Ohne belastende Magenspiegelung: Schonende Diagnose bei Gluten-Unverträglichkeit
Beschwerden wie Bauchweh oder Durchfall kommen bei Kindern immer wieder mal vor. Wenn sich solche Symptome vor allem nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel einstellen, könnte eine Gluten-Unverträglichkeit dahinter stecken. Um dies herauszufinden, war bislang eine Magenspiegelung nötig. Doch nun gibt es eine schonendere Diagnose-Möglichkeit.
Diagnose ohne belastenden Eingriff
Die meisten Kinder haben immer mal wieder Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Durchfall. Solche Symptome können auch ein Hinweis auf eine lebenslange Autoimmunerkrankung sein: auf Zöliakie (Glutenunverträglichkeit). Um einen solchen Verdacht bei Kindern und Jugendlichen zu bestätigen, war jahrzehntelang eine Magenspiegelung unumgänglich. Experten berichten nun, das die Diagnose in vielen Fällen auch ohne diesen belastenden Eingriff gestellt werden kann.
Etwa ein Prozent der Kinder betroffen
Schätzungen zufolge leiden etwa ein Prozent der Kinder und Jugendlichen in Europa an der Gluten-Unverträglichkeit Zöliakie.
Essen Betroffene Lebensmittel, die das Klebereiweiß Gluten enthalten, wird bei ihnen eine Reaktion des Immunsystems ausgelöst. Dies führt zur chronischen Entzündung der Dünndarmschleimhaut.
Die dadurch entstehenden Beschwerden reichen von Verdauungsproblemen mit Bauchschmerzen, Durchfall, Blähungen oder Verstopfung bis zu vermindertem Wachstum oder Blutarmut.
Die genauen Ursachen, die zu dieser Unverträglichkeit führen können, sind noch immer unbekannt.
Zöliakie-Patienten müssen streng auf ihre Ernährung achten und lebenslang auf alle Speisen mit Gluten verzichten.
Das Klebereiweiß ist vor allem in Getreidesorten wie Weizen, Roggen oder Gerste enthalten, versteckt sich aber nicht nur im Brot, sondern findet sich auch in verarbeiteten Lebensmitteln.
Gluten-Unverträglichkeit bleibt oft unerkannt
Da die Zöliakie-Zeichen sehr vielfältig sind, bleibt die Glutenunverträglichkeit oft unerkannt.
Über Jahrzehnte war eine Magenspiegelung bei Kindern und Jugendlichen unumgänglich, um die Diagnose einer Zöliakie zu bestätigen.
Doch eine große internationale Studie – koordiniert vom Dr. von Haunerschen Kinderspital des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München – konnte nun zeigen, dass in über 50 Prozent der Fälle die Diagnose zuverlässig ohne diesen Eingriff gestellt werden kann.
Die Wissenschaftler veröffentlichten die Studienergebnisse kürzlich in der Fachzeitschrift „Gastroenterology“.
Belastende Magenspiegelung mit Narkose
Kinder müssen für die Magenspiegelung mit Gewebeentnahme tagsüber in der Klinik bleiben. Dies ist stets mit Ängsten und Unannehmlichkeiten verbunden.
Doch die neuen „Ergebnisse schaffen endlich Klarheit“, sagte Prof. Dr. med. Sibylle Koletzko, Leiterin der Kindergastroenterologie im Dr. von Haunerschen Kinderspital am LMU-Klinikum laut einer Mitteilung.
„Das erspart vielen Kindern die belastende Magenspiegelung mit Narkose“, so Koletzko, die mit ihren Mitarbeitern die neue Studie koordinierte.
„Außerdem führt das zu erheblichen Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem, da neben der Magenspiegelung auch die teure genetische Analyse nicht notwendig ist.“
Beschwerden bei Zöliakie wechseln oft
Laut Koletzko werde die Zöliakie auch als Chamäleon unter den Krankheiten bezeichnet. Dies deshalb, da die Beschwerden oft wechseln.
„Die Zöliakie gehört zu den Top Ten der übersehenen Krankheiten. Dabei ist sie sehr häufig“, erklärte die Expertin laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa.
Die Forscher hatten in insgesamt 33 Kliniken in 21 Ländern Daten, Labor- und Gewebeproben von über 700 Kindern und Jugendlichen mit Zöliakie-Auto-Antikörpern gesammelt.
Dabei handelt es sich um von Immunzellen gebildete Abwehrstoffe, die sich gegen das eigene Gewebe richten und eine Entzündung im Darm auslösen können.
Sichere Diagnose anhand spezifischer Beschwerden und Bluttests
Im Rahmen der Studie konnte nachgewiesen werden, dass eine sichere Diagnose in vielen Fällen auch anhand spezifischer Beschwerden und Bluttests mit deutlichen Ergebnissen gestellt werden kann.
Wenn die Blutuntersuchungen allerdings weniger eindeutig ausfallen, sei laut Koletzko weiterhin eine Magenspiegelung nötig.
In der Mitteilung des Klinikums rät sie „betroffenen Familien für die Diagnosestellung (mit und ohne Magenspiegelung) einen Kinder-Gastroenterologen oder einen Kinderarzt mit zusätzlichem Fachwissen für Glutenunverträglichkeit aufzusuchen“.
Ob auch bei Kindern ohne offensichtliche Symptome oder bei Erwachsenen eine Zöliakie ohne Biopsie sicher diagnostiziert werden kann, müsse in weiteren Studien abgeklärt werden.
Von glutenfreier Kost für Gesunde wird abgeraten
Obwohl eine glutenfreie Ernährung für Gesunde nicht empfehlenswert ist, meiden manche Menschen das Klebereiweiß, weil sie denken, diese Kost wäre besonders gesund.
„Die Erkrankung Zöliakie darf nicht mit dem Modetrend „Gluten-Sensitivität“ und einer selbstgewählten glutenfreien Diät, die ohne Notwendigkeit nicht als vorteilhaft angesehen werden kann, verwechselt werden“, erläuterte Koletzko in der dpa-Meldung.
In manchen Fällen sei eine glutenfreie Ernährung sogar ungesünder, da wichtige Nährstoffe etwa aus Vollkornprodukten fehlten. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.