie gestört
Das S1P wird den Angaben der Forscher zufolge normalerweise in verschiedene Teile zerlegt, wobei eines der Abbauprodukte für einen weiteren Stoffwechselweg dringend benötigt werde – für die sogenannten Autophagie. Dieser Mechanismus ermögliche es Zellen, eigene Bestandteile zu verdauen und zu recyceln. Auf diese Weise können die Zellen beispielsweise defekte Proteine oder Zellorganellen beseitigen, die ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen.
Abbauprodukt von S1P für die Autophagie benötigt
Die intrazelluläre Müllabfuhr der Autophagie funktioniert laut Aussage der Wissenschaftler in zwei Schritten. Zunächst werden die „Abfall“ in winzigen „Müllsäcken“ verpackt, die dann mit anderen „Beuteln verschmelzen“, welche hoch reaktive Enzyme enthalten. Diese Enzyme „schreddern“ dann den Inhalt der Müllsäcke und entsorgen ihn, erläutern die Forscher.An der Verpackung des Abfalls in den intrazellulären Müllsäcken ist ein Abbauprodukt von S1P beteiligt und „ohne Abbau von S1P bilden sich weniger geschlossene Müllbeutel; die Autophagie funktioniert dann nicht mehr störungsfrei“, so Studienerstautor Daniel Mitroi in der Pressemitteilung der Universität Bonn.
Anhäufung schädlicher Substanzen im Gehirn
Im Gehirn der Mäuse haben sich bei ausgeschaltetem S1P-Abbau schädliche Substanzen angehäuft, wie beispielsweise „das Protein APP, das bei der Entstehung der Alzheimer-Erkrankung eine Schlüsselrolle spielt“, berichtet der Erstautor der Studie.
Unbekannter Entstehungsmechanismus für Demenz entdeckt?
Nach Ansicht der Forscher rücken die aktuellen Studienergebnisse einen bislang völlig unbeachteten Entstehungsmechanismus für Demenzerkrankungen in den Fokus. Erstmals konnten die Wissenschaftler der Universität Bonn, des Universitätsklinikums Jena, des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) sowie aus San Francisco und Madrid zeigen, welche weitreichenden Konsequenzen der gestörte S1P-Abbau hat. „Möglicherweise tragen unsere Arbeiten langfristig dazu bei, dass diese Störungen des Gehirns irgendwann einmal erfolgreich behandelt werden können“, so die Hoffnung von Dr. van Echten-Deckert. (fp)
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