Darmmikrobiota können vor Salmonellen-Infektionen schützen
Die Funktion der Darmflora wurde lange unterschätzt und erst in den letzten Jahren ist die Bedeutung der Darmmikrobiota bei der Abwehr von Krankheitserregern wieder verstärkt in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) haben nun gemeinsam mit Experten der Yale University (USA), der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und des TWINCORE-Zentrums den Zusammenhang zwischen verschiedenen Zusammensetzungen der Darmflora und der Empfindlichkeit gegenüber Salmonelleninfektionen untersucht.
Die Wechselwirkungen zwischen Darmmikrobiota, Immunsystem und Krankheitserregern blieben bislang weitgehend unerforscht. Im Mausmodellen konnten die Wissenschaftler jetzt grundlegende Mechanismen der Darmflora bei der Abwehr von Salmonellen aufdecken. Die Zusammensetzung der Darmflora hat demnach erheblichen Einfluss auf die Empfindlichkeit gegenüber Salmonelleninfektionen. Ihre Ergebnisse haben die Forscher in dem Fachmagazin „Cell Host & Microbe“ veröffentlicht.
Milliarden Mikroorganismen besiedeln unseren Körper
Der Körper des Menschen wird von Milliarden Mikroorganismen besiedelt, wobei die Zusammensetzung der sogenannten Mikrobiota, der Gesamtheit der Mikroorganismen, die den Darm von Menschen besiedeln, sehr stark zwischen Individuen variiert. Hier sind laut Aussage der Forscher „neben genetischen Faktoren auch Umwelteinflüsse – wie zum Beispiel die Ernährung – Gründe für diese Diversität.“ Die unterschiedliche Zusammensetzung der Mikrobiota werde seit einigen Jahren auch mit der unterschiedlichen Empfindlichkeit von Menschen gegenüber Darminfektionen in Verbindung gebracht.
Erheblicher Einfluss auf das Risiko von Darmerkrankungen
„Die Mikrobiota ist in den letzten Jahren ein immer wichtigerer Aspekt für die Erforschung von Darmerkrankungen geworden“, betont Dr. Till Strowig, Leiter der HZI-Nachwuchsgruppe Mikrobielle Immunregulation. So würden Pathogene auf mehrere Weisen bekämpft. Einerseits konkurriere die Mikrobiota mit den Krankheitserregern um Nährstoffe und verhindere so die Besiedlung des Wirts, andererseits könne der Schutz gegenüber Erregern auch indirekt über das Einleiten einer schützenden Immunantwort des Wirtes erfolgen.
Empfindlichkeit gegenüber Salmonelleninfektion untersucht
In der aktuellen Studie sind die Wissenschaftler nun der Fragestellung nachgegangen, „inwieweit das Mikrobiom Einfluss auf den Schutz gegenüber einer Infektion mit Salmonellen nimmt.“ Sie infizierten genetisch identische Mauslinien, die sich nur in der Zusammensetzung der Mikrobiota unterschieden, mit Salmonellen und dokumentierten den Verlauf der Infektion, die Gewichtsverluste sowie die Überlebensrate der Mäuse. So konnten die Forscher am Ende der Versuche sowohl die empfindlichste Mauslinie als auch die widerstandsfähigste Mauslinie bestimmen. Auf diese Weise ist es den Experten gelungen, die Bakterien der Mikrobiota zu identifizieren, welche am Schutz gegen eine Salmonelleninfektion beteiligt sind, so die Mitteilung des HZI.
Schützende Bakterien identifiziert
Mit modernsten Hochdurchsatz-Sequenziermethoden untersuchten die Wissenschaftler die genauen Unterschiede in den mikrobiellen Gemeinschaften der Mauslinien, wobei ihnen auffiel, dass insbesondere die Anzahl bestimmter Bakterienfamilien (Prevotallaceae und Verrucomicrobiaceae) in der resistenten Mauslinie deutlich höher war als in der empfindlichen Mauslinie. Basierend auf dieser Erkenntnis seien einige dieser Bakterienstämme in empfindliche Mäuse transplantiert worden „Die Mäuse zeigten daraufhin einen deutlich erhöhten Schutz gegenüber Salmonellen“, berichtet das HIZ. Der Versuch bestätige, „dass die bakterielle Zusammensetzung der Darmmikrobiota eine wichtige Rolle beim Schutz gegenüber Salmonelleninfektionen spielt“, so Dr. Strowig. Zudem sei es geglückt, die schützenden Bakterienfamilien zu identifizieren.
Produktion von Zytokin Interferon-Gamma wird erhöht
Die Wissenschaftler konnten auch entschlüsseln, wie der Schutzmechanismus durch die Bakterien funktioniert. Aus früheren Studien sei bereits bekannt gewesen, dass bei der Immunantwort gegen Salmonellen die antimikrobiellen Wirkstoffe und Zytokine (Proteine, die das Wachstum und die Funktion von Zielzellen beeinflussen) in einer frühen Phase der Immunantwort gebildet werden. In den aktuellen Versuchen sei unter Anwesenheit der schützenden Bakterienfamilien bei den Mäusen eine erhöhte Produktion von Zytokin Interferon-Gamma (IFNγ) festzustellen gewesen. Dieses Protein spiele eine kritische Rolle bei der Initiierung von Immunantworten gegen bakterielle Erreger. Wurde die IFNγ-Produktion in den Tieren ausgeschaltet, konnte auch bei Zugabe des schützenden Bakteriencocktails kein erhöhter Schutz erzeugt werden, so Strowig.
Schutz auch in der Darmschleimhaut
Überraschenderweise wurden die Salmonellen nicht nur im Darminnenraum bekämpft., sondern im untersuchten Fall wehrte der Körper die Erreger auch im Gewebe der Darmschleimhaut ab, in welches Salmonellen zur Infektion eindringen müssen, berichten die Wissenschaftler. Die größte Überraschung an den aktuellen Studienergebnissen sei nicht, „dass ein Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung der Darmmikrobiota und dem Krankheitsverlauf besteht, sondern der Mechanismus dahinter“, so Dr. Strowig. In weiterführenden Studien müsse nun herausgefunden werden, welche der beiden Immunzellarten (T-Zellen oder angeborene Lymphozyten) wichtiger für die Antwort des Immunsystems der Darmschleimhaut ist. (fp)
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