Großer Andrang im Schlaflabor
05.04.2015
Rund jeder vierte erwachsene Bundesbürger leidet an Schlafstörungen. Längerfristig kann Schlafentzug zu schweren gesundheitlichen Problemen führen. Mittlerweile suchen immer mehr Betroffene Schlaflabore auf. Die Wartezeiten sind lang.
„Zunahme der Wartezeiten in den Schlaflaboren“
Wirklich gemütlich ist es im Schlaflabor mit dem schmalen Bett und den vielen Kabeln und medizinischen Geräten im Zimmer nicht. Trotzdem sind die 18 Betten im Schlafmedizinischen Zentrum in Nürnberg immer belegt, wie Oberärztin Dora Triché gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sagte. In den vergangenen zehn Jahren habe die Zahl der Patienten „sehr deutlich zugenommen“. Und auch Thomas Penzel, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), erklärte: „Wir sehen eine Zunahme der Wartezeiten in den Schlaflaboren.“ Bundesweit gibt es derzeit 280 akkreditierte Schlaflabore und schlafmedizinische Zentren. In diesen stehen durchschnittlich 3,5 „polysomnographische Messplätze“, also Betten mit Überwachung, zur Verfügung. Zwar nähmen Schlafstörungen in Deutschland nicht zu, doch die Aufmerksamkeit für diese Probleme steige, erläuterte Penzel.
Vielfältige Ursachen für Schlafprobleme
Dem Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin zufolge gehören Schlafstörungen zu den häufigsten Gesundheitsbeschwerden in der Bevölkerung. Etwa ein Viertel der Erwachsenen leide laut Umfragen daran. Über zehn Prozent der Befragten gaben an, ihren Schlaf oft oder dauerhaft als nicht erholsam zu erleben. Bislang sind 50 Schlafstörungen definiert. Schlafentzug richtet zwar kurzfristig keine Schäden an, beeinträchtigt aber Funktionen im Gehirn, so dass Konzentration, Denk- und Merkleistung nachlassen. Die Ursachen für Schlafprobleme reichen von dauerhaftem Stress über große Hitze im Schlafzimmer, zu viel Alkohol oder Nikotin, starkem Übergewicht (Adipositas) bis zu körperlichen und psychischen Krankheiten. Schätzungen der DGSM zufolge ist etwa bei einem Prozent der Bevölkerung eine Untersuchung im Schlaflabor nötig.
Erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko
Der Großteil der Patienten von Dora Triché leidet unter obstruktiver Schlafapnoe. Während der Nacht haben sie immer wieder Atemstillstände (Apnoen). Auf einem Computerbildschirm sieht die Expertin eine blaue Linie, die die Atmung eines Patienten wiedergibt. Dabei sind kleine Ausschläge für jeden Atemzug und dann ein durchgehender Strich zu sehen. „Hier hat der Patient 43 Sekunden lang nicht geatmet“, erklärte Triché bei einem Fall. Dieser Mann hat fast jede Minute einen Atemaussetzer, wacht danach jedes Mal kurz auf, und sein Blutdruck sowie die Herzfrequenz steigen. „Das ist jedes Mal ein Mordsstress für den Körper“, so Triché. Dadurch erhöhe sich über viele Jahre das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Der typische Patient ist männlich und übergewichtig
Der Kölner Schlafexperte Alfred Wiater erklärte, dass solche schlafbezogenen Atmungsstörungen erhebliche negative Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, die Lebenserwartung und das Leistungsvermögen hätten. Dies deshalb, weil die Muskeln, die den Rachen offen halten, in der Nacht weniger aktiv sind, weshalb sich der Rachen schließt und weniger Luft hinein strömt. Veranlagung kann dabei eine Rolle spielen, aber auch die mit dem Alter nachlassende Muskelkraft oder starkes Übergewicht, bei dem sich auch im Rachen Gewebe anreichert und die Atmung erschwert. „Schnarchen ist daher ein sehr häufiges Symptom. Nicht jeder Schnarcher leidet unter obstruktiver Schlafapnoe, aber fast jeder der Patienten schnarcht“, erklärte Triché. Zwar sei der typische Patient männlich und übergewichtig, doch auch Frauen und Normalgewichtige seien betroffen. Eine spezielle Maske über der Nase, die Raumluft mit leichtem Überdruck in die Atemwege leitet, kann vielen helfen. Die Ärztin erklärte aber: „Die Maske heilt nicht. Man muss sie lebenslang tragen wie eine Brille.“
Menschen in Industrienationen schlafen immer weniger
Auch ohne solche schweren Atmungsstörungen fühlen sich viele Menschen am Morgen schlapp und unausgeschlafen. Menschen in Industrienationen schlafen laut manchen Forschern immer weniger. Unklar ist, ob dies am Stress im Job, an Schichtarbeit oder an der steigenden Reizüberflutung liegt. „Mehr und mehr wird auf Effizienz und Optimierung unserer Zeit Wert gelegt. Und jetzt ist eben der Schlaf dran“, meinte Penzel von der Berliner Charité. „In unserer Informationsgesellschaft schlafen wir ein bis eineinhalb Stunden kürzer als noch in den 1960er Jahren“, erläuterte Geert Mayer, Schlafmediziner im hessischen Schwalmstadt. Sieben bis acht Stunden Schlaf braucht ein Erwachsener im Schnitt. „Sechs Stunden Schlaf kann ausreichen, wenn man morgens fit und ausgeruht ist“, so Triché. Auch wenn der Schlafbedarf mit zunehmendem Alter tendenziell abnimmt, klagen gerade viele ältere Menschen über schlechten oder zu wenig Schlaf.
Auf die richtige Schlafhygiene achten
Das Klinikum Nürnberg bietet für sie und auch andere Gruppen wie etwa Schichtarbeiter Schulungen an. Die Ärztin Kneginja Richter, die sagte, Schlafen kann man lernen, bringt den Teilnehmern in ihren Kursen bei, auf die richtige Schlafhygiene zu achten – also zum Beispiel einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus einzuhalten oder im Bett nicht zu lesen oder fernzusehen. In einem Ratgeber hat die DGSM noch mehr Tipps: So sollte die Aufnahme von Stimulanzien wie Koffein, Alkohol oder Nikotin reduziert beziehungsweise gemieden werden. Da Stress ein häufiger Grund für Schlafprobleme ist, können mitunter Entspannungsübungen zum Stressabbau hilfreich sein. Dafür bieten sich beispielsweise Meditation oder Biofeedback an. Patienten mit Schlafproblemen sollten grundsätzlich ein Nickerchen im Tagesverlauf meiden, da dies in der Regel zusätzliche Beeinträchtigungen des Nachtschlafs mit sich bringt. Und falls möglich, sollten die Betroffenen täglich zu den gleichen Zeiten Aufstehen und ins Bett gehen. (ad)
Bild: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de
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