Spätere Gefahren: Etwa 80 Prozent der Herzinfarkte werden nicht bemerkt
Die Ergebnisse einer Studien dürften für Unruhe sorgen. Rund 80 Prozent aller Herzinfarkte bleiben durch die Betroffenen unerkannt. Vielfach löst ein Infarkt des Herzens wenige oder keine Schmerzen aus. Ein kurzer Schwindel, ein wenige Herzschmerzen und schon sind die Beschwerden vergessen. Auch viele Ärzte bagatellisieren und erkennen den Herzinfarkt nicht. Allerdings können durch den Infarkt geschädigte Regionen des Herzmuskels zurückbleiben. Dadurch wird das Risiko des plötzlichen Herztodes erhöht.
Großteil der Herzinfarkte bleibt unbemerkt
Der sogenannte stumme Infarkt ist offenbar deutlich häufiger als bislang angenommen. Laut einer neuen US-Studie verlaufen fast 80 Prozent der Herzinfarkte unbemerkt und werden auch durch EKG-Untersuchungen nicht festgestellt, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Wie die Forscher um David Bluemke von den Nationalen Gesundheitsinstituten (NIH) in Bethesda (US-Staat Maryland) schreiben, sei die klinische Bedeutung stummer Herzinfarkte zwar unklar. Es gebe jedoch Hinweise darauf, dass die von ihnen verursachten Vernarbungen zum plötzlichen Herztod beitragen könnten. Die Wissenschaftler veröffentlichten ihre Ergebnisse nun im Fachmagazin „Journal of the American Medical Association“ (Jama). Professor Thomas Meinertz, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung, erklärte, das in den USA gewonnene Ergebnis lasse sich vermutlich auch auf Deutschland übertragen.
Geschädigtes Muskelgewebe erhöht das Risiko für Herzprobleme
Anlässlich des Weltherztages Ende September wurde berichtet, dass vor allem bei Frauen Herzbeschwerden und Herzinfarkt oft nicht erkannt werden. Gesundheitsexperten sind daher stets darum bemüht, darüber aufzuklären, wie Patienten schnell einen Herzinfarkt erkennen können. In einem Interview vor einigen Monaten erklärte Professor Dr. med. Volker Klauss, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie in München: „Die klassischen Erkennungszeichen, wie etwa vernichtende Schmerzen im Brustraum mit Ausstrahlung in die Arme, den Oberbauch, in den Rücken oder in den Hals beziehungsweise Kiefer, verspüren Frauen im Vergleich zu Männern deutlich weniger häufig. Sie haben eher unspezifische Symptome wie starke Kurzatmigkeit, Übelkeit oder Erbrechen.“ Auch über die Folgen sollten Betroffene Bescheid wissen. Bei Überlebenden eines Herzinfarkts wird das geschädigte Muskelgewebe durch Narbengewebe ersetzt, das sich nicht mehr zusammenziehen kann. Das gilt als Risikofaktor für spätere Herzprobleme. In ihrer Studie wollten die Mediziner um Bluemke nun ermitteln, wie viele Herzinfarkte in der US-amerikanischen Bevölkerung unerkannt bleiben.
Vernarbtes Herzgewebe bei EKG-Untersuchungen nicht aufgefallen
Um das herauszufinden, untersuchten sie zu Beginn der Studie 1.840 Personen im Alter von 45 bis 84 Jahren, die keine Herzerkrankung hatten. Zehn Jahre später prüften sie diese dann per kardialer Magnetresonanztomographie (CMR) auf vernarbtes Herzgewebe. Zu dieser Zeit waren die Teilnehmer im Mittel 68 Jahre alt. Wie die Forscher berichten, fanden sie bei 146 Probanden, also knapp acht Prozent, Narbengewebe am Herzmuskel. Lediglich bei 32 davon war zuvor ein Infarkt entdeckt worden. Bei 78 Prozent der Betroffenen war er hingegen unbemerkt geblieben und auch später bei EKG-Untersuchungen nicht aufgefallen. Den Angaben zufolge traten Infarkte bei Männern rund fünfmal häufiger auf als bei Frauen. Außerdem waren Menschen mit Übergewicht und Raucher besonders gefährdet.
Zahlen in Deutschland könnten noch höher sein
„Die klinische Bedeutung unerkannter Vernarbungen des Herzmuskels bleibt abzuwarten“, berichten die Studienautoren. „Aber bei mehr als 70 Prozent der Patienten mit plötzlichem Herztod, aber ohne bekannte Erkrankung der Herzkranzgefäße, wurden bei pathologischen Untersuchungen vorherige Narben am Herzmuskel festgestellt. Wir brauchen weitere Studien, um die klinischen Folgen solcher unentdeckter Narben zu verstehen.“
Der Kardiologe Meinertz zeigte sich über das Resultat nicht überrascht: „Die in dieser Arbeit nachgewiesenen Herzmuskel-Narben sind vermutlich Folge stummer Herzinfarkte. Klinisch ist seit langem bekannt, dass Herzinfarkte praktisch ohne Symptome ablaufen können“, so der Mediziner. „Welche klinische Bedeutung diese Narben haben, ist nicht bekannt. Das kann nur klärt werden, indem die Teilnehmer der Studie langfristig weiter beobachtet werden.“ Professor Heribert Schunkert vom Deutschen Herzzentrum München hob jedoch hervor, die Resultate der sehr akkurat durchgeführten Studie seien in dieser Deutlichkeit schon bemerkenswert. Er äußerte sogar die Vermutung, stumme Herzinfarkte könnten in Deutschland häufiger sein als in den USA, da hierzulande Risikofaktoren wie beispielsweise Bluthochdruck weiter verbreitet seien. (sb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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