Schreie aus dem Kühlraum: Totgeglaubte wacht beim Bestatter auf
25.03.2015
Eine vermeintlich tote Frau ist bei einem Bestatter in Gelsenkirchen wieder aufgewacht. Angestellte hatten plötzlich Schreie aus dem Kühlraum gehört. Die pflegebedürftige 92-Jährige wurde in ein Krankenhaus gebracht. Ein Arzt hatte die alte Dame im Seniorenheim für tot erklärt.
Schreie aus dem Kühlraum
Nachdem die Mitarbeiter eines Bestattungsunternehmens den Körper einer alten Frau in den Kühlraum gebracht, die schwere Tür verschlossen und einige Dokumente ausgefüllt hatten, wollten sie Feierabend machen. Doch plötzlich hört einer der Angestellten ein Schreien aus dem Inneren des Kühlraums, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Zunächst will ihm sein Kollege nicht glauben, doch als sie die Tür öffnen, machen sie eine schockierende Entdeckung: Die totgeglaubte 92-Jährige liegt schreiend und mit offenen Augen im geöffneten Leichensack auf der Liege.
Arzt hatte Totenschein ausgestellt
Der Geschäftsführer des Bestattungsunternehmens Bergermann in Gelsenkirchen, Stefan Menge, ist noch immer fassungslos, als er erzählt, was am Samstagabend geschah. „Gegen 19 Uhr rief das Seniorenzentrum an. Eine Bewohnerin sei verstorben“, erläuterte Menge. Daraufhin sind zwei Mitarbeiter eine Stunde später vor Ort, um die 92-Jährige abzuholen. „Der Arzt hatte den Totenschein ausgestellt und als Todeszeitpunkt 16.30 Uhr angegeben.“ Zuvor hatte eine Pflegerin die Seniorin offenbar ohne Atmung in ihrem Bett gefunden, erklärte ein Polizeisprecher am Montag. „Die Frau war schwer pflegebedürftig und man hatte mit ihrem Tod gerechnet.“
Totgeglaubte „konnte auf Fragen des Notarztes reagieren“
Die beiden Angestellten des Bestattungsunternehmens hollten die scheinbar Tote ab, nachdem die Angehörigen sich von der 92-Jährigen verabschiedet hatten. „Der Schock bei meinen Mitarbeitern sitzt tief“, so Stefan Menge. Als sie feststellten, dass die alte Dame noch lebt, riefen sie einen Notarzt und die Polizei. „Die Frau war ansprechbar und konnte auf Fragen des Notarztes reagieren“, erklärte Stefan Menge. Es waren bereits viereinhalb Stunden seit dem vermeintlichen Todeszeitpunkt vergangen. Die Seniorin wurde in eine Klinik gebracht. „In einigen Tagen kann sie zurück ins Seniorenheim“, teilte der Bestatter mit. Er war es auch, der die Angehörigen darüber informierte, dass die Frau doch nicht tot ist: „Sie konnten das gar nicht glauben.“
Die Kriminalpolizei ermittelt
Auch Stefan Menge kann sich nicht erklären, wie es zu einem solchen Fehler kommen konnte. „Es gibt klare Vorgaben, nach denen ein Arzt eine Todesdiagnose zu stellen hat. Das Aussetzen von Puls und Atmung allein reicht dafür nicht“, erklärte der Bestatter. Wie es heißt, exisitiert das Bestattungsunternehmen seit 1873 – „aber so etwas ist noch nie vorgekommen. Und ich kenne auch keinen ähnlichen Fall“, so der Geschäftsführer. Den Angaben zufolge ermittelt nun die Kriminalpolizei, ob es ein Versäumnis beim Feststellen des Todes gegeben hat. „Ich bin einfach nur froh, dass meine Angestellten noch da waren, als die Frau aufgewacht ist“, so Stefan Menge.
Todesdiagnosen gemäß deutscher Richtlinien
In den vergangenen Jahren haben Experten hierzulande insbesondere im Zusammenhang mit Organspenden verstärkt über Todesdiagnosen diskutiert. So hatte die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) letztes Jahr berichtet, dass Hirntod-Diagnosen in deutschen Kliniken nicht immer gemäß der Richtlinien gestellt werden. Zu diesen Richtlinien in Deutschland gehöre unter anderem, dass zwei qualifizierte Ärzte unabhängig voneinander die Diagnose stellen und dabei übereinstimmen müssen. Außerdem müssten alle Umstände ausgeschlossen werden, die das Gehirn nur betäuben wie Medikamente, Koma, eine zu niedrige Körpertemperatur oder Vergiftung. Der Zeitung zufolge wurden jedoch auch Hirntod-Diagnosen gestellt, obwohl beispielsweise der Patient kurz zuvor mit starken Schmerzmitteln betäubt wurde. (ad)
>Bild: Lisa / pixelio.de
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