Die Form der Herzrhythmusstörungen entscheidet über das Risiko
Experten schätzen, dass etwa 50 Prozent aller Menschen schon einmal ein “Herzstolpern” bei sich bemerkt haben. Diese meist harmlosen Rhythmusstörungen werden in der Fachmedizin auch “Extrasystolen” genannt. Doch wann sind Herzrhythmusstörungen ein Zeichen für eine gefährliche Herzerkrankung? Und wann ist eine Konsultation bei einem Kardiologen sinnvoll? Diese und mehr Fragen werden im Folgenden beantwortet.
Ein regelmäßiger, kräftiger Herzschlag ist die Basis eines gesunden Herzkreislaufsystems. Bei Herzrhythmusstörungen gerät die Frequenz des Herzschlages aus dem Takt und es drohen Beschwerden, die je nach Ausmaß der Herzrhythmusstörungen bis zur Ohnmacht oder schlimmstenfalls sogar dem Tode der Betroffenen reichen können.
Welche Behandlung bei den unterschiedlichen Formen der Herzrhythmusstörungen tatsächlich zu empfehlen ist, warum Kalium und Magnesium für Betroffene so wichtig sind, wie man sich vor der Volkskrankheit Vorhofflimmern schützen kann und viele weitere Fragen werden in dem Ratgeber der Deutschen Herzstiftung ausführlich erörtert. Auch wenn die Betroffenen bei Herzrhythmusstörungen oftmals direkt an das Schlimmste, nämlich einen Herzinfarkt, denken, sind viele Formen heute gut therapierbar und die Patienten werden in ihrem Alltag oftmals kaum eingeschränkt. Zur Beurteilung des Risikos ist allerdings dringend eine fachärztliche Untersuchung beim Kardiologen geboten.
Leichte Abweichungen der Herzfrequenz sind normal
Insbesondere bei leichten Herzrhythmusstörungen zeigen sich häufig keine begleitende Symptome und die Betroffenen sind sich ihrer abweichenden Herzfrequenz nicht bewusst. Der Körper ist jedoch grundsätzlich auf einen regelmäßigen, kräftigen Herzschlag angewiesen. Hierbei liege die normale Herzfrequenz in Ruhe zwischen 60 und 100 Schlägen pro Minute, sagt Professor Thomas Meinertz, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung in Frankfurt am Main. Alle Abweichungen, wie zu langsame, zu schnelle oder auch unregelmäßige Herzschläge werden laut Aussage des Experten als Herzrhythmusstörung bezeichnet. Allerdings seien Unregelmäßigkeiten des Herzschlags, zum Beispiel Zusatzschläge im Rahmen von Herzstolpern, zu einem gewissen Grad normal.
Schlagartige Veränderung der Herzfrequenz bedenklich
Bei krankhaften Herzrhythmusstörungen ist laut Aussage des Experten typischerweise ein schlagartiges Umspringen des Pulses auf eine sehr hohe oder sehr niedrige Herzfrequenz festzustellen. Dies sei meist Folge von Herzkrankheiten wie einer Herzmuskelentzündung oder Einengung der Herzkranzgefäße, zitiert die „dpa“ Professor Meinertz. Als Risikofaktoren für das Auftreten von Herzrhythmusstörungen seien zum Beispiel besonders hohe psychische und körperliche Belastungen, Übergewicht, Magnesium- und Kaliummangel zu nennen. Aber auch Schlafmangel sowie der übermäßige Konsum von Kaffee, Alkohol und Nikotin können laut Aussage des Experten eine Rolle spielen.
Als mögliche Anzeichen für Herzrhythmusstörungen nennt die Deutsche Herzstiftung Symptome wie Atemnot, ein Engegefühl im Brustkorb und Schwindel. Auch fallen manche Betroffene kurzzeitig in Ohnmacht. Allerdings sei das Ausmaß der Beschwerden kein Gradmesser für die Gefährlichkeit der Herzrhythmusstörungen. So könnten auch bedrohliche Herzrhythmusstörungen von den Betroffenen lange Zeit unbeachtet bleiben, erläutert Meinertz.
