Wann ist es erlaubt, die ärztliche Verschwiegenheitspflicht zu brechen?
02.04.2015
Müssen Ärzte in bestimmten Fällen ihre Schweigepflicht brechen? Diese Frage wird hitzig diskutiert, seit dem bekannt wurde, dass der Co-Pilot des Germanwings-Flugs 4U9525 offenbar aufgrund seelischer Probleme behandelt worden war. Denn wie die Staatsanwaltschaft Düsseldorf aktuell mitteilt, hätten bei Andreas L. „[…] bis zuletzt [.] weitere Besuche bei Fachärzten für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie mit entsprechenden Krankschreibungen stattgefunden“, wobei allerdings keine Suizidalität oder Fremdaggressivität attestiert worden war, so die Mitteilung des Oberstaatsanwalts Ralf Herrenbrück weiter.
Schweigepflicht besteht auch nach dem Tod des Patienten weiter
Wer zu einem Arzt in die Behandlung geht, kann sich in der Regel darauf verlassen, dass keinerlei private Informationen an die Außenwelt gelangen. Denn Mediziner unterliegen normalerweise nach §203 Strafgesetzbuch (StGB) der Schweigepflicht, durch die sie verpflichtet sind, über alle Vorgänge in der Praxis Stillschweigen zu bewahren. Wird dies nicht eingehalten und „ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis" eines Patienten preisgeben, kann dies sogar mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden. Die Schweigepflicht besteht auch nach dem Tod des Patienten weiter und schließt neben allem Gesprochenen auch schriftliche Mitteilungen des Patienten, Aufzeichnungen über Patienten, Röntgenaufnahmen sowie sonstige Untersuchungsbefunde einschließt, so die Information der Bundesärztekammer.
Entbindung der Schweigepflicht muss auf der freien Entscheidung des Patienten beruhenWird ein Arzt jedoch von der Schweigepflicht entbunden, darf er durchaus Auskunft geben. Hierzu bedarf es allerdings einer vorherigen Erklärung des Patienten, die auf der freien Entscheidung beruhen und unerlässlich sein muss, was z.B. der Fall ist, wenn ein anderer Arzt Befunde für eine Behandlung oder ein Labor Daten für Untersuchungen benötigt. Doch dies ist nicht der einzige Ausnahmefall: Denn neben dem darf ein Mediziner auch Informationen an Dritte weitergeben, wenn nach § 34 StGB (Rechtfertigender Notstand) „die Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes vor schweren Schäden erforderlich ist“, indem beispielsweise ein Patient seinem Arzt gegenüber konkrete Absichten für eine schwere Straftat äußert, schreibt die Bundesärztekammer weiter. Auch könne der Bruch der Schweigepflicht gerechtfertigt sein, wenn z.B. Angehörige vor einer von dem Patienten ausgehenden Ansteckungsgefahr mit einer schweren Infektionskrankheit gewarnt oder Behörden informiert werden müssten, dass ein Patient aufgrund seiner Alkoholsucht nicht mehr Auto fahren dürfe.
Die ärztliche Schweigepflicht ist ein „hohes Gut“
Hätten demnach die behandelnden Ärzte des 27-Jährigen Copiloten Andreas L. möglicherweise auch vertrauliche Daten über den psychischen Gesundheitszustand ihres Patienten an den Arbeitgeber oder die Aufsichtsbehörden weitergeben müssen? Eine schwierige Frage, die derzeit kontrovers und hochemotional diskutiert wird – laut dem Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Der. Frank Ulrich Montgomery, allerdings behutsam betrachtet werden sollte: „Die bislang bekannt gewordenen Hintergründe des schrecklichen Flugzeugabsturzes vom vergangenen Dienstag dürfen nicht zu vorschnellen politischen und rechtlichen Entscheidungen verleiten. Die ärztliche Schweigepflicht ist ebenso wie das verfassungsrechtlich geschützte Patientengeheimnis ein hohes Gut und für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ein Menschenrecht.“ (nr)
>Bild: Jorma Bork / pixelio.de
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