Bedenkliche Ausbreitung des Vogelgrippe-Erregers H7N9 in China
12.03.2015
Die massive Ausbreitung des Vogelgrippe-Virus H7N9 in China bereitet Medizinern weltweit zunehmend Sorgen. „Niemand weiß, ob die H7N9-Vogelgrippe, die mehr als 560 Menschen in China infiziert und 204 getötet hat, sich noch weiterentwickeln und damit leichter unter den Menschen verbreiten könnte“, berichtet das Fachmagazin „Nature“.
Ein internationales Forscherteam um Yi Guan und Huachen Zhu vom Third People’s Hospital in Shenzhen kam im Rahmen der bislang größten Untersuchung der H7N9-Ausbreitung in China nun zu dem Ergebnis, dass das Virus in der Geflügelpopulation Chinas umfassend verbreitet ist und ein hohes Risiko erneuter Übersprünge auf Menschen besteht. Die Forscher warnen, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis sich das Virus durch Geflügelbewegung im Zuge des grenzüberschreitenden Handels über China hinaus ausbreite, wie dies zuvor bereits mit den Influenzaviren H5N1 und H9N2 geschehen sei. Die Experten sehen zudem bei dem H7N9-Virus ein hohes Risiko der Entwicklung von Mutationen, welche eine leichtere Übertragung zwischen Menschen ermöglichen würden und damit zu einer Pandemie führen könnten.
Erster Ausbruch im Jahr 2013
Nachdem H7N9 erstmals in und um Shanghai Ende März 2013 festgestellt wurde, konnte dieser Ausbruch relativ schnell unter Kontrolle gebracht werden. Doch im folgenden Winter verbreitet sich das Virus im Süden Chinas erneut und verursachte eine zweite große Infektionswelle bei Menschen. Auch diese ebbte im Sommer 2014 zunächst wieder ab, bis Ende letzten Jahres der nächste große Ausbruch folgte, der seither immer noch im Gange ist. Das internationale Forscherteam um Yi Guan hat die Ausbreitung des H7N9-Virus von Oktober 2013 bis Juli 2014, verfolgt, indem sie Abstriche aus dem Rachenraum von lebenden Tieren auf Geflügelmärkten in 15 chinesischen Städten nahmen und eine genomische Untersuchung durchführten. In Proben aus sieben Städten beziehungsweise in drei Prozent der insgesamt genommenen Proben konnten sie die Erreger nachweisen.
Geflügelhandel fördert die Verbreitung von H7N9
Die Forscher berichten, das H7N9-Viren sich offenbar entlang der Handelsrouten verbreitet haben und bei Hühnern, aber nicht bei Enten festzustellen waren. „Wiederholte Einführungen von Viren aus Zhejiang in andere Provinzen und das Vorhandensein von H7N9-Viren auf Geflügelmärkten haben das Wiederauftreten von Infektionen beim Menschen angeheizt“, berichten Guan und Kollegen. Die rasche Expansion der geographischen Verteilung und der genetischen Vielfalt der H7N9-Viren sei „eine direkte Herausforderung der aktuellen Krankheitskontrollsysteme.“ Die genomischen Analysen hätten zudem ergeben, dass eine Vielzahl genetischer Varianten des Virus kursieren und dass der zweite größere Ausbruch maßgeblich durch mehrere Erreger ausgelöst wurde, die von einem Erreger der ersten Infektionswelle abstammten.
Pandemie-Risiko schwer abzuschätzen
Die genetische Überwachung der H7N9-Ausbreitung ist laut Aussage der Forscher wichtig, um Mutationen frühzeitig zu erkennen und Grippe-Stämme zu identifizieren, die sich verstärkt bei Säugetieren verbreiten. Denn sie bergen auch für Menschen mitunter ein erhöhtes Risiko. Dies ist bei dem H7N9-Virus gegeben und vielfach wurde bereits über das Pandemie-Potenzial des Erregers diskutiert. Die nun festgestellte Ausbreitung und Vielfalt der H7N9-Viren innerhalb Chinas ist jedoch nicht automatisch mit einem erhöhten Pandemie-Risiko verbunden. Es sei „praktisch unmöglich“ festzustellen, ob diese erhöhte Vielfalt die Gefahr der Entwicklung eines Pandemie-Virus erhöht, so Guan. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Thorsten Wolff vom Berliner Robert-Koch-Institut (RKI) gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. So seien die Studienergebnisse kein akuter Grund zur Sorge, denn erst wenn sich die Erreger unter Menschen verbreiten drohe eine Pandemie. Hierfür gebe „es derzeit keine Hinweise, Gott sei Dank“, zitiert die „dpa“ den Experten. (fp)
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