Auch andere Organe betroffen: Herzinfarkt als „systemische Krankheit“ nachgewiesen
Ein Herzinfarkt ist ein gefährliches Ereignis und kann für die Betroffenen tödlich enden. Forscher aus Österreich haben nun nachgewiesen, dass ein Infarkt nicht nur für das Herz, sondern für den gesamten Organismus Folgen hat und auch andere Organe betrifft.
Gute herzchirurgische Versorgung in Deutschland
Pro Jahr erleiden rund 300.000 Menschen in Deutschland einen Herzinfarkt. Im Akutfall ist rasches Handeln nötig. Denn eine rechtzeitige Herzinfarkt-Diagnose rettet Leben. Experten zufolge ist die herzchirurgische Versorgung in Deutschland allgemein sehr gut. Neusten Erkenntnissen zufolge ist ein Herzinfarkt aber eine sogenannte „systemische Erkrankung“, weshalb künftige Therapien womöglich an mehreren Stellen im Organismus ansetzen sollten. Die gängige Akuttherapie wird durch das neue Wissen aber nicht in Frage gestellt.
Herzinfarkt hat für den gesamten Organismus Folgen
Ein akuter Herzinfarkt darf und sollte nicht isoliert betrachtet werden – der Myokardinfarkt ist eine „systemische“ Erkrankung, die für den gesamten Organismus Folgen hat und auch andere Organe wie Leber und Milz reagieren lässt.
Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie, die vom PhD-Studenten Matthias Zimmermann und unter der Leitung von Hendrik Jan Ankersmit und Michael Mildner an der Klinischen Abteilung für Thoraxchirurgie an den Universitätskliniken für Chirurgie und Dermatologie der MedUni Wien durchgeführt wurde.
Die Studienergebnisse wurden vor kurzem im Fachmagazin „Oncotarget“ veröffentlicht.
Myokardinfarkt in seiner Ganzheit
„Damit haben wir dargelegt, dass der allein aufs Herzen gerichtete Tunnelblick bei einem Herzinfarkt überdacht werden muss“, sagte Zimmermann laut einer Mitteilung. „Ein Myokardinfarkt ist nichts Isoliertes, der gesamte Organismus reagiert mit.“
Ankersmit ergänzte: „Damit konnten wir erstmals in dieser beschreibenden Wissenschaft zeigen, wie ein Myokardinfarkt in seiner Ganzheit aussieht. Das trägt enorm zum Systembiologischem Verständnis bei.“
Bisher wurde in der Normenwissenschaft zumeist mit monokausalen Ansätzen, ohne ganzheitliche Betrachtung versucht, molekulare und zelluläre Prozesse nach einem Herzinfarkt (ausgelöst durch eine Durchblutungsstörung) zu verstehen.
Auch über die Auswirkungen auf das das Infarkt-Zentrum umgebende Gewebe und andere Organe war sehr wenig bekannt.
Künftige Therapie sollte systemisch betrachtet werden
Die aktuelle Studie wurde in einem für den Menschen relevanten Großtiermodell abgewickelt. Dabei konnten die ForscherInnen zeigen, dass tausende Gene bei einem Herzinfarkt beteiligt sind:
Der Herzinfarkt änderte demnach die Expression von fast 9.000 Genen im Herzen, aber auch von 900 im Leber- und rund 350 im Milzgewebe innerhalb von 24 Stunden nach Infarktsetzung.
Gleichzeitig konnte dem Transkriptionsfaktor Klf4 (ein Protein, das für die Aktivierung vieler anderer Gene wichtig ist) eine bedeutende Rolle zugeschrieben werden – diese „Großtier-Einsicht“ konnte auch durch histologische Untersuchungen an humanem Autopsie-Material bestätigt werden.
Die zentrale Botschaft dieser Arbeit: „Die myokardiale Ischämie, also der Herzinfarkt, endet nicht am verletzten Herzmuskel. Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Spektrum der betroffenen Organe viel größer ist und vieles deutet darauf hin, dass eine Vielzahl von Organsystemen an der Koordination einer Reaktion des Organismus auf den Infarkt beteiligt ist.“
Die neuen Erkenntnisse stellen die gängige Akuttherapie bei einem Herzinfarkt nicht in
Frage – eröffnen aber die Diskussion, ob eine künftige Therapie nicht systemisch betrachtet werden und an mehreren Stellen im Organismus ansetzen sollte. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.