Häufigste Form der Herzrhythmusstörungen ist laut Angaben der Deutschen Herzstiftung das Vorhofflimmern. In Deutschland seien rund zwei Millionen Menschen davon betroffen. Die Impulsgebung im Herzen ist bei diesem Beschwerdebild gestört. So werden die elektrischen Impulse vom rechten Herzvorhof nicht ordnungsgemäß weitergeleitet, sondern es „kreisen stattdessen andere elektrische Impulse in den Vorhöfen“, sagt Felix Gramley von der Heidelberger Privatklinik für Kardiologie. Dies habe unkoordinierte Erregungen der Vorhofmuskulatur zur Folge. „Dadurch ziehen sich die Vorhöfe nicht mehr regelmäßig zusammen und befördern das Blut nicht mehr aktiv in die Herzkammern“, erläutert Gramley weiter. Das Vorhofflimmern begünstige auch die Bildung von Blutgerinnseln, was für die Betroffenen ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko mit sich bringe.
Behandlung bei Vorhofflimmern
Die Behandlung bei Vorhofflimmern umfasst zur Senkung des Schlaganfall-Risikos auch die Verordnung blutverdünnender Medikamente sowie sogenannter Betablocker. Diese sollen insbesondere Patienten mit geringen Beschwerden dabei helfen, ihren Herzrhythmus zu kontrollieren und zu hohe und zu niedrige Herzfrequenzen vermeiden, zitiert die „dpa“ Felix Gramley. Bei dieser Behandlung bleibe das Vorhofflimmern als solches jedoch bestehen.
Bei ausgeprägten Beschwerden lasse sich allerdings die sogenannte elektrische Kardioversion anwenden, bei der zwei Elektroden auf dem Brustkorb unter kurzer Narkose einen gezielten Stromschlag Richtung Herz abgeben, wodurch das Vorhofflimmern zurückgesetzt werde und der normale Herzrhythmus wieder einsetze, berichtet der Experte. Bringt dies langfristig nicht den gewünschten Erfolg, besteht darüber hinaus die Option einer sogenannten Katheter-Ablation, welche eine Verödung bestimmter Stellen im Herzgewebe, die für das Vorhofflimmern verantwortlich sind, mittels Hochfrequenzstrom oder Kälte vorsieht, berichtet die „dpa“ unter Berufung auf Felix Gramley. Durch die entstehenden Narben werde verhindert, dass die Störimpulse weitergeleitet werden.
Kammerflimmern: Herzkreislaufsystem steht faktisch still
Als gefährliche Herzrhythmusstörung ist das Kammerflimmern zu bewerten, bei dem der Herzmuskel mit über 300 Schlägen pro Minute so schnell pocht, „dass er kaum Blut und Sauerstoff durch den Körper pumpen kann“, erläutert Philipp Sommer vom Herzzentrum Leipzig. Herz und Kreislauf würden in diesem Moment faktisch stillstehen. Ein plötzlicher Wegfall des Puls und Ohnmacht seien die Folgen. „Schon innerhalb von zehn Minuten sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um mehr als 50 Prozent, und das Risiko einer Hirnschädigung steigt aufgrund des Sauerstoffmangels drastisch an“, wird Sommer von der „dpa“ zitiert. In diesem Fall seien die Betroffenen auf sofortige Hilfe angewiesen. Auch Passanten müssten umgehend reagieren, die Atmung prüfen und gegebenenfalls eine Herzdruckmassage beginnen, mahnt der Experte. Diese helfe den Blutfluss ein wenig aufrecht zu erhalten.
Das Kammerflimmern kann am Ende jedoch nur durch einen Defibrillator unterbrochen werden. Dessen Stromstoß bringe das Herz kurz zum Stillstand, „damit es anschließend wieder seinen normalen Rhythmus findet“, so Sommer. Automatisierte Externe Defibrillatoren (AED) finden sich heutzutage in vielen öffentlichen Einrichtungen und können in einem solchen Fall Leben retten. Sie sind auch von Laien problemlos anwendbar.
Zeigen die Erste Hilfe Maßnahmen Erfolg und die Patienten überleben das akute Kammerflimmern bedarf es laut Angaben der Deutschen Herzstiftung im Anschluss einer Folgebehandlung, bei der Betroffenen meist ein kleiner Defibrillator implantiert wird. Dieser analysiere automatisch jeden Herzschlag und bei erneutem Kammerflimmern werden innerhalb weniger Sekunden Elektroschocks abgeben. „Wenn die Patienten wach sind, empfinden sie das zwar als schmerzhaft, es rettet aber ihr Leben“, betonte Philipp Sommer. (fp)
